Markus Söder untergräbt mit seiner China-Reise die deutsche Politik gegenüber dem Reich der Mitte. Das sollten sich Kanzler Scholz und CDU-Chef Merz nicht gefallen lassen.
Plüschpandas knuddeln: Markus Söder versuchte mit seiner Inszenierung in Peking einen Befreiungsschlag.
Anfang des Monats veröffentlichte die Wochenzeitung „Die Zeit“ ein Porträt über Markus Söder am „toten Punkt“. Er erscheine gelangweilt vom Amt. Schlimmer noch: Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef wirke getrieben vom Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, in welchem er in Sachen schmerzfreier Populismus seinen Meister gefunden habe.
Mit einer China-Reise von Sonntag bis Mittwoch versuchte Söder den Befreiungsschlag. Die gesamte Reise war ein sorgfältig inszenierter Klassenunterschied zu seinem Quälgeist Aiwanger.
Hier der bayerische Wirtschaftsminister, der es maximal zum Gastgeber des „Hock di her“-Wirtschaftsdialogs mit chinesischen Unternehmen in München bringt. Dort der Staatsmann Söder, der das Reich der Mitte unter dem Motto „Pandadiplomatie“ bereist, als tatkräftiger Türöffner für die bayerische Wirtschaft, hofiert von der Nummer zwei der neuen Weltmacht, dem Premierminister Li Qiang.
Nun könnte man neidlos Söders PR-Profitum beim Produzieren von Bildern mit Pandas („knuffig und friedlich“), scharfem Essen („#söderisst“) und Führern des kommunistischen Parteistaats anerkennen und das Ganze als bayerisches Provinztheater abtun. Doch Söder untergräbt mit seiner Anbiederung an Peking sowohl die China-Politik der CDU/CSU als auch die der Bundesregierung.
Dieser bundespolitische Schaden ist Chinas Gewinn. Mit Söder, der immer noch Kanzlerkandidat werden könnte, hat sich Peking einen dicken Fisch geangelt mit seiner Taktik, deutschen Provinzfürsten den roten Teppich auszurollen. Söder zeigte sich vor dem Abflug stolz, auf „persönliche Einladung“ des chinesischen Premiers zu reisen.
Er verkauft seinen Ansatz als „Real- statt Moralpolitik“. Söder behauptet, er sei „nicht naiv“. Doch der CSU-Chef betreibt Pseudo-Realpolitik für ein Traumwelten-China, das in Söders Vorstellung so „knuffig und friedlich“ zu sein scheint wie die von ihm fotowirksam besuchten Pandas.
Das reale China und eine notwendige Realpolitik beschreibt das vor einem Jahr veröffentlichte wegweisende Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Söder sendet ein fatales Signal der Schwäche gegenüber Peking.
Thorsten Benner, Direktor des Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin, über Söders China-Reise
Das Prinzip „Frieden durch Handel“, so das Papier, sei nicht nur gegenüber Russland, sondern auch gegenüber China gescheitert: „Eine kommunistische Führung in China, die nach Globalisierung unter ihrer Vorherrschaft strebt, die Staatswirtschaft betreibt, die offen ideologiegetrieben, hegemonial, dabei auch militärisch ausgreifender agiert, droht auf Dauer kein verlässlicher Handelspartner zu sein.“
CDU/CSU fordern als Antwort einen „nationalen Konsens“, China-Politik aus einer „Position der Einigkeit und der eigenen Stärke“ und eine „kohärente, nachhaltige und ganzheitliche Strategie der Bundes-, Landes- und Kommunalebenen“. Ähnlich argumentiert die letzten Sommer von der Bundesregierung verabschiedete China-Strategie.
China strebe an, „wirtschaftliche und technologische Abhängigkeiten zu schaffen, um diese dann zur Durchsetzung politischer Ziele und Interessen zu nutzen“. Deshalb gehe es um Verringerung von Abhängigkeiten und „Betrachtung von wirtschaftlichen Entscheidungen auch unter geopolitischen Aspekten“.
Söder bringt Gastgeschenke für Chinas Wirtschaft
Söder verfolgt einen chinapolitischen Revisionismus gegen den Konsens von CDU/CSU und Ampel-Koalition – und auch gegen den Kurs von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. In bester Schröder-Merkel-Tradition von „Wandel durch Handel“ erklärt er, „Pandadiplomatie“ heiße „sich in kleinen Schritten annähern, über wirtschaftliche Bereiche versuchen, im Gespräch zu sein“.
Söder sendet ein fatales Signal der Schwäche gegenüber Peking: „Gerade in Zeiten, wo die deutsche und bayerische Wirtschaft jede Unterstützung braucht“, so Söder, „sind wir auch gerne dabei, weiter Türöffner zu sein.“ Statt Risikominderung und Diversifizierung setzt Söder auf Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen mit China. Da kann Söder noch so sehr auf Notwendigkeit fairer Wettbewerbsbedingungen hinweisen. Peking wird das wenig beeindrucken.
Denn Söder nimmt als Gastgeschenk für Chinas Premier gleich EU-Zölle vom Tisch, eines der wirksamsten Schutzinstrumente und ein Anreiz für eine Verhaltensänderung Pekings in Sachen industrielle Überkapazitäten und unfairer Wettbewerb. Söder behauptet, er habe bei Chinas Premier schwierige Themen wie den „Krieg in der Ukraine“ und „Menschenrechtssituation“ angesprochen.
Doch nicht der Krieg ist das Problem, sondern die Partnerschaft von Chinas Staatschef Xi Jinping mit Wladimir Putin, die Söder erst gar nicht erwähnt. Und während der gesamten Reise hatte Söder kein einziges Gespräch mit Fokus auf Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.
Söders Pandadiplomatie hat nur zwei Profiteure: Söders Ego und Peking. Den Schaden trägt Deutschland. CDU-Chef Friedrich Merz muss Söders chinapolitischen Revisionismus klar in die Schranken weisen. Und Kanzler Olaf Scholz muss bei seiner China-Reise Mitte April deutlich machen, dass wahre Realpolitik statt Anbiederung den chinapolitischen Kurs bestimmt.
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