Lokaltermin im Oscar’s: Tatar und vegane Bowl

Entspannte Zeitlosigkeit: Gastraum des „Oscar’s“ im „Frankfurter Hof“

Geschäftsleute und Diplomaten, Musiker, Künstler und Schauspieler, Millionäre und Hochstapler, reiche Witwen und Geheimagenten – die Welt der großen internationalen Hotels ist eine ganz besondere. Sie ist ein ebenso schillerndes wie geheimnisvolles Reich voller Geschichten, Anekdoten und Legenden, das in Frankfurt von keinem Haus so natürlich und selbstbewusst repräsentiert wird wie vom „Frankfurter Hof“, dem Steigenberger-Hotel am Kaiserplatz. Die Herberge mit ihren heute gut 300 Zimmern ist eine Institution und seit ihrer Eröffnung 1876 eine der ersten Adressen in der Stadt. Sie hat die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und eine Reihe von Sanierungen und Renovierungen überstanden, Generationen von Gästen Quartier geboten und sich einen Ruf weit über Frankfurt hinaus erworben.

„Sharing“ auf klassische Art: Meeresfrüchte-Platte mit Austern, Crevetten, Pulpo, geräucherter Makrele und Graved Lachs.

Das gastronomische Herz des „Frankfurter Hofs“ schlägt seit der Schließung des Sterne-Restaurants „Français“ vor knapp zwei Jahren im „Oscar’s“, das mit dem Untertitel „Brasserie Moderne“ im Grunde perfekt beschrieben ist. Das lang gezogene Lokal im Erdgeschoss des Hotels bietet eine souveräne Mischung aus französischer Klassik und internationaler Moderne – nicht nur in kulinarischer Hinsicht. Dezent in Braun, Gold, Beige, Schwarz und Grau gehalten, strahlt das Art-déco-Interieur eine angenehm zwanglose Zeitlosigkeit aus und wirkt trotz mancher Auffrischung, die auch in einem solchen gastronomischen Dauerbrenner unumgänglich ist, als wäre es schon immer so gewesen, wie es heute ist.

Frankfurter Aushängeschild mit Anspruch und Standards

Dass es das natürlich nicht ist, zeigt schon der erste Blick auf die Karte. Dort finden sich nämlich neben typischen Bis­tro-Klassikern wie der großen Meeresfrüchte-Platte mit Austern, Crevetten, Pulpo, geräucherter Makrele und Graved Lachs, dem Beef-Tatar oder einem Caesar Salad auch eher vom Zeitgeist getragene Gerichte wie die vegane Bowl mit Quinoa, Kichererbsen, Avocado, Roter Bete und allerlei anderen Zutaten, das vegane Tomaten-Curry oder der Hamburger mit einem Patty aus Erbsenprotein und einer veganen Brioche. So hält die Moderne Einzug und fügt sich problemlos in den gediegenen Gesamteindruck des Küchenstils.

Natürlich wird im „Oscar’s“ auch ein nicht sonderlich innovatives, aber nicht ohne Grund altbewährtes und hier perfekt gemachtes Carpaccio vom Rinderfilet serviert. Ebenso Tagliatelle mit gehobeltem Trüffel und selbstverständlich auch ein Wiener Schnitzel, ganz klassisch mit lauwarmem Kartoffel-Gurken-Salat, Preiselbeeren, Zitrone, Kapern und Sardelle. Ohne diese Standards geht es in einem Lokal wie diesem nicht, entscheidend ist nur, dass sie dem Anspruch, den das „Oscar’s“ und das gesamte Haus selbstbewusst postulieren, auch gerecht werden – und das tun sie tatsächlich.

Über Geschmack und Preise lässt sich streiten, über Qualität nicht: 45 Euro für ein Wiener Schnitzel sind ein Wort, aber so tadellos wie hier kommt es selten auf den Tisch. Das gilt auch für die geschmorten Schweinebäckchen mit Nussbutter-Püree und Spitzkohl (39 Euro), das Heilbutt-Filet mit Rote-Bete-Risotto, Grünkohl und Pistazienkruste (45 Euro) und vor allem für die sehr empfehlenswerte, intensiv abgeschmeckte Bouillabaisse (44 Euro).

Sehr solide, aber durchaus noch ausbaufähig ist die Auswahl der Weine, die vom bemerkenswert aufmerksamen und umsichtigen Service ausgeschenkt werden. Auf der nicht sonderlich umfangreichen Karte finden sich allerlei bekannte Namen von Künstler, Molitor und Rings über Frescobaldi und bis Oyster Bay und Chateau Ste. Michelle. Was fehlt, sind ein paar ganz große Tropfen und die eine oder andere Überraschung. Ein bisschen mehr weinschmeckerische Breite und Kreativität wären einem Frankfurter Aushängeschild wie dem „Oscar’s“ durchaus angemessen.

„Oscar’s“ Hotel „Frankfurter Hof“, Am Kaiserplatz, Frankfurt, Telefon 21 51 18. Geöffnet täglich von 11.30 bis 23 Uhr, sonntags bis 24 Uhr.