Eklat beim Halbmarathon in Peking: Ein Sieger, der ins Ziel getragen werden muss

Der Chinese He Jie ist in seiner Heimat ein Volksheld. Sein Lauf beim Pekinger Halbmarathon endet in höchstem Grade würdelos. Der Aufschrei in der Leichtathletikszene ist groß.

eklat beim halbmarathon in peking: ein sieger, der ins ziel getragen werden muss

Bei He Jie (rotes Trikot) musste etwas nachgeholfen werden.

Es gibt den Schrittmacher in der Medizin. Er sorgt für eine stabile Herzfrequenz und verlängert dementsprechend Leben. Dann ist da der Schrittmacher im Sport, auch Pacemaker genannt. Dieser wiederum sorgt für eine stabile Geschwindigkeit und hilft entscheidend, Bestzeiten zu verkürzen.

Das Ernüchternde an dem Job des Pacemakers ist: Er ist klar für die Nebenrolle vorgesehen; der Schrittmacher soll lediglich dem Schnellsten bis kurz vor dem Ziel helfen, noch schneller zu sein.

Doch der Arbeitsauftrag hat seine Tücken. Vor allem dann, wenn der oder die Pacemaker schneller sind als diejenigen, die für die Hauptrolle vorgesehen waren. So geschehen am vergangenen Wochenende beim Halbmarathon in der chinesischen Hauptstadt Peking.

He Jie, in China ein nationaler Held

Die Hauptrolle gebührte einem nationalen Helden, He Jie. Der 25-Jährige ist eine große Nummer in China. Er siegte im vergangenen Jahr bei den Asienspielen, zudem ist er mit 2:06,57 Stunden der nationale Rekordhalter auf der Marathondistanz.

Die Organisatoren des Pekinger Halbmarathons waren tunlichst darauf bedacht, dass der Held auch bei dem Rennen in der chinesischen Hauptstadt in einer ordentlichen Zeit als Erster die Ziellinie überschreitet. Sie engagierten daher drei Schrittmacher allein für ihn – mit Erfolg. He Jie gewann den Lauf in 63:44 Minuten.

Das Problem dabei: Er lief bis kurz vor dem Ziel japsend seinen drei Schrittmachern hinterher, diese verringerten plötzlich die Geschwindigkeit und signalisierten ihm mehrfach, dass er sie überholen solle.

Ich war nicht hier, um normal am Wettkampf teilzunehmen.

Willy Mnangat, Läufer aus Kenia

Die Empörung in der Läuferszene ist groß. Es war offensichtlich: Den Halbmarathon in Peking hat nicht der schnellste Läufer gewonnen, sondern derjenige, der offenbar von den Veranstaltern zum Sieger auserkoren war – bevor der Startschuss fiel.

Die Aufregung gar nicht verstehen konnte Willy Mnangat, einer der Pacemaker. Unmittelbar nach dem Zieleinlauf hatte der Kenianer chinesischen Medien gesagt, dass er He habe gewinnen lassen, „weil er mein Freund ist“. Die beiden kennen sich aus Trainingslagern in Kenia. Als der vermeintliche Betrug immer höhere Wellen schlug, reagierte Mnangat mit Unverständnis. „Ich war nicht hier, um normal am Wettkampf teilzunehmen“, sagte er der britischen BBC. Sein Job sei es gewesen, seinen Kumpel He zu unterstützen.

Tatsächlich aber waren Mnangat wie auch die beiden anderen Pacemaker – Robert Keter aus Kenia und der Äthiopier Dejene Hailu – offiziell nicht als solche ins Rennen gegangen. „Ich weiß nicht, warum ich auf meinem Trikot nicht als Pacemaker gelabelt war“, sagte Mnangat.

Die Szene war an Absurdität kaum zu überbieten.

Philipp Pflieger, ehemaliger deutscher Top-Läufer

„Die Szene war an Absurdität kaum zu überbieten“, sagt der frühere deutsche Top-Läufer Philipp Pflieger dem Tagesspiegel. „Die Schrittmacher mussten He Jie fast schon zur Ziellinie tragen.“

Pfllieger kann den Aufschrei verstehen. Er gibt aber auch zu bedenken, „dass bei offiziellen Schrittmachern schon das Honorar gekürzt werden kann, wenn sie ein Rennen gewinnen.“ Genau das aber, so ist es oft schriftlich fixiert, sollen sie in der Regel nicht – auch wenn sie es könnten.

Hinsichtlich des Halbmarathons in Peking bleiben Fragezeichen, weil die Schrittmacher offiziell als normale Starter gelistet waren. Ein Versäumnis des Veranstalters? Oder gab es sogar einen Deal während des Rennens.

„Auch das“, sagt Pflieger, „kann man im Laufsport nie ganz ausschließen.“ Die lokalen Behörden in China wollen den Fall nun untersuchen. „Die Integrität des Sports ist unser höchstes Gut“, ließ diesbezüglich der Leichtathletikweltverband ausrichten. Gut möglich, dass diese in Peking mit Füßen getreten wurde.

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