Schleppende E-Auto-Verkäufe – VW-Chef Blume fordert staatliche Förderung

VW drohen Strafzahlungen in Höhe von mehreren Millionen Euro. Denn der Konzern verkauft zu viele Verbrenner und zu wenige E-Autos. VW-Chef Blume verlangt deshalb finanziellen „Anschub“ vom Staat. Die Politik solle zudem prüfen, wie realistisch die CO₂-Ziele wirklich sind.

schleppende e-auto-verkäufe – vw-chef blume fordert staatliche förderung

picture alliance/dpa/Jan Woitas

VW-Chef Oliver Blume verspätet sich um einige Minuten zu seiner Abendveranstaltung. Er sei im Berufsverkehr stecken geblieben in seinem Auto, sagt der Manager, einem Fahrzeug der Moia-Flotte. Der Taxi-Dienst Moia gehört zum VW-Konzern.

In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts, so kündigt Blume im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten später an, würden Moia-Kleinbusse autonom durch die Hansestadt und am Ende in weltweit bis zu 70 Städten fahren. Und dann hoffentlich manchen Stau vermeiden, weil sie intelligentere Routen wählen.

Dieses Zukunftsthema beherrscht derzeit allerdings nicht den Alltag in Europas größtem Autokonzern. Vielmehr kommt auf Vorstandschef Blume schon im nächsten Jahr ein großes Problem zu. VW muss anspruchsvolle Grenzwerte bei den CO₂-Emissionen für die VW-Autoflotten einhalten.

Gegenüber 2024 werden diese Werte in der Europäischen Union noch einmal um 15 Prozent gesenkt. Dem Wolfsburger Konzern drohen Strafzahlungen in Höhe mehrerer Hundert Millionen Euro. Schließlich verkauft der Autobauer derzeit zu wenige Elektroautos und zu viele Benzin- und Dieselfahrzeuge.

Rund 90 Prozent der Produktion entfallen auf herkömmliche Motorentechnik. „Wir werden alles tun, um Strafzahlungen zu vermeiden“, sagt Blume. Die Politik müsse überprüfen, wie sich die Märkte entwickelten und wie realistisch die CO₂-Ziele dann noch seien.

Ein Grund für die Flaute bei den E-Autos ist das Auslaufen staatlicher Kaufprämien. VW-Chef Blume spricht sich daher für neue Anreize aus: „Wir brauchen eine Förderung vor allem im Einstiegssegment der E-Automobile.“ Der Manager fordert einen „Anschub von der öffentlichen Hand“ für den Ausbau der E-Mobilität. Dabei beklagt er zum Beispiel ein Defizit in der Stromladeinfrastruktur.

In den Großstädten fehlten ausreichend viele Stromladesäulen. „In den Städten ist das Stromladenetz sehr dünn, da herrscht ein Nachholbedarf“, sagt Blume. Eine Pflicht zum Aufbau einer Ladestation an jeder Tankstelle, wie sie von der Bundesregierung geplant ist, hält der Manager deshalb für sinnvoll.

„Haben rasanten Hochlauf der chinesischen Hersteller unterschätzt“

„Die E-Mobilität läuft in Europa nicht so schnell hoch, wie wir es uns gedacht haben“, sagt Blume. Das dürfte auch am hohen Preis für E-Autos liegen. Daher kündigt der VW-Chef vier neue E-Automodelle bis zum Jahr 2026 an, die 25.000 Euro kosten sollen.

„Wir erwägen, auch ein E-Auto für 20.000 Euro anzubieten“, sagt Blume. Eine Kooperation dabei etwa mit dem Konkurrenten Renault schloss der Manager nicht aus. „Es ist unsere gesellschaftliche Pflicht, bezahlbare Autos für die E-Mobilität zu bauen“, sagt Blume.

Probleme im Absatz von E-Autos hat der VW-Konzern auch in China, dem größten Automobilmarkt der Welt. Dort sind chinesische Hersteller wie BYD innerhalb kurzer Zeit zu den größten E-Auto-Verkäufern aufgestiegen. VW kommt in China mit den Konzernmarken auf einen Marktanteil von 14 Prozent, im Absatz von E-Autos sind es jedoch nur fünf Prozent.

„Wir haben den rasanten Hochlauf der chinesischen Hersteller und die Fülle an Modellen unterschätzt“, sagt Blume. China hat sich auch zum größten Autoexporteur der Welt entwickelt und dabei Japan sowie Deutschland hinter sich gelassen.

Nun will der VW-Konzern mehr Produkte in China für den chinesischen Markt entwickeln. „Wir müssen eine Durststrecke von zwei bis drei Jahren überstehen“, sagt der VW-Chef. Der Konzern betreibt in dem Riesenland 30 Autofabriken und beschäftigt dort 90.000 Mitarbeiter. VW plant für die nächsten fünf Jahre weltweit Investitionen von 180 Milliarden Euro. Zwei Drittel davon sollen in die E-Mobilität fließen.

Auch in Europa ist der Erfolg chinesischer E-Autohersteller zu spüren, die Marken überschwemmen förmlich die Länder mit günstigen Angeboten. Doch mit Zöllen auf chinesische Produkte zu reagieren, wie es die EU-Kommission plant, das hält VW-Chef Blume nicht für eine geeignete Reaktion.

„Ich bin ein Freund des freien Welthandels und halte nichts von regional protektionistischen Maßnahmen“, sagt Blume. Er sei selbst ein Sportler und halte Wettbewerb für eine gute Sache. In den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern müsse es jedoch fair zugehen.

Dafür müssten weitere Handelsabkommen geschlossen werden. „Es kommen jetzt zwar viele chinesische Autos hierher, aber wir haben auch eine ähnliche Welle aus Japan oder Südkorea erlebt“, sagt Blume. Deutschland sei gezwungen, besser zu werden.

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