23.02.2022, China, Shanghai: Fahrzeugbauer arbeiten in einer Werkshalle an einer Produktionslinie vo data-portal-copyright=
Unternehmen versuchen, mithilfe asiatischer Zulieferer ihre Abhängigkeit von China zu reduzieren. Das Problem: Auch sie sind auf chinesische Vorprodukte angewiesen.
Besuche bei deutschen Unternehmen in China, neue Kooperationsvereinbarungen in der Landwirtschaft und beim autonomen Fahren, dazu immer wieder der Hinweis, ein De-Coupling von China, also ein Abschied von der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, sei nicht gewollt: Bei der Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach China geriet fast in Vergessenheit, dass die deutsche Regierung „in kritischen Bereichen“ weniger abhängig von China sein will und „das Potenzial anderer Länder und Regionen“ ausschöpfen möchte. So steht es in der Chinastrategie.
Fast schon pflichtschuldig betonte Scholz am Dienstag bei seinem Besuch in Peking daher auch: „Uns, in Deutschland und Europa, geht es darum, einseitige Abhängigkeiten zu verringern, unsere Lieferketten zu diversifizieren und Risiken für die Wirtschaft zu reduzieren – ein Ziel, das China seit einiger Zeit selbst verfolgt.“
Dahinter steckt die Erfahrung, dass Russland im Zuge des Ukrainekriegs ausnutzte, dass Deutschland auf russisches Gas angewiesen war – und dass China selbst in der Vergangenheit immer wieder Abhängigkeiten ausgenutzt hat, um politische Ziele zu erreichen.
China dominiert die Wertschöpfungsketten
Allerdings scheint es alles andere als einfach zu sein, globale Wertschöpfungsketten neu zu organisieren. Zu diesem Schluss kommt die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Kein anderes Land in Europa sei so eng mit China verflochten wie Deutschland. Alternativen könnten da die aufstrebenden Volkswirtschaften Südostasiens sein. Doch liegt das Volumen des Handels mit Indonesien, Malaysia, Thailand, den Philippinen und Vietnam (Asean-Länder) nicht einmal bei einem Viertel dessen, was Deutschland mit China austauscht.
Der Befund: Die Asean-Staaten stellen „aufgrund ihrer begrenzten Wirtschaftskraft und zahlreicher struktureller Herausforderungen auf absehbare Zeit keine Alternative zu China dar“, heißt es in der Untersuchung mit dem Titel „De-Risking – aber wohin?“.
Zwar hätten die Staaten „Potenzial als Produktionsstandorte für europäische Unternehmen“. Der Autor Denis Suarsana, Leiter des Auslandsbüros der KAS in Indonesien und Timor-Leste, nennt dazu die geografische Lage, das geringe Lohnniveau und die junge Bevölkerung. Allerdings sei das Bildungsniveau niedrig, die Produktivität gering, und es bestünden Handelshemmnisse bei schlechter Infrastruktur.
Vor allem aber warnt Suarsana vor einer „Pseudo-Diversifizierung“. Er begründet dies mit der Feststellung, dass China nicht nur für Deutschland, sondern auch für die Asean-Staaten der größte Handelspartner sei und die Märkte und Lieferketten in der Region dominiere.
So importiere etwa Indonesien ein Drittel seiner Vorprodukte aus China, in Vietnam seien es 29,5 Prozent, in Thailand 28, auf den Philippinen 26,9 sowie 17,4 Prozent in Malaysia. Zum Vergleich: In Deutschland seien es hingegen nur 12,4 Prozent. Laut Report sei der Befund „ernüchternd“.
Die Asean-Staaten als Alternative zu China
Vorprodukte allein sind indes nur ein Anhaltspunkt. Die meisten Vorprodukte dürften nicht kritisch sein und lassen sich im Zweifel anderswo besorgen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hatte jüngst etwa festgestellt, dass bei den aus China stammenden Vorprodukten für Deutschland kaum Abhängigkeiten bestünden. Bestehen Abhängigkeiten – wie bei seltenen Erden – dann lassen sie sich nur schwerlich auflösen.
Tatsächlich ist die Dominanz chinesischer Anbieter sehr groß. Selbst wenn es möglich ist, einen chinesischen Zulieferer in der Lieferkette durch einen Anbieter aus einem anderen Land zu ersetzen, tauchen in der Lieferkette doch oft wieder chinesische Anbieter auf.
Daher kommen manche Unternehmen nach einer Analyse ihrer Lieferketten auch zu dem Schluss, dass es sicherer ist, den chinesischen Zulieferer zu behalten und die Verbindung zu pflegen. Ein Umstieg etwa auf einen japanischen Anbieter könnte unangenehme Folgen haben: So hat China in der Vergangenheit Japan wegen politischer Differenzen mit einem Boykott seltener Erden belegt. Die Unternehmen konnten entsprechend nicht mehr liefern.
Die aufstrebenden Staaten könnten China daher nicht ersetzen, „aber sehr wohl ergänzen“, lautet das Fazit des KAS-Reports. „Aufgrund der weltweit dynamischsten Wachstumsraten und einer wachsenden, jungen und zunehmend (zumindest verhalten) kaufkräftigen Bevölkerung bieten die Emerging Asean im globalen Vergleich trotz allem beste Bedingungen für eine Diversifizierung von Produktion und Absatzmärkten weg von China.“ Daher empfiehlt der Autor, die Verhandlungen der Europäischen Union mit den Asean-Staaten über Freihandelsabkommen endlich abzuschließen.
Um zum Erfolg zu kommen, müsse Europa auf Versuche verzichten, „handelsferne Forderungen, wie etwa weitreichende Arbeits- und Umweltstandards, durchzusetzen“. Die EU brauche die Asean-Staaten, um Ziele wie eine Reform der multilateralen Handelsregeln oder den Schutz freier Handelsrouten zu erreichen. „Ein Scheitern der Handelsverhandlungen würde die Region dagegen noch stärker in die Abhängigkeit von China treiben.“
Die CDU nimmt sich des Themas auch in ihrem Entwurf des neuen Grundsatzprogramms an, das sie Anfang Mai auf dem Bundesparteitag beschließen will. „Wir setzen auf Derisking“, heißt es darin. Dazu strebt die CDU „Rohstoffpartnerschaften“ an. Wie bereits in Zeiten des Kalten Krieges soll es wieder eine „Bevorratung strategischer Rohstoffe“ geben. Dies solle zuvorderst Sache der Privatwirtschaft sein, aber „für Krisensituationen“ staatliche Unterstützung erhalten.
Die „Handelsintegration mit unterschiedlichen, möglichst verlässlichen Partnern“ soll Abhängigkeiten minimieren. Kritische Infrastrukturen und Unternehmen will die CDU „vor Übernahmen durch systemische Rivalen“ schützen, heißt es weiter – ohne China direkt zu nennen.
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