Bayer-Hauptversammlung: Aktionäre attackieren CEO Bill Anderson

»Das Haus Bayer brennt lichterloh«: Investoren haben den neuen Chef des krisengeplagten Leverkusener Chemie- und Pharmakonzerns auf der Hauptversammlung öffentlich scharf angegriffen. Und Bill Anderson? Der bat um Geduld.

bayer-hauptversammlung: aktionäre attackieren ceo bill anderson

Bayer-Hauptversammlung: Aktionäre attackieren CEO Bill Anderson

Es ist die erste Hauptversammlung von Bayer-Chef Bill Anderson – und die Kritik der Aktionäre und Investoren ist bereits gewaltig. »Herr Anderson, Sie haben im ersten Jahr am Kapitalmarkt kein Vertrauen aufbauen können«, bemängelte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance, bei der Fondsgesellschaft Deka die Performance des neuen Vorstandschefs. »Ein gelungener Start sieht anders aus.«

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war – und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Die Investoren blickten auf ein verlorenes Jahr zurück, seit der letzten Hauptversammlung sei der Aktienkurs um 52 Prozent eingebrochen, so Speich. »Unter Ihrer Führung, Herr Anderson, hat sich der Abwärtstrend und damit der Niedergang der Aktie sogar noch beschleunigt.« Die Deka wolle daher den Vorstand von Bayer nicht entlasten, kündigte Speich an.

Der mit Spannung erwartete Kapitalmarkttag im März, an dem Anderson seine Strategie vorstellte, brachte laut Speich keine substanziellen neuen Erkenntnisse. Die größten Herausforderungen blieben weiter ungelöst. »Das Haus Bayer brennt lichterloh und Sie als Hausherr fangen zuerst einmal an aufzuräumen, anstatt die Brände zu löschen.« Anderson habe es versäumt, die nötigen Impulse zu setzen und den Kapitalmarkt von seiner Strategie zu überzeugen. »Wir erwarten eine viel stärkere Konzentration auf die Reduzierung der Rechtsrisiken, Verbesserung der Pharmapipeline und ein schlagkräftigeres Agrargeschäft.«

Online-Format, um Angriff auf der Bühne zu entgehen?

Der Amerikaner Bill Anderson steht seit Juni vergangenen Jahres an der Spitze des Pharma- und Agrarkonzerns Bayer. Die Erwartungen zu seinem Amtsantritt waren hoch. Anderson muss den Konzern, der vor einem hohen Schuldenberg und einem Verlust von fast drei Milliarden Euro im vergangenen Jahr steht, aus einer tiefen Krise führen. Lesen Sie hier: Die vier Probleme von Bayer.

Zum Kapitalmarkttag hatte Anderson gesagt, dass er derzeit keine Aufspaltung des Konzerns – wie von manchen Investoren gefordert – plant. In seiner bereits am Montag veröffentlichten Rede warb er um Geduld: »Es wird keine schnelle Lösung innerhalb eines Jahres sein, und es wird schwierige Momente geben«, sagte er laut Redetext. »Aber ich bin überzeugt, dass es einen Weg gibt, die Wende bei Bayer zu schaffen – und genau diesen Weg gehen wir.«

Immerhin die Fondsgesellschaft DWS kam zum Schluss, dass Anderson wichtige Impulse gesetzt habe. »Uns ist bewusst, dass die Effekte dieser Maßnahmen teilweise erst mit Verzögerung eintreten werden«, sagte ihr Vertreter Hendrik Schmidt.

Vorstandschef Anderson verwies auf Fortschritte, die Bayer im vergangenen Jahr gemacht habe. Man müsse sich aber eingestehen, dass es noch große Baustellen gebe. Den Umbau des Unternehmens, bei dem viele Stellen von Führungskräften gestrichen und so die Abläufe und Absprachen vereinfacht werden sollen, verteidigte er.

Bayer ist in einer schwierigen Lage. Die Klagewelle in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken durch glyphosathaltige Unkrautvernichter beschäftigt den Konzern seit Jahren und hat Milliarden gekostet. Analysten sehen zudem Milliardenrisiken durch US-Klagen im Zusammengang mit schon seit Jahrzehnten verbotenen Umweltgift PCB. Beides ist Erbe des 2018 für über 60 Milliarden US-Dollar übernommenen US-Agrarchemiekonzerns Monsanto, den der damalige Bayer-Chef Werner Baumann auch gegen den Widerstand von Investoren durchgeboxt hatte.

Angesichts der Rechtsprobleme fehlte Bayer Geld, die Pharmasparte mit großen Übernahmen zu stärken. Zwar gab es viele kleinere und mittelgroße Deals, bis sich diese nachhaltig auszahlen, dürfte es aber noch länger dauern. In der Zwischenzeit nagt der schrittweise Wegfall von Patenten auf bisherige Medikamenten-Klassenschlager am Umsatz. 2023 erlitt Bayer einen Verlust von 2,9 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 47,6 Milliarden Euro.

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World