Bayer Leverkusen: Magie, vielleicht sogar schwarze?

bayer leverkusen: magie, vielleicht sogar schwarze?

Der Ball flippert umher, bis ihn Robert Andrich (2. v. r.) mit einem kräftigem Linksschuss zum 2:2 ins Stuttgarter Tor befördert.

Gegen den VfB trifft Meister Leverkusen zum 15. Mal in der Nachspielzeit und bleibt damit zum 46. Mal in Serie unbesiegt. Die Stuttgarter müssen sich vor allem über sich selbst ärgern.

Magie, vielleicht sogar schwarze?

“Deutscher Fußball-Meister”, sang das Stadion frenetisch, aber die Vertreter des deutschen Fußball-Meisters standen betreten in der Landschaft und fühlten sich überhaupt nicht wohl in ihrer Meisterhaut. Soeben hatte Deniz Undav das 2:0 für den VfB Stuttgart erzielt, und den Spielern von Bayer Leverkusen war auf einmal der Ernst des Fußball-Lebens wieder bewusst. Eine gute halbe Stunde blieb ihnen noch, um die drohende Niederlage abzuwenden – die erste in der laufenden Saison. Und schon wieder rollte ein Angriff der Stuttgarter auf ihr Tor zu, Serhou Guirassy hatte freie Bahn und brauchte den Ball bloß in die Ecke zu schieben. Er verzog den Schuss um eine Kleinigkeit.

Um 20:19 Uhr brach die Nachspielzeit an, und es wurde kritisch für Bayer 04. Amine Adli hatte seine Elf inzwischen auf 1:2 herangebracht, doch gegen den Ausgleich hatte sich der VfB und allen voran dessen brillanter Torwart Alexander Nübel erfolgreich gewehrt. Fünf Minuten gewährte Schiedsrichter Felix Zwayer. Vier davon waren schon weitgehend ereignislos verstrichen, und diesmal schienen die Leverkusener wirklich fällig zu sein, ehe es doch wieder passierte.

Ein letzter Freistoß flog von der linken Seite ins übervölkerte Strafraumzentrum, Victor Boniface kam mit dem Kopf nicht heran, der Ball flipperte umher, bis ihn Robert Andrich mit einem kräftigem Linksschuss durch einen Wald von tausend Beinen zum 2:2 ins Netz beförderte. Magie? Vielleicht sogar schwarze? Andere Erklärungen kann es eigentlich nicht geben, so eine Serie hat die Fußballwelt wohl noch nicht gesehen.

Das Saisonprotokoll besagt, dass Bayer am Samstagabend nicht nur zum 46. Mal unbesiegt geblieben ist, sondern auch zum 15. Mal in der Nachspielzeit ins Tor getroffen hat. Die Serie fing an mit dem 8:0, das Adam Hlozek im ersten Saisonmatch beim Pokalgegner Teutonia Ottensen schoss, und als man meinte, mit Josip Stanisic’ Ausgleich in Dortmund habe man nun wirklich genug gesehen von diesem Zauber, da fand die Geschichte bei Andrich einen weiteren verrückten Schlusspunkt. Und es kommen ja noch einige Partien von hoher Wichtigkeit. AS Rom, am kommenden Donnerstag Gegner im Halbfinale der Europa League, ist gewarnt vor einem Gegner, der über seltsame Kräfte verfügt.

Kurz vor Schluss verhindert Bayer-Keeper Hradecky die Vorentscheidung

Der VfB kann für sich in Anspruch nehmen, den offenbar unbezwingbaren Meister gleich dreimal mit der Aussicht auf eine Niederlage konfrontiert zu haben. Das Remis im Hinspiel war ein Spektakel mit zwei konträren Halbzeiten, und auch beim Pokalspiel im Februar hatten die Stuttgarter am Leverkusener Last-Minute-Nimbus leiden müssen, Jonathan Tah traf zum 3:2 in der 90. Minute. Schockstarr standen nun die VfB-Profis am Anstoßpunkt und hatten keine Lust mehr, noch mal gegen den Ball zu treten. Zwayer pfiff erneut an, um im nächsten Moment gleich wieder abzupfeifen – und im Stadion herrschte Karnevalsstimmung.

Die Stuttgarter mussten sich aber vor allem über sich selbst ärgern, sie hatten beste Gelegenheiten zum 3:1 ausgelassen, Chris Führich, Schütze des 1:0, verpasste die Entscheidung ebenso haarscharf wie Guirassy. Kurz vor Schluss verhinderte Bayer-Keeper Lukas Hradecky mit einer großen Parade die Vorentscheidung. Längst besaß das eher mühsam in die Gänge gekommene Spiel den erwarteten hohen Unterhaltungswert. Die Hausherren fanden nicht zu der spielerischen Dominanz, die sie sonst immer auszeichnete, aber der Kampf und der gemeinsame Wille hielten die Mannschaft im Geschehen.

Bis zur Pause hatten die Zuschauer noch ein Spitzenspiel gesehen, das nur in Andeutungen Spitzenfußball zu erkennen gab. Beide Seiten mussten auf ihre Vorarbeiter verzichten, Granit Xhaka fehlte Bayer wegen einer Gelb-Sperre, Angelo Stiller dem VfB aus dem gleichen Grund. Die Stuttgarter kamen mit ihrem Nachteil besser zurecht. Exequiel Palacios und Robert Andrich bildeten zwar eine exzellente Mittelfeldzentrale, dennoch fehlte Xhakas ordnende Hand und damit auch die gewohnte Spielkontrolle. Da auch noch Florian Wirtz auf der Ersatzbank saß und erst eine Viertelstunde vor Schluss in die Partie kam, ließ Bayer das übliche souveräne Pass-Spiel vermissen. Der VfB ging zielstrebiger vor, konnte sich aber in den entscheidenden offensiven Zweikämpfen nicht durchsetzen.

Ein Spiel wie tausend andere aber hat dieser Abend in Leverkusen wieder nicht geboten.

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