Chinesische Autos: Kampfansage an VW, Mercedes und BMW

chinesische autos: kampfansage an vw, mercedes und bmw

China-Böller: BYD präsentiert seinen elektrischen Luxusboliden Yangwang U8 am Stammsitz in Shenzhen.

Die Box auf dem Dach des Autos öffnet sich auf Knopfdruck. Darunter versteckt sich eine Drohne, die sanft abhebt. Sie erkennt das Auto automatisch, folgt ihm durch den Wald und schickt die Aufnahmen direkt auf einen Bildschirm im Fahrzeug. So zumindest ist es in einem Werbevideo zweier Weltmarktführer aus Shenzhen zu sehen. Der eine ist DJI, der umstrittene Marktführer für Drohnen, der sich auf amerikanischen Sanktionslisten wiederfand und dessen Produkte auf beiden Seiten im Krieg in der Ukraine eingesetzt werden.

Der andere ist BYD, der größte Elektroautohersteller der Welt. Erst vor wenigen Wochen hat das Unternehmen den amerikanischen Elektropionier Tesla als führenden Hersteller von Batterieautos abgelöst. Jetzt bläst der Konzern, dessen Buch­staben für „Build Your Dreams“ stehen, nicht nur mit einer Schiffsflotte zur Ex­port­offensive nach Europa, sondern auch mit Milliardeninvestitionen zur Techoffensive. Am Mittwoch kündigte Unternehmensgründer Wang Chuanfu auf dem „Dream Day“ des Konzerns ein Inves­titionspaket von 100 Milliarden Yuan, umgerechnet rund 13 Milliarden Euro, an, ohne einen genauen Zeitraum zu nennen. In der ersten Hälfte des Wettrennens im Automarkt sei es um Elektrifizierung gegangen, in der zweiten gehe es um digitale Intelligenz, zitiert ihn die „South China Morning Post“.

Einmal mehr untermauert BYD den Anspruch, eine globale Führungsrolle zu übernehmen. Westliche Autokonzerne wie Volkswagen oder Stellantis, die als Massenhersteller tonangebend sind, dürften nervös werden. BYD zielt mit erschwing­lichen Elektroautos wie dem kompakten Dolphin oder dem Atto 3 direkt auf Kunden, um die auch VW mit seinen Fahrzeugen wie ID.3 oder ID.4 buhlt – und das zu deutlich günstigeren Preisen. Doch auch Premiumhersteller wie BMW und Mercedes werden von den Chinesen ins Visier genommen, das zeigt der „Dream Day“.

Vom Fortbewegungsmittel zur Spielekonsole

Zu ihrer Offensive gehört manches, was spielerisch daherkommt, etwa das Auto mit der Drohne: Nach Angaben von BYD ist es das erste derartige Fahrzeug auf der Welt. Verbaut ist die Technik in einem Yangwang, einer der Luxusmarken des Unternehmens. Die Aufnahmen könnten das Reiseerlebnis verbessern, verspricht BYD. Auch dass die Autos, wenn sie parken, zur Computerspielkonsole werden, dient eher der Unterhaltung. Statt das reale Auto zu bewegen, können die Kunden mit Lenkrad und Pedalen Computerspiele spielen – virtuelle Autorennen bieten sich geradezu an. Was anderswo als Schnickschnack abgetan wird, ist in der Volksrepublik ein Verkaufsargument und spricht die Technikbegeisterung vieler Chinesen an.

Anderes, was BYD präsentiert, wirkt ernsthafter. 4000 Ingenieure widmeten sich dem automatisierten Fahren, heißt es, in diesem Jahr würden 10 Modelle mit neuen Assistenzsystemen ausgestattet. In Autos, die mehr als 300.000 Yuan (knapp 40.000 Euro) kosteten, sei eine neue Autopilot-Funktion vorinstalliert, lässt sich Wang zitieren. Sie erlaube dem Fahrer, in bestimmten Situationen die Hände vom Lenkrad zu nehmen – wenn auch zunächst nur für die begrenzte Zeit von 15 Sekunden. Das dazugehörige KI-Modell besitze die „größte Datengrundlage der Industrie“, heißt es in einer Mit­teilung. Wie die rechtlichen Bedingungen bei Unfällen sind, ließ BYD zunächst offen.

Im Kampf um die unteren Preissegmente hat sich der Konzern in China längst von den Rivalen abgesetzt – mehr als jedes dritte verkaufte Elektroauto oder Plug-in-Hybrid-Fahrzeug in der Volksrepublik stammte vergangenes Jahr vom Konzern aus Shenzhen. Seine Batterien stellt er selbst her, dadurch sind die Fahrzeuge günstiger als die der Konkurrenz. In der digitalen Ausstattung und beim automatisierten Fahren gelten dagegen bislang andere als führend, darunter die Start-ups Xpeng, an dem VW beteiligt ist, oder Nio. Die Tech-Konzerne Huawei, Baidu und Xiaomi mischen auch mit. Huawei hat Gemeinschaftsunternehmen mit großen Herstellern gegründet und im November seine eigene Smart-Car-Einheit ausgegliedert. Ende Dezember präsentierte Smartphone-Riese Xiaomi sein erstes Fahrzeug und verschärft so den Wettbewerb in Chinas digitaler Auto-Landschaft weiter.

Partner der EM in Deutschland

Um in Europa die Marke bekannt zu machen, ist den Chinesen vor ein paar Tagen ein Marketingcoup gelungen: BYD wird offizieller Partner der Fußball-EM 2024 in Deutschland – und löst als solchen ausgerechnet VW ab. Als die Uefa am vergangenen Freitag die Chinesen als neuen Partner vorstellte, kündigte BYD-Europachef Michael Shu sogleich an: „Wir sind fest entschlossen, Elektromobilität für alle verfügbar zu machen.“ Während des Turniers wird BYD eine Flotte von Elektrofahrzeugen an den deutschen Spielorten einsetzen.

Noch sind die Marktanteile in Deutschland klein. Aber die Strategie, den hiesigen Markt aufzumischen, ist klar erkennbar. Zu den größten fünf Herstellern in Europa wollen die Chinesen innerhalb weniger Jahre zählen; in Schweden führte der Atto 3 zwischenzeitlich sogar schon einmal die Zulassungsstatistik an. Ein Großauftrag des Autovermieters Sixt, der 100.000 Elek­troautos bei BYD bestellt hat, erhöht die Sichtbarkeit der Marke auf den Straßen. In Ungarn baut BYD eine erste Fabrik, die in zwei bis drei Jahren fertig sein könnte. Seinen Dolphin bietet BYD seit Oktober auch in Deutschland an. Er wird von den Händler aktuell einschließlich eines kräftigen Rabatts auf den Listenpreis für 25.990 Eu­ro verkauft und ist damit einige Tausend Euro günstiger als der ähnlich große ID.3 von VW.

Dass das meiste Geld aber in der automobilen Oberklasse verdient wird, wissen die Chinesen genau. Und so bieten sie etwa den Yangwang U8 als elektrische Alternative zur gut 150.000 Euro teuren Mercedes G-Klasse an. Der Yangwang U9 wiederum ist ein elektrischer Supersport­wagen, der mit einer Leistung von 1100 PS wie ein futuristischer Lamborghini daherkommt und es locker mit den M-Sportwagen von BMW aufnehmen kann.

Gut aufgestellt durch „starkes Produktportfolio“

Im Premiumsegment ist es viel schwerer, eine Marke aufzubauen als im Massenmarkt. Und doch sind Mercedes und andere Hersteller gewarnt. Eine BMW-Sprecherin sagte, dass man „als international agierendes Unternehmen“ die Aktivitäten anderer Automobilhersteller beobachte, so auch diejenigen von BYD: „Mit unserem starken Produktportfolio sehen wir uns auch in Zukunft sehr gut aufgestellt.“ BMW bietet etwa die fast fünfeinhalb Meter lange Luxuslimousine der 7er-Reihe als elektrischen i7 an, die mit zwei Elektromotoren die Leistung von 544 PS auf 660 PS steigert. Wem das nicht reicht, kann auf den XM zurückgreifen, ein 2,8 Tonnen schweres SUV, das es mit V8-Benziner und Elektroantrieb auf 748 PS bringt, von 0 auf 100 in 3,8 Sekunden beschleunigt und kaum unter 200.000 Euro zu haben ist. Reiche Amerikaner und Chinesen sind die bevorzugte Klientel.

Für Mercedes ist die Volksrepublik ein besonders wichtiger Markt, wenn es um Luxus geht. Nirgendwo verkaufen die Schwaben mehr Autos ihrer Edelmarke Maybach, und nirgendwo mehr Elektroautos als im Reich der Mitte. Das auf dem Mercedes EQS basierende Maybach-SUV bietet nicht nur mehr Leistung und Reichweite, sondern verwöhnt seine Insassen mit bequemen Loungeliegen im Fond samt Minibar und einer Konsole mit Haltern für Champagnerkelche.

BYD begnügt sich auch im Luxussegment nicht mit dem großen Heimatmarkt China. Die eigene Premiummarke Denza soll noch dieses Jahr in Europa starten. Einem deutschen Konkurrenten ist Denza bestens bekannt. An der war Mercedes lange zur Hälfte beteiligt, inzwischen halten die Stuttgarter aber nur noch ein Zehntel. Auch die Marken Yangwang und Fang Cheng Bao sollen exportiert werden – vermutlich mit neuen Namen, die in den Ohren westlicher Käufer besser klingen.

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World