Demonstration für Geisel-Deal – 22 Tote bei israelischen Angriffen in Rafah

Tausende Israelis demonstrierten erneut für ein Abkommen zur Freilassung der Verschleppten im Gaza-Streifen. Auch gegen Netanjahus Regierung formte sich erneut Protest. Bei israelischen Angriffen auf Stadt Rafah sind nach Krankenhausangaben 22 Menschen getötet worden, darunter 14 Kinder.

Tausende Menschen haben in Israel erneut für ein Abkommen zur Freilassung der noch immer im Gaza-Streifen festgehaltenen Geiseln sowie gegen die Regierung protestiert.

Bei einer Massenkundgebung am Samstagabend in Tel Aviv forderten die Menschen lautstark die sofortige Freilassung aller aus Israel in das palästinensische Küstengebiet verschleppten Menschen sowie Neuwahlen. Angehörige der Entführten werfen der israelischen Regierung vor, kein ernsthaftes Interesse daran zu haben, ein Abkommen mit der islamistischen Hamas zu erzielen.

Israel und die Hamas verhandeln seit Monaten indirekt über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln, die bei dem Hamas-Massaker am 7. Oktober in den Gaza-Streifen entführt wurden. Ein Durchbruch ist derzeit nicht in Sicht.

Israelischen Medien zufolge protestierten in den Küstenstädten Tel Aviv und Haifa am Freitagabend jeweils Tausende, in der Stadt Beerscheva Hunderte. Mehr als tausend Menschen versammelten sich Berichten zufolge zudem in Caesarea nahe einer Privatvilla des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Auch in anderen israelischen Städten gab es Kundgebungen.

Israel war bis vor wenigen Wochen davon ausgegangen, dass knapp 100 der rund 130 verbliebenen Geiseln noch am Leben sind. Inzwischen wird aber befürchtet, dass deutlich mehr von ihnen tot sein könnten.

Rechtsextremismus-Verdacht gegen israelisches Bataillon

Außerdem gibt es seitens der USA Pläne, ein umstrittenes Bataillon der israelischen Streitkräfte zu sanktionieren. Die Sanktionen würden die Mitglieder des Bataillons von militärischer Unterstützung oder Ausbildung durch die USA ausschließen, berichtete das Nachrichtenportal „Axios“ unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Es werde erwartet, dass US-Außenminister Antony Blinken in den nächsten Tagen Sanktionen gegen ein Bataillon der israelischen Streitkräfte wegen Menschenrechtsverletzungen im Westjordanland ankündigen werde. Es wäre das erste Mal, dass die USA Sanktionen gegen eine israelische Militäreinheit verhängen.

Ein US-Beamter sagte, Blinkens Entscheidung bezüglich der sogenannten Netzah Yehuda-Einheit basiere auf Vorfällen, die sich vor dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober im Westjordanland ereignet hätten. Das Bataillon wurde laut „Times of Israel“ mit Rechtsextremismus und Gewalt gegen Palästinenser in Verbindung gebracht. Israel zog die Einheit demnach im Dezember 2022 aus dem Westjordanland ab und setzte sie seitdem hauptsächlich im Norden des Landes ein.

Netanjahu nennt Sanktions-Pläne den „Gipfel der Absurdität“

Die israelische Regierung reagierte empört auf die Sanktions-Berichte aus den USA. Ministerpräsident Netanjahu schrieb in der Nacht auf Sonntag auf der Plattform X: „Gegen die israelische Armee dürfen keine Sanktionen verhängt werden!“

Seine Regierung werde mit allen Mitteln gegen diese Maßnahmen vorgehen. Benny Gantz, Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, sagte, die Verhängung von Sanktionen gegen die Einheit sei ein gefährlicher Präzedenzfall und sende in Zeiten des Krieges die falsche Botschaft „an unsere gemeinsamen Feinde“.

Netanjahu schrieb auf X, in den vergangenen Wochen habe er sich gegen die Verhängung von Sanktionen gegen israelische Bürger eingesetzt, auch in seinen Gesprächen mit hohen amerikanischen Regierungsvertretern. „In einer Zeit, in der unsere Soldaten die Monster des Terrors bekämpfen, ist die Absicht, eine Einheit der IDF (d. Red. Israel Defense Forces) mit Sanktionen zu belegen, der Gipfel der Absurdität und ein moralischer Tiefpunkt.“

Mehrere Tote und Verletzte im Westjordanland

Die israelische Armee und Grenzpolizisten haben bei einem größeren Militäreinsatz im Westjordanland eigenen Angaben nach mindestens zehn Bewaffnete getötet. Bei Gefechten in dem Flüchtlingslager Nur Schams in Tulkarem seien auch acht israelische Soldaten und ein Mitglied der verdeckt operierenden Jamas-Sondereinheit der Grenzpolizei Magaw verletzt worden, teilte ein Armeesprecher am Samstag weiter mit. Die Einsatzkräfte seien beschossen und mit Sprengsätzen angegriffen worden.

demonstration für geisel-deal – 22 tote bei israelischen angriffen in rafah

Westjordanland: israelische Fahrzeuge bei einer Razzia im palästinensischen Flüchtlingslager Nour Shams, nahe der Stadt Tulkarm dpa/Ayman Nobani

Das Gesundheitsministerium im Westjordanland meldete 14 Tote bei dem zweitägigen Militäreinsatz, darunter ein 16 Jahre alter Jugendlicher. Allerdings gebe es kaum Informationen aus der abgeriegelten Stadt, in der auch das Internet abgestellt sei, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa am Samstag. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Krankenhausangaben: 22 Tote bei israelischen Angriffen in Rafah

Bei israelischen Angriffen auf die Stadt Rafah im Gaza-Streifen sind nach örtlichen Krankenhausangaben 22 Menschen getötet worden, darunter 18 Kinder. Beim ersten Angriff in der Nacht zum Sonntag seien ein Mann, seine Frau und deren dreijähriges Kind ums Leben gekommen, teilte das Kuwaitische Krankenhaus mit, in dem die Leichen eingeliefert wurden. Die Frau sei schwanger gewesen, das Baby sei von Ärzten gerettet worden. Bei einem weiteren Angriff sollen 17 Kinder und zwei Frauen getötet worden sein, die laut Krankenhausangaben alle zu einer Familie gehörten.

Israel führt im Krieg gegen die Hamas fast täglich Luftangriffe auf Rafah aus. Mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner des Gaza-Streifens ist auf der Flucht vor Kämpfen an anderen Orten in dem Gebiet in die Stadt gekommen. Israel hat angekündigt, seine Bodenoffensive nach Rafah auszuweiten, auch wenn das Land von den USA und anderen aufgefordert worden ist, sich zurückzuhalten.

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