Einst Schutzmacht Armeniens: Russland zieht offenbar Soldaten aus Berg-Karabach ab

Militärisch ist der Konflikt um Berg-Karabach klar zugunsten Aserbaidschans entschieden. Gestritten wird gegenwärtig vor Gericht. Die einstige Schutzmacht des unterlegenen Armenien scheint dies noch zu zementieren, denn Russland zieht offenbar seine Friedenstruppen aus der Region ab.

einst schutzmacht armeniens: russland zieht offenbar soldaten aus berg-karabach ab

Aserbaidschanische Sicherheitskräfte stehen an einem Checkpoint.

Russland scheint seine Friedenstruppe aus der zwischen Aserbaidschan und Armenien umkämpften Region Berg-Karabach zurückzuziehen. Das berichtet die aserbaidschanische Website “Musavat.com”. Demnach sei der Posten im Khudaveng-Kloster bereits an die aserbaidschanische Polizei übergeben worden. Auch der Stützpunkt Khojaly sei bereits geräumt, heißt es. Eine Bestätigung seitens Moskaus gibt es bisher nicht. In sozialen Medien gibt es kurze Videos, die eine lange Kolonne russischer Militärfahrzeuge zeigt.

Russland war lange Zeit Schutzmacht Armeniens im Konflikt mit Aserbaidschan. Dieses wurde wiederum von der Türkei unterstützt. Zuletzt fühlte sich Armenien jedoch von Moskau im Stich gelassen, da die Friedenstruppe beim Vorrücken der aserbaidschanischen Soldaten nicht eingriff. Der Ton zwischen Armenien und Russland wurde zuletzt immer rauer. Eriwan ließ sogar seine Mitgliedschaft im von Russland dominierten Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO) ruhen. Derweil streiten die eigentlichen Konfliktparteien vor Gericht.

Armenien wehrte sich vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Einwände Aserbaidschans gegen eine Klage rund um die zwischen beiden Seiten umstrittene Kaukasusregion Berg-Karabach. Die Einsprüche Aserbaidschans gegen die von Armenien erhobene Klage wegen Diskriminierung würden “selbst einer oberflächlichen Prüfung” nicht standhalten, sagte der Leiter des armenischen Justizteams, Jeghische Kirakosjan, in einer Anhörung am Dienstag. Tags zuvor hatte die aserbaidschanische Seite die Abweisung der Klage gefordert – unter anderem mit dem Argument, dass die beiden Staaten nicht zuerst in ernsthafte Verhandlungen über eine Beilegung des Streits getreten seien.

Rassistische Diskriminierung oder nicht

Zudem erklärten Aserbaidschans Rechtsvertreter, dass die meisten armenischen Vorwürfe nicht unter das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung fielen. Daher sei der Gerichtshof gar nicht zuständig. Eine Anwältin Armeniens, Alison Macdonald, argumentierte hingegen, dass sämtliche Vorwürfe der Gewalt durch Aserbaidschaner zumindest rassistische Diskriminierung im Sinne der Konvention darstellen könnten.

Armenien hatte im jahrzehntelangen Streit um Berg-Karabach 2021 Klage gegen Aserbaidschan eingereicht und ihm eine “staatlich geförderte Politik des Hasses auf Armenier” vorgeworfen, die zu “systematischer Diskriminierung, Massentötungen, Folter und anderen Misshandlungen” geführt habe. Aserbaidschan hat Armenien wiederum wegen Diskriminierung verklagt. Die Einsprüche Armeniens gegen die aserbaidschanische Klage werden Ende des Monats verhandelt.

Fast alle Armenier fliehen aus Berg-Karabach

Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, verwaltete sich aber nach dem Ende eines Krieges armenischer Separatisten gegen die aserbaidschanische Regierung seit 1994 praktisch selbst. Die ethnischen Armenier in Berg-Karabach wurden dabei von der Regierung in Eriwan unterstützt. 2020 eroberte Aserbaidschan einen Teil dieser Gebiete zurück. Im vergangenen Jahr besetzte es auch den Rest. Der größte Teil der etwa 120.000 Einwohner floh. Im Dezember stimmten Armenien und Aserbaidschan Friedensverhandlungen zu.

Noch mehr aktuelle Nachrichten finden Sie auf ntv.de

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World