Hass auf LGBT in Russland: Dynamo Moskau denunziert Gewinner-Team nach Niederlage

Niederlagen eingestehen kann nicht jeder. Dynamo Moskau fliegt aus der russischen Frauen-Volleyballmeisterschaft und verfasst daraufhin eine bizarre Stellungnahme. Von “Küssen und anderen Abscheulichkeiten” des gegnerischen Teams ist darin die Rede. Auch “Satanismus” wird dem Gewinner-Team vorgeworfen.

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Solche

Seitdem Russland die LGBTQ-Bewegung im November als extremistisch eingestuft hat, nutzen immer mehr Russinnen und Russen das homophobe Gesetz für eigene Zwecke – etwa um Feinde zu denunzieren oder Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Das jüngste Beispiel kommt aus dem Profi-Sport und ist so bizarr und absurd, dass es auch international für Kopfschütteln sorgt.

Einen Tag nach der Niederlage im Halbfinale der russischen Volleyballmeisterschaft der Frauen am vergangenen Sonntag hat der Moskauer Klub Dynamo auf seiner offiziellen Webseite eine Stellungnahme mit einem nach Gerechtigkeit schreienden Titel veröffentlicht: “Das werden wir uns nicht mehr gefallen lassen!” Im Text geht es aber nicht um ein möglicherweise unfaires Spiel des Gegner-Teams Lokomotive aus Kaliningrad oder um Entscheidungen des Schiedsrichters. Nein, in diesem hasserfüllten Text wirft Dynamo seinen Gegnerinnen aus Kaliningrad “LGBT-Propaganda” und “Satanismus” vor.

Fernsehübertragungen würden “zu unserer Schande” Nahaufnahmen von “monströsen Gesten” der Lokomotive-Spielerinnen zeigen, “die den Geschlechtsverkehr imitieren”, heißt es im Text, den Jelena Godina, ehemalige Weltmeisterin und heutige Beraterin des Generaldirektors von Dynamo, verfasst hat. Auch “gleichgeschlechtliche Küsse auf die Lippen und andere Abscheulichkeiten” sorgen für Unmut bei Dynamo Moskau.

Die Funktionärin liefert auch “Beweise” für das angebliche Fehlverhalten der Kaliningrader Spielerinnen: Auf einem Foto ist zu sehen, wie eine Sportlerin eine Team-Kollegin, von der sie angesprungen worden war, auf den Armen hält. Ein anderes Bild zeigt, wie die aus der Türkei kommende Kapitänin Ebrar Karakurt einer anderen Spielerin im Jubel einen Kuss auf die Wange gibt.

Die “Satanistinnen” haben sogar Kinder

Die Schiedsrichter hätten während der gesamten Saison “nicht eine einzige Bemerkung zu einem solchen Verhalten gemacht”, beklagt Godina. Diese “Straflosigkeit” stelle “eine völlige Missachtung der Kultur und der moralischen Werte unseres Landes” dar, urteilt sie.

“Schlimmer noch, all das wird von Mannschaftskameradinnen gebilligt, die sich als Satanistinnen verkleiden”, werden zwei weitere Fotos kommentiert, die das Team offenbar bei einer Halloween-Party zeigen. “Und dabei erziehen drei der Lokomotive-Spielerinnen eigene Kinder!”, empört sich Godina und richtet sich dann an andere Eltern: “Stellen Sie sich vor, dass Ihre Kinder mit Sowas eine Umkleidekabine oder einen Duschraum teilen müssen!”

All dies beleidige Russlands multinationale Kultur und Geschichte, heißt es im Aufsatz. “In einer Zeit, in der russische Orte und Menschen feindlichen Bombenangriffen ausgesetzt sind, in der die besten Vertreter des Landes uns mit Waffen in der Hand verteidigen (…) wird das hier gedeihen?”, fragt Godina mit Blick auf die angebliche “LGBT-Propaganda”, bevor sie selbst die Frage beantwortet: “Das wird niemals passieren! Dies kann nur allgemeine Verurteilung und Verachtung hervorrufen!”

Minister wird Homophobie bezichtigt – und tritt zurück

Die absurden Anschuldigungen könnten für die Spielerinnen von Lokomotive ernste Folgen haben. Eine Verfolgung von LGBT-Personen findet in Russland bereits seit Jahren statt, in den letzten Monaten hat sich die Lage jedoch noch weiter verschlimmert. Schon seit 2013 verbietet ein Gesetz LGBTQ-“Propaganda” gegenüber Minderjährigen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 wurden die Gesetze noch verschärft und verbieten nun jede Darstellung “nicht-traditioneller” Beziehungen in Medien, Büchern, Filmen und im Internet. Im November 2023 stufte der Oberste Gerichtshof Russlands die “internationale LGBTQ-Bewegung” als extremistisch ein. Eine Bewegung mit solchem Namen gibt es zwar nicht. Die vage Formulierung macht den Weg aber frei für willkürliche Festnahmen und hohe Haftstrafen für Vertreter der LGBTQ-Community.

Anschuldigungen, der LGBTQ-Gemeinschaft anzugehören, seien inzwischen zu einem probaten Mittel geworden, um Konkurrenten zu beseitigen, bemerkt Current Time, ein russischsprachiger Fernsehsender mit Sitz in Prag. Erst vor wenigen Tagen trat Sergej Burtsew, Minister für Jugendpolitik der Region Samara, zurück – nachdem der Duma-Abgeordnete Alexander Khinshtein behauptet hatte, Burtsew führe ein “fragwürdiges Privatleben” und sei in einer Beziehung mit einem Mann. Burtsew bestritt die “Anschuldigungen”, trat aber zurück, um nicht “einen Schatten auf die Jugendpolitik der Region zu werfen”.

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