Die Winterstürme haben die Badestrände einiger Nordseeinseln fast komplett weggespült. »Eine ziemliche Katastrophe«, heißt es etwa auf Wangerooge. Was bedeutet das für die Urlaubssaison?
Wangerooge, Norderney, Borkum – Nordseeinseln nach Sturmfluten: Dem Strand fehlt der Sand
Heftige Stürme und Fluten zehren an den deutschen Nordseeinseln von Baltrum bis Sylt. Die bisherige Sturmflutsaison hat deutliche Schäden angerichtet – nicht nur an Schutzdünen, die dem Küstenschutz dienen, sondern auch an manchen Badestränden.
Die Ostfriesischen Inseln vor der niedersächsischen Küste verzeichneten dabei mehr Sandverluste als die Nordfriesischen Inseln in Schleswig-Holstein, wie aus einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa unter den Inselkommunen hervorgeht. Vor allem das Sturmtief »Zoltan« rund um Weihnachten richtete demnach Schäden an. Um etwa weggespülte Strände und fehlende Strandaufgänge wiederherzustellen, will Niedersachsens Landesregierung den Inseln finanziell helfen.
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Der Tourismus sei die Haupteinnahmequelle der Ostfriesischen Inseln, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies. Jährlich kämen knapp eine Million Urlauber aus Deutschland und den Nachbarländern auf die Inseln. »Es ist unsere Aufgabe, zu helfen, um Niedersachsen als Reiseland attraktiv zu halten«, sagt der SPD-Politiker. »Doch nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ökologischen Gründen müssen wir die Strände erhalten: Die Inseln sind ein einzigartiger Raum für Flora und Fauna und gleichzeitig wichtig für den Küstenschutz.«
Für die Hilfe beim Wiederaufbau von weggespülten Badestränden stehen bis zu 700.000 Euro zur Verfügung, wie das Wirtschaftsministerium in Hannover auf Anfrage mitteilte.
Wie sieht es aus auf den Urlaubsinseln?
Auf Wangerooge haben die Winterstürme den Hauptbadestrand nahezu komplett weggespült. »Das ist eine ziemliche Katastrophe«, sagt Rieka Beewen, Vertreterin des Bürgermeisters. Demnach fehlten knapp 80.000 Kubikmeter Sand. »Das ist in etwa das Niveau von 2022, wo wir wirklich auch schlimm betroffen waren«, so Beewen, die auch Kurdirektorin der östlichsten der Ostfriesischen Inseln ist. Ein bisschen Sand sei inzwischen zwar schon wieder neu an den Strand geweht – zum Baden reiche das aber nicht.
Die Gemeinde plant daher nun, ab Ende März mit Kipplastern, sogenannten Dumpern, neuen Sand aufzufahren. Die Kosten liegen Schätzungen zufolge bei 400.000 Euro.
Ähnlich ist das Schadensbild auch auf der kleinsten ostfriesischen Insel Baltrum. Am Nordstrand wurde durch das Sturmtief »Zoltan« so viel Sand abgetragen und Richtung Inselosten transportiert wie nach der heftigen Sturmflutsaison 2022. Rund 60.000 Kubikmeter Sand fehlen am Badestrand, wie Bürgermeister Harm Olchers schätzt.
Die Insel sucht Unternehmen, die den Sand mit Kipplastern vom Oststrand wieder an den Nordstrand bringen. Das soll im April und Mai so weit sein. Bis dahin bleibe der Insel weniger Platz, etwa um Strandkörbe für den Badestrand aufzustellen, teilte Olchers weiter mit. Den Badestrand kurzfristig weiter nach Osten zu verlegen, sei nicht umsetzbar und finanzierbar.
Zehntausende Kubikmeter Sand fehlen auch an den Stränden der Urlaubsinsel Norderney. »Nachdem die Sturmflutsaison im vorletzten Winter relativ ruhig verlief, hat der Blanke Hans in dieser Wintersaison 23/24 deutliche Spuren an unseren Stränden hinterlassen«, teilt Inselbürgermeister Frank Ulrichs mit. Vor allem am Strand »Weiße Düne«, der ohnehin schon stark erodiert gewesen sei, müsse nun Sand aufgefahren werden.
Ohne diese Maßnahme wäre ein touristischer Betrieb nicht möglich, sagt Ulrichs. »Das aktuelle Strandniveau liegt nochmals deutlich unter dem aus dem Jahre 2022. Auch am Weststrand wird Sand aufgefahren werden müssen.« Eine Gefahr für die Sicherheit der Insel bestehe aber nicht.
Auch die größte ostfriesische Insel Borkum hat die Winterstürme zu spüren bekommen. »Borkum ist von der Sturmflutsaison betroffen, und leider haben wir an allen Strandbereichen größere Sandmengen verloren«, erklärt Daniela Kastrau, Marketingleiterin der Nordseeheilbad Borkum GmbH.
Der Sandverlust sei von Ort zu Ort verschieden. Neben den Stränden sei vor allem der sogenannte Loopdeelenweg betroffen, ein Rundweg aus Holzdielen. Dessen Grundlage wurde laut Kastrau in Teilen weggespült. Borkums Nachbarinsel Juist hat auf die Anfrage der dpa nicht reagiert. Im Januar wurde aber berichtet, dass Sturmfluten, darunter der Orkantief »Zoltan« im Dezember bis zu elf Meter der Schutzdünen abgerissen hätten.
Vergleichsweise glimpflich kam die ostfriesische Insel Spiekeroog in dieser Sturmflutsaison davon. Nach Angaben von Bürgermeister Patrick Kösters hat das auch mit der Lage des Hauptbadestrandes zu tun, der etwa an der Mitte der Insel liegt und nicht im Inselwesten, wo Wind und Wellen besonders toben.
Sand gebe es am Strand genug, teilte der Rathauschef mit. Wie oft nach der Sturmflutsaison müsse aber Hand angelegt werden, etwa um Wege zum Strand zu erneuern und Treibsel oder Buschwerk zu beseitigen.
Neue Sandverluste sind auch in diesem Jahr auf Langeoog zu verzeichnen, vor allem am sogenannten Pirolatal. Dafür sei der Küstenschutz zuständig, sagte Bürgermeisterin Heike Horn. Erfahrungen der vergangenen Jahre zufolge werde voraussichtlich der Hundestrand und ein angrenzender Strandabschnitt zum Teil verlegt werden müssen.
Auch auf Sylt haben häufige und lang anhaltende Stürme in der Wintersaison die Strände zum Teil sichtbar in Mitleidenschaft gezogen. »Solche Jahre gibt es gelegentlich«, sagt Gritje Stöver von der Insel Sylt Tourismus-Service GmbH.
Wie stark die Strände Sylts tatsächlich betroffen sind und welche für den Küstenschutz notwendigen Maßnahmen getroffen werden müssen, bewertet der Landesbetrieb für Küstenschutz (LKN.SH) jedes Frühjahr bei seiner Strandbereisung. Dieses Jahr sind die Küstenschützer am Montag auf der Insel. Erst danach werde klarer, wie sich die Situation auf die Nutzung der Strände auswirkt, so Stöver.
An den Stränden des Inselortes Kampen halten sich die Sandverluste in dieser Wintersturmsaison »absolut im Rahmen, die extra vorgespülten Sanddepots wurden nicht zu stark ausgeräumt«, sagt Lars Lunk vom Tourismus-Service Kampen. Zudem habe es gerade eine lange Ostwindphase gegeben, sodass auf natürliche Weise einiges an Sand dazu gekommen ist. »Wir hoffen dennoch an der einen oder anderen Stelle frischen Sand zu bekommen.«
Auf Amrum waren größere Schäden nicht an der Strand-, sondern eher an der Wattseite zu finden. »Die Strandkulisse auf Amrum mit zehn Quadratkilometern Kniepsand ist seit jeher einer natürlichen Dynamik mit einhergehenden Veränderungen unterworfen und in gewisser Weise auch sturmerprobt«, sagt Frank Timpe, Geschäftsführer der Amrum Touristik. Amrum sei zwar auch der Sturmflut ausgesetzt gewesen, die etwa Versorgungsleitungen frei gespült hat. Dies sei aber nicht ungewöhnlich, »und die insularen Gemeinden sind mit ihren Bauhöfen in der Lage, die Schäden rechtzeitig zur Badesaison zu beheben«.
Auf der Wattseite hat die Sturmflut zwischen Nebel und Norddorf allerdings in einem Teilbereich empfindlich zugeschlagen und Abbrüche an der Uferkante verursacht. Der Bereich kann nach einer kurzzeitigen Sperrung inzwischen wieder begangen werden, die Arbeiten wie das Einbringen von Ausgleichsmaterial seien aktuell jedoch noch nicht abgeschlossen.
Auf der Nachbarinsel Föhr haben sich die Stürme ebenfalls bemerkbar gemacht, sagt eine Sprecherin der Föhr Tourismus. Die Gemeinden arbeiteten daran, für die Saison alles wieder flottzubekommen.
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