Der Goldpreis ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen
Der Goldpreis hat seit Jahresanfang kräftig zugelegt. Nach der Eskalation im Nahen Osten hat der Preis korrigiert. Das Verhalten ist ungewöhnlich für das Edelmetall. Was ist da los?
Es gibt ein paar Regeln, die Goldfans kennen sollten. Regel Nummer eins: Wenn der Dollar schwächelt, wirkt sich das meist positiv auf den Preis des Edelmetalls aus. Regel Nummer zwei: Sinken die Aktienkurse, steigt üblicherweise der Preis der Feinunze Gold. Regel Nummer drei: Im Fall einer geopolitischen Krise steigt der Goldpreis über zwei bis drei Monate, weil Anleger Gold als Krisenschutz im Depot einsetzen.
Diese Regeln gelten jedoch seit Jahresanfang nur bedingt. Aktienmärkte und Goldpreis haben sich zumindest bis Anfang April im Gleichlauf nach oben entwickelt. Regel Nummer zwei ist also passé. Erst Anfang des Monats knickten US-Indizes wie S&P 500 und Nasdaq in einen Seitwärtsmodus ab, während Gold zu einer weiteren Rally ansetzte und sogar kurz ein neues Rekordhoch bei 2431 US-Dollar pro Feinunze markierte – bis der Konflikt im Nahen Osten mit dem Angriff des Iran gegen Israel in der Nacht zu Sonntag eine neue Eskalationsstufe erreichte. Doch statt gemäß Regel Nummer drei zu steigen, sinkt der Preis am Dienstag in der Spitze um 2,6 Prozent. Die Logik des Goldpreises folgt aber auch nicht Regel Nummer eins, schließlich hat der Dollar gegenüber dem Euro in diesem Jahr um knapp vier Prozent zugelegt.
Das Gold-Rätsel
Das aber selbst nach einem kriegerischen Angriff wie dem aus dem Iran der Goldpreis sinkt, haben selbst Experten nicht erwartet: „Für die Kapitalmärkte bedeuten die Ereignisse des Wochenendes kurzfristig eine erneute Phase erhöhter Unsicherheit. Profitieren dürften als sicher eingeschätzte Anlagen wie das ohnehin schon boomende Gold“, sagte etwa Jan Holthusen, Chef des Researchs bei der DZ Bank.
Der Goldpreis verhält sich also rätselhaft. Das fällt auch den Rohstoff-Experten der US-Investmentbank Goldman Sachs auf. Der „Bullenmarkt des Metalls wird nicht von den üblichen Verdächtigen angetrieben“, schreiben sie in einem jüngst veröffentlichten Marktbericht. „Keiner der traditionellen Faktoren erklärt die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Goldpreisbewegung in diesem Jahr“, heißt es weiter. Seit Jahresanfang hat der Preis 20 Prozent zugelegt.
Des Rätsels Lösung liegt zum einen in der Wall Street: „Anleger, die Futures im New Yorker Handel handeln, haben zuletzt stark zugekauft”, sagt John Reade, Marktstratege beim Lobbyverband „World Gold Council“ (WGC). Zum anderen hat der außerbörslichen Handel zugenommen, also die Käufe, die eigentlich nicht nachvollziehbar sind, weil sie nicht registriert werden. Wie hoch der ist, ermittelt etwa das WGC, indem es das Angebot mit der offiziellen Nachfrage vergleicht. 2022 sind laut WGC knapp 53 Tonnen Gold auf undurchsichtigen Pfaden in die Hände neuer Besitzer gelangt, 2023 waren es bereits 450 Tonnen.
Reade, geht davon aus, dass die Käufer insbesondere aus China und der Türkei stammen. In Hongkong und Singapur würde die Zahl der Family Offices, die Vermögen der besonders Reichen verwalten, zuletzt stark wachsen. Weil Chinas Wirtschaft in einer Immobilienkrise steckt und auch die Aktienmärkte schwach laufen, bringen die Wohlhabenden ihr Vermögen in Sicherheit. Insofern gilt Regel Nummer zwei doch. Goldanleger müssen sich allerdings an chinesischen Parametern orientieren.
Auch türkische Privatkunden tragen zur hohen Nachfrage bei: Dort ist die Inflation enorm hoch. Das nationale Statistikamt ermittelte für den Monat Februar eine Teuerungsrate von 67 Prozent. Übers Jahr 2023 gesehen lag sie bei rund 53 Prozent – also sehr hoch im Vergleich zu der in Deutschland, Europa und den USA. Wegen dieser Inflation verliert die Landeswährung Lira massiv an Wert, weshalb auch hier die Reichen ihr Geld ins wertstabile Gold retten. Hier gilt Regel Nummer eins also doch, eine schwache Währung wirkt sich positiv auf den Goldpreis aus. Es ist aber nicht der Dollar.
Dollar verliert an Dominanz
Es wäre voreilig, zu behaupten, dass der Dollar einfach nicht mehr so wichtig für den Goldpreis ist. Aber der Trend weist in diese Richtung. Das zeigen die Aktivitäten der Notenbanken in den Schwellenländern. Sie haben bereits im vergangenen Jahr massiv Gold zugekauft und das setzt sich auch in diesem Jahr fort. Die chinesische Zentralbank hat 2023 ihren Bestand um 225 Tonnen auf 2235 Tonnen erhöht, mehr als alle anderen. Daneben hat auch die polnische Notenbank zugeschlagen. Die Zentralbanken in Singapur, Indien, Irak, Katar und der Philippinen gehörten ebenfalls zu den Käufern.
„Die Institute bereiten sich damit auf eine multipolare Welt vor, in der der Dollar als Leitwährung keine so dominante Rolle mehr spielt. Weil aber noch keine andere Währung stark genug ist, um dem Dollar Konkurrenz zu machen, parken die Zentralbanken ihr Kapital zwischenzeitlich in Gold“, sagt Reade vom WGC.
Dass der ehemalige US-Präsident Donald Trump im Herbst wiedergewählt werden könnte, beflügelt den Trend. Der US-zentrierte Ansatz seines Slogans „Make America Great Again“ dürfte die weltweite Bedeutung des Dollar mindern. Gleichzeitig sind der Machthunger Chinas und Russlands, die gerne zu den USA aufschließen möchte, treibende Kräfte. Die Käufe der Zentralbanken werden das ganze Jahr über den Goldpreis stützen, sind die Experten vom WGC überzeugt. Goldman Sachs hat das Kursziel von Gold für dieses Jahr auf 2700 Dollar angehoben. „Die Nachfrage nach Gold wird derzeit vor allem von den geopolitischen Unsicherheiten rund um den Globus und insbesondere durch die Zentralbanken aus Schwellenländern gestützt wird. Kurz- bis mittelfristig dürfte der Preis des gelben Edelmetalls auf einem hohen Niveau verharren – leichte Korrekturen nach unten sind indes nicht auszuschließen“, heißt es von der DZ Bank.
Für Goldanleger heißt das: Erstmal drinbleiben, selbst, wenn es verlockend erscheint, jetzt Gewinne mitzunehmen – und vor der ersten Zinssenkung in den USA, die derzeit im Herbst erwartet wird, den Kurs beobachten. Mehr als auf kurzfristige geopolitische Ereignisse wie der Angriff Irans auf Israel haben wirtschaftliche Krisen in aufstrebenden Schwellenländern wie der Türkei Auswirkungen auf den Goldpreis. Eine kurze Korrektur ist indes kein Grund zur Sorge.
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