Einig in Kritik, uneins bei Verfolgung

einig in kritik, uneins bei verfolgung

Das Cannabisgesetz erlaubt Volljährigen in Deutschland ab dem 1. April das Kiffen.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern sehen mit der Teillegalisierung von Cannabis einen Berg zusätzlicher Arbeit auf Bayerns Polizisten zukommen. Bei dem Gesetz handele es sich um ein «Bürokratiemonster», es gebe zahlreiche Unklarheiten, kritisierte der DPolG-Landesvorsitzende Jürgen Köhnlein. «Wir können aus einem schlechten Gesetz keine guten Verwaltungsvorschriften machen», sagte Köhnlein der Deutschen Presse-Agentur. «In Berlin wird diskutiert. Aber wir werden zum Einsatz gerufen.»

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von einem sicherheits- und gesundheitspolitischem «Trauerspiel, dass die Bundesregierung die Cannabis-Legalisierung durchgedrückt hat». «Die Bedenken aller Innenminister und -senatoren der Länder wurden einfach weggewischt, ebenso die Kritik selbst in den eigenen Reihen.»

Herrmann bekräftigte, dass in Bayern die neuen Cannabis-Regelungen so streng wie möglich kontrolliert werden sollen. Ähnlich hatte sich zuvor auch Ministerpräsident Markus Söder geäußert. Bayern werde kein Kifferland werden, hatte der CSU-Politiker betont. Genau diese Aussage kritisierte nun aber Polizeigewerkschafter Köhnlein: «Söder bringt dadurch die Behörden und die Polizei in eine Position, in der sie ganz genau kontrollieren müssen.» Dazu aber fehlten zum einen die genauen Verwaltungsvorschriften, zum anderen die Personalstärke und die Instrumente.

Es gebe nun im Konsum-Cannabisgesetz bei Ordnungswidrigkeiten und auch bei Straftaten deutlich mehr Tatbestände als bisher. «Das wird ganz, ganz kompliziert», sagte Köhnlein. «Es gibt so viele Möglichkeiten, die auf uns zukommen, die kontrolliert werden könnten und bei denen wir aber gar nicht imstande sind, die Kontrollen überhaupt durchzuführen.» Waagen und Messgeräte für THC – den Wirkstoff von Cannabis – müssten womöglich zusätzlich angeschafft werden.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Florian Leitner, geht davon aus, dass der Konsum steigen und der Schwarzmarkt florieren werde. Er sieht auch Probleme bei der Verkehrssicherheit. Da Schnelltests fehlten, müsse bei jedem Verdacht einer Drogenfahrt Blut abgenommen werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte die teilweise Legalisierung am Mittwoch erneut verteidigt. Wenn man nichts täte, sei ja nicht zu erwarten, dass irgendetwas besser werde, sagte der SPD-Politiker mit Blick auf einen wachsenden Schwarzmarkt und mehr konsumierende Kinder und Jugendliche. «Wir wollen wirklich dem Schwarzmarkt in aller Härte begegnen.» Dort werde mittlerweile versucht, durch Beimengungen und toxische Konzentrationen eine Sucht schneller herzustellen. Lauterbach betonte, dass das Strafmaß für kriminelle Abgaben an Kinder und Jugendliche deutlich erhöht werde. Das bedeute: «Wenn also ein 21-Jähriger regelmäßig an 17-Jährige abgibt, Haft von nicht weniger als zwei Jahren.»

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach brachte erneut den Klageweg ins Spiel. «Nach der Bundesratssitzung liegt nun die finale Fassung des Konsum-Cannabisgesetzes sowie die neue Protokollerklärung der Bundesregierung vor», sagte die CSU-Politikerin. «Bayern prüft die Dokumente eingehend, ob sich Spielräume für eine Klage ergeben.» Die Ministerin hatte sich vor gut zwei Wochen allerdings bereits skeptisch zu den Chancen einer möglichen Klage geäußert.

Das nach jahrzehntelangen Diskussionen besiegelte Gesetz zur Legalisierung von Cannabis stellt eine Zäsur in der deutschen Drogenpolitik dar. Es erlaubt Besitz und Anbau der Droge für Volljährige mit zahlreichen Vorgaben zum Eigenkonsum. Zum 1. Juli sollen dann auch nichtgewerbliche Vereinigungen zum gemeinschaftlichen Anbau an den Start gehen können. Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig hatte das Gesetz am Mittwoch unterschrieben, es tritt kommenden Montag, am 1. April, in Kraft.

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