Bürgergeld durchgefallen: Jobcenter-Mitarbeiter haben die Nase gestrichen voll

Die Mitarbeiter in den Jobcentern ärgern sich über zentrale Punkte der Bürgergeld-Reform. Die Auswertung einer Befragung zeigt nun, was sie alles an der Sozialleistung auszusetzen haben.

+++ Auch spannend: Bürgergeld: Regelsatz ist immer noch zu niedrig – bekommen Bezieher Hunderte Euro mehr? +++

Für die Ampel-Koalition ist das eher ein vernichtendes Urteil und dürfte die politische Diskussion über das Bürgergeld befeuern.

1.900 Beschäftigte in Jobcentern befragt – ihr Urteil ist heftig

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet vorab über die Bürgergeld-Studie, die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und der Universität Bochum um den Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Schupp durchgeführt wurde.

bürgergeld durchgefallen: jobcenter-mitarbeiter haben die nase gestrichen voll

Bürgergeld-Reform: Jobcenter-Reform stark in der Kritik.

Befragt wurden rund 1.900 Beschäftigte aus sieben NRW-Jobcentern. Schupp weist laut der SZ darauf hin, dass es keine repräsentative Befragung war und hält es für möglich, dass sich in den Antworten auch „grundsätzliche sozialpolitische Einstellungen widerspiegeln“ könnten. Also beispielsweise Vorurteile der Beschäftigten gegenüber ihren „Kunden“, also den Bürgergeld-Beziehern.

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Große Mehrheit beklagt zu milde Sanktionen für Bürgergeld-Bezieher

Der Befund der Studie ist jedoch eindeutig: Die befragten Jobcenter-Mitarbeiter bewerten die Bürgergeld-Reform insgesamt negativ und lehnen wichtige Bestandteile deutlich ab. Die Reform hat aus ihrer Sicht insgesamt zu einer Verschlechterung der Lage geführt. Besonders beklagt wird, dass sie durch mildere Sanktionen weniger Druckmittel in der Hand haben.

Das bewerten die Jobcenter-Mitarbeiter laut der Studie kritisch:

  • 73 Prozent lehnen die milderen Sanktionen im Bürgergeld ab.
  • 63 Prozent kritisieren, dass Bürgergeld-Bezieher jetzt weniger Bereitschaft zeigen, eine Arbeit aufzunehmen.
  • 62 Prozent stellen zudem fest, dass sie schlechter daran mitwirken, aus ihrer Hilfsbedürftigkeit herauszukommen.
  • 59 Prozent beklagen, dass die Empfänger weniger motiviert seien als zu Hartz-4-Zeiten.
  • 58 Prozent stört der höhere Regelsatz für Erwachsene.
  • 55 Prozent finden die höheren Freibeträge beim Schonvermögen nicht sinnvoll.

Wenige Punkte der Reform werden befürwortet

Zumindest aber werden einige Elemente der Bürgergeld-Reform von den Jobcenter-Mitarbeitern auch befürwortet. Das betrifft vor allem die bessere Betreuung der Langzeitarbeitslosen sowie mehr Geld für Kinder.

Das bewerten sie positiv:

  • 78 Prozent finden es gut, dass es nun mehr Coaching für Langzeitarbeitslose gibt.
  • 55 Prozent halten den höheren Regelsatz für Kinder für richtig.
  • 47 Prozent immerhin begrüßen es, dass die Bagatellgrenze eingeführt wurde, also Kleinbeträge nicht mehr mit einem hohen bürokratischen Aufwand eingefordert werden.

Insgesamt aber ist es ein ziemlich schlechtes Urteil für das Bürgergeld und dürfte den Druck auf SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil erhöhen, Teile der Reform anzupassen. Zuletzt etwa forderte die FDP höhere Sanktionen von 30 Prozent schon ab dem ersten Monat und nicht mehr wie derzeit in dem Stufenmodell von jeweils 10 Prozent mehr.

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