Frankreich und Italien setzen ihre Bonität aufs Spiel

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Verschlissene Europafahne

Frankreich und Italien setzen ihre Bonität aufs Spiel

Frankreich und Italien setzen ihre Bonität aufs Spiel

Eurostat: Portugal und Griechenland machen große Fortschritte beim Schuldenabbau – Druck auf die Staatsfinanzen aber bleibt hoch

lz Frankfurt

Während die Haushaltsdefizite und die Staatsverschuldung im Durchschnitt des Euroraums zuletzt tendenziell gesunken sind, verschärft sich die Lage in einigen Ländern immer weiter, wie neue Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat zeigen. So ist das italienische Staatsdefizit im vergangenen Jahr größer ausgefallen als bislang angenommen und lag bei 7,4% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) – weit weg vom Euro-Defizitziel von 3% des BIP. Bislang hatte man in Rom ein Minus von 7,2% adressiert. 2022 lag es sogar bei 8,6%.

Ein Grund für den dramatischen Ausgabenzuwachs in Italien ist der sogenannte Superbonus. Damit werden Bürgern klimafreundliche Investitionen erstattet, zum Beispiel in klimafreundliche Heizungen. Und das dürfte auch im laufenden Jahr Wirkung zeigen: Die Regierung in Rom rechnet für 2024 mit einer Neuverschuldung von 4,3%. Der Schuldenstand dürfte sich angesichts dessen kaum verringern. Er lag Ende 2023 bei 137,3% der Wirtschaftsleistung, ebenfalls weit weg vom Euro-Schuldenziel in Höhe von 60%.

Problemfall Paris

Auch Paris kommt mit der Haushaltskonsolidierung nicht voran. In Frankreich lag die Defizitquote vergangenes Jahr mit 5,5% ebenfalls deutlich über den zulässigen Werten. Bei großen Investoren läuten deshalb schon die Alarmglocken, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. So wollten einige Geldgeber künftig ihre Finger von französischen Staatsanleihen lassen. „Wir haben französische Anleihen stark untergewichtet“, sagte David Zahn von der Investmentgesellschaft Franklin Templeton. „Es ist wirklich die fiskalische Situation, die uns Sorgen macht.”

Wie die Wirtschaftsauskunftei Creditrefom mitteilt, wackelt inzwischen das Rating für Frankreich. Der Ausblick für seine Bonität wurde auf „negativ“ gesetzt. Die Analysten sprechen von „erheblichen fiskalischen Risiken“. So falle nach wiederholten Verfehlungen der selbstgesteckten Haushaltsziele das Defizit 2023 höher aus als geplant. Und für die folgenden Jahre sei der erwartete Fehlbetrag nach oben korrigiert worden.

Damit, so Creditreform, erscheine kurzfristig sogar ein weiterer Anstieg der ohnehin eher hohen Staatsschuldenquote wahrscheinlich, merkt die Ratingagentur an. Bemühungen um die Konsolidierung des Staatshaushalts seien zwar im Gange. Aber inwiefern Frankreichs Selbstverpflichtung auch tatsächlich zu stärkerer Ausgabenkontrolle führe, bleibe im Fokus von Creditreform Rating.

Ex-Defizitsünder als Vorbild

Demgegenüber zeigten sich die ehemaligen Schuldensünder im vergangenen Jahr von ihrer besten Seite: Portugal hat seinen Schuldenstand innerhalb eines Jahres um über 13% des BIP mindern können, im Falle Griechenlands waren es immerhin knapp 11% des BIP. Trotz dieser Leistung liegt Griechenland mit einer Schuldenquote von 161,9% weiterhin mit Abstand auf dem letzten Platz, Portugal rückt aber mit 99,1% immer näher an den Euroschnitt von 88,6% heran.

Am Freitagabend hatte die Ratingagentur S&P den Bonitätsausblick für Griechenland auf „positiv“ von zuvor „stabil“ hochgestuft. Damit kann das südeuropäische Land auf eine Höherstufung in der näheren Zukunft hoffen. Das Wirtschaftswachstum in Griechenland sei besser als das in der Eurozone im Durchschnitt ausgefallen, teilte die US-Agentur mit. Dieser Trend dürfte mittelfristig anhalten. Auch die Staatsverschuldung sollte abnehmen. Die Bewertung des Landes wurde mit „BBB-“ bestätigt. Die Agentur bescheinigt Griechenland damit eine befriedigende Bonität mit einer angemessenen Deckung von Zins und Tilgung, aber auch spekulativen Charakteristika. Erst im Oktober hatte S&P Griechenland wieder das Prädikat „Investment Grade“ verliehen.

Demgegenüber entfernen sich Italien und Frankreich immer weiter vom Euro-Durchschnitt. Ihre Verschuldungsquote liegt bei 137,3 und 110,6% und wird sich auch mit den weiterhin hohen Defiziten (7,4% und 5,5%) kaum verringern.

Deutsche Wachstumsschwäche

Mit Blick auf die deutsche Bonität ist die Gefahr einer Herabstufung zwar gering, doch die Äußerungen der Ratingagenturen werden drängender. Scope etwa verweist auf das zähe Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr. Die Entwicklung verlaufe in Deutschland schlechter als in anderen europäischen Ländern wie Großbritannien (+2,3%). Angesichts noch niedriger Defizit- und Schuldenquoten hält die Agentur eine Reform der Schuldenbremse für unabdinglich für mehr Investitionen wegen der großen Herausforderungen wie Klimawende, Fachkräftemangel, Demografie und Verteidigung. Und wegen der erst später sichtbar werdenden impliziten Verschuldung aufgrund sozialer Zukunftsversprechen seien weitere Strukturreformen unabdinglich.

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Die Schuldendynamik nimmt wieder Fahrt auf

Leitartikel: Deutschlands Schuldendilemma

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