Stadt-Land-Studie: Wie die Deutschen die AfD, die Grünen und das Gendern finden

stadt-land-studie: wie die deutschen die afd, die grünen und das gendern finden

Wohnhäuser in Königstein im Taunus. Im Hintergrund ist die Skyline von Frankfurt am Main

Dominik Hirndorf vergleicht seine Studienergebnisse mit einem Schmuckstück. „So wie auf einer Perlenschnur reihen sich die feinen Unterschiede zwischen Stadt und Land auf.“ Von einem Kulturkampf also keine Spur. Stadt- und Landbewohner seien gar nicht so verschieden. „Sie haben kein anderes Wertefundament. Aber sie blicken etwas anders auf Politik“, sagt der Referent für Wahl- und Sozialforschung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.

Für die hat Hirndorf eine repräsentative Stadt-Land-Studie geleitet und nun ausgewertet. Befragt wurden die Teilnehmer unter anderem zu den Parteien, zur Demokratie, zum Klimaschutz, zu ihren Wertvorstellungen und zum Gendern.

Wenig überraschend mag sein, dass der Zuspruch für die Union auf dem Land größer ist als in der Stadt. Und auch, dass es bei den Grünen andersherum ist. Aber die Werte bei den Grünen sind in den Augen von Studienautor Hirndorf dann doch auffällig. „Es ist eindrücklich, wie sehr die Grünen in der Stadt gemocht und gleichzeitig auf dem Land abgelehnt werden“, sagt er.

So geben 52 Prozent der Landbewohner an, die Partei abzulehnen, hingegen ist in der Großstadt die Zustimmung für die Grünen ebenso groß, und die Ablehnung beträgt dort nur 34 Prozent. Ganz gleich ob Stadt oder Land: Gleichgültig steht der Partei kaum jemand gegenüber, wie übrigens auch im Falle der AfD. An den beiden sehr unterschiedlichen Parteien reiben sich die Leute offenbar sehr. So stehen je nach Wohnort nur elf bis 19 Prozent den Grünen und nur sechs bis 14 Prozent der AfD gleichgültig gegenüber. Das ist ein deutlicher Unterschied zu den Werten der anderen im Bundestag vertretenen Parteien.

Pünktlichkeit, Fürsorge und Respekt sind allen wichtig

Beim Klimaschutz sind sich Stadt- und Landbewohner auf den ersten Blick recht einig. Diesem messen etwa neun von zehn Befragten eine Relevanz zu. Der Stadtbevölkerung ist das Thema aber noch wichtiger als der Landbevölkerung. Einen Unterschied gibt es auch im eigenen Verhalten: So versuchen Stadtbewohner eher auf Autofahrten zu verzichten als Landbewohner, bei Flügen ist es hingegen andersherum.

Studienautor Hirndorf sieht hier mögliche Schlüsse für die Politik im Superwahljahr – er verweist auf die Europawahl im Juni und die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September. „Die Studie sensibilisiert dafür, dass man auf dem Land und in der Stadt anders über Themen sprechen kann, weil die Menschen einen anderen Blick auf Politik haben. Zum Beispiel das Thema Klimawandel: In der Stadt kann man das Auto ersetzen. Auf dem Land werden die Leute sagen: Das ist nicht machbar. Aber Landmenschen sind generell offen für die Energiewende. Da können sich Politiker im Wahlkampf anpassen“, sagt Hirndorf.

Bei den Werteinstellungen zeigen sich kaum nennenswerte Unterschiede zwischen Stadt und Land. Etwa wenn es um Pünktlichkeit, Höflichkeit, Fürsorge und Respekt gegenüber Mitmenschen geht. Keine Kontraste, aber doch Unterschiede sind hingegen bei politischen Einstellungen zur Bekämpfung des Klimawandels, zur Zuwanderung sowie zum Verhältnis von Sozialstaat und Steuern festzustellen. Je ländlicher jemand wohnt, desto eher präferiert er oder sie eine striktere Zuwanderungspolitik und weniger Steuern und Sozialabgaben. Und desto größer sind die Europaskepsis und die Unzufriedenheit mit der Demokratie.

Auch beim Gendern sind Unterschiede zu erkennen. So findet ein Viertel der Stadtbewohner es ganz oder eher wichtig, wenn in den Medien auf „geschlechtergerechte Sprache“ geachtet wird. Auf dem Land ist es nicht mal jede sechste Person. Unwichtig findet es überall eine Mehrheit.

Die Studie basiert auf zwei Umfragen der Meinungsforschungsinstitute Infratest dimap und USUMA, für die zwischen Oktober 2022 und Januar 2023 sowie zwischen Juni 2023 und September 2023 jeweils mehr als 4000 Menschen befragt wurden.

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World