Crystal Palace: Londons Adler fliegen hoch

crystal palace: londons adler fliegen hoch

5:2-Sieg über den Stadtrivalen: Nach einem furiosen Auftritt gegen West Ham hat sich Oliver Glasner mit Crystal Palace endgültig aus der Abstiegszone befreit.

Seit Oliver Glasner bei Crystal Palace das Traineramt übernommen hat, läuft es für den Premier-League-Klub. Nach Siegen gegen Liverpool und West Ham steigen die Ambitionen.

Londons Adler fliegen hoch

Zum ersten Mal in der Klubhistorie hat Crystal Palace am Sonntag in der Premier League vier Tore in einer ersten Halbzeit erzielt. Dabei bestreitet der Mittelklasseverein mittlerweile seine stattliche 15. Saison in dieser Liga, elf davon in Serie. Entsprechend stolz präsentierte Palace die Tore tags darauf in den Klubmedien, sie wirkten wie kleine Trophäen. Und wie sich diese Treffer gegen West Ham United sehen lassen konnten: Flugkopfball Michael Olise, Seitfallzieher Eberechi Eze, Direktabnahme Jean-Philippe Mateta sowie ein erzwungenes Eigentor des vor dem einschussbereiten Daniel Muñoz klärenden West-Ham-Verteidigers Emerson.

Dem Führungstor durch Olise ging eine wunderbare halbminütige Kombination am gegnerischen Strafraum voraus, bei der sich die Palace-Spieler den Ball so geschickt und leichtfüßig zupassten, als wären die Ballbesitzkünstler von Manchester City am Werk gewesen. Den Post beschriftete der Verein mit nur einem Wort: “Fußball” – und versah ihn mit einem Fingerzeig auf das Video. Knapp zwei Millionen Leute haben sich den Clip angesehen. Denn so etwas Herrliches gab es bislang ja selten beim traditionsreichen Vorstadtklub südlich der Themse.

Seitdem der speziell um Palace sehr verdiente englische Trainerveteran Roy Hodgson vor zwei Monaten seinen Posten für den Österreicher Oliver Glasner räumte, sind die “Eagles” fast nicht mehr wiederzuerkennen. Es wirkt, als hätte Glasner die Flügel der blau-roten Adler, so der Spitzname des Klubs, neu ausgerichtet – so, wie zuletzt die Frankfurter Adler, mit denen ihm der Höhenflug zum Europa-League-Titel 2022 gelang. Plötzlich entfaltet der stets im Abstiegskampf eingeengte Palace-Adler seine ganze Spannweite und geht auf Torejagd.

Olympique Lyon meldete Interesse an Glasner an – der entschied sich für Crystal Palace

In seinen ersten acht Spielen gelangen Glasner mit dem Verein drei Siege und zwei Remis, darunter der prestigeträchtige Erfolg beim FC Liverpool vor anderthalb Wochen. Durch die erstmals in dieser Saison aufeinanderfolgende Dreifach-Ausbeute gegen Liverpool (1:0) und West Ham (5:2) hat Crystal Palace quasi den Ligaerhalt sichergestellt. Der Vorsprung auf die Abstiegszone vor dem Heimduell mit Newcastle United am Mittwoch beträgt elf Punkte – bei nur noch vier ausstehenden Spieltagen.

Die aufsteigende Flugbahn basiert auf Glasners Analyse des Klubs, die zu den gründlichsten der jüngeren Fußballgeschichte gehört. Palace stand mit Glasner schon seit November intensiv in Kontakt, als sich andeutete, dass eine vorzeitige Trennung von Hodgson eventuell notwendig werden könnte. Der österreichische Trainer besuchte sogar ein Heimspiel nach einem Austausch mit Vorstandschef und Mitbesitzer Steve Parish, der zum damaligen Zeitpunkt noch an seinem langjährigen Weggefährten Hodgson hing.

So gilt der US-Mehrheitseigentümer John Textor, der auch beim französischen Erstligisten Olympique Lyon das Sagen hat, als treibende Kraft hinter der Verpflichtung des 49-jährigen Glasner. Im Gespräch mit der BBC bestätigte er kürzlich überschwänglich, dass er Glasner immer verfolgt habe und dessen Arbeit liebe. Schon im Herbst bemühte sich Lyon eindringlich um seine Unterschrift, doch der Trainer lehnte das Angebot aufgrund der Sprachbarriere ab -vermutlich auch, weil er die Aussicht auf eine Anstellung in der Premier League als reizvoller empfunden haben dürfte.

Als erste Maßnahme etablierte Glasner nach seinem Amtsantritt Ende Februar eine 3-4-3-Formation, mit der er gewissermaßen auf Gold gestoßen ist. Bis dahin hatte die Mannschaft unter Hodgson fast ausschließlich mit einer Viererkette in der Abwehr agiert. Durch die Änderung der Grundordnung stabilisierte Glasner bei Palace die Defensive, sie bildet das Rückgrat für die hochbegabte Angriffsreihe um die international begehrten Eze und Olise. Die beiden technisch versierten Spielgestalter ergänzen sich mit der Durchsetzungsstärke des Stoßstürmers Jean-Philippe Mateta, der unter Glasners Regie in wenigen Wochen sechs seiner neun Ligatore in dieser Saison erzielt hat.

Anders als die meisten Trainer in der Premier League steht Glasner den Medien aufgeschlossen gegenüber

Der ehemalige Mainzer profitiert wie die spielerisch unterschätzte Mannschaft vom neuen Wagemut. Anstelle des bisherigen Sicherheitsfußballs, der stets nur den Klassenerhalt zum Ziel hatte, fördert Glasner das Potenzial der Mannschaft und möchte höher hinaus in der Tabelle, mindestens in die obere Hälfte. Die Ausrichtung wurde speziell gegen Liverpool und zuvor gegen Manchester City (2:4) sichtbar, als sich Palace nicht auf Schadensbegrenzung verständigte, sondern den offenen Schlagabtausch suchte.

Die Aufbruchstimmung unterlegt Glasner mit seinem verbindlichen Auftreten und der fundierten Kommunikation. Anders als die meisten Trainer in der Premier League steht der Trainer den Medien aufgeschlossen gegenüber. Bei seiner Vorstellungsrunde stellte er sich per Handschlag vor, sie glich einem Marathon für englische Verhältnisse, dauerte insgesamt fast eine Stunde. Auf diese Weise hat Glasner den Rückhalt der Fans gewonnen und ist zu einem Sympathieträger des häufig wenig beachteten Vereins geworden. Nach dem Erfolg gegen West Ham stellte er zufrieden fest, dass die Fans und Spieler glücklich seien – und er wirkte es auch.

Nach mehr als zehn Jahren, in denen sich Oliver Glasner aus den Niederungen der österreichischen Liga nach oben gearbeitet hat, ist ihm die Freude an seiner Tätigkeit in der Premier League anzusehen. Und diese überträgt sich auf seine Mannschaft. Nach dem furiosen Start gegen West Ham hielt sie in der zweiten Halbzeit ein weiteres Schmankerl parat: das fünfte Tor. Eze bediente Mateta mit einem Steckpass durch die Beine seines Gegenspielers. Der Klub spielte die Aktion in den sozialen Netzwerken genussvoll in Zeitlupe aus.

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