Bahnausbau: Mit Tempo 230 von Hanau nach Fulda

bahnausbau: mit tempo 230 von hanau nach fulda

Doppler-Effekt: Die Bahnstrecke von Hanau nach Gelnhausen soll von zwei auf vier Gleise wachsen – damit schnelle und langsame Züge sich nicht mehr stören.

Wenn eine Strecke überlastet ist, dann hat das Bahnrecht dafür einen sachlich-beschönigenden Fachbegriff: „Überlasteter Schienenweg“. Einer der übelsten davon ist der Schienenstrang durch das Kinzigtal, ein Engpass auf einer der laut Berthold Huber vom Vorstand der Deutschen Bahn wichtigsten Routen Deutschlands vom Rhein-Main-Gebiet in Richtung Norden nach Hamburg oder Berlin. In den nächsten Jahren sollen von Hanau bis nach Fulda zusätzliche Schienen verlegt werden, am Montag sind die Arbeiten für den Abschnitt bis Gelnhausen offiziell begonnen worden.

Der Festakt zum Spatenstich ist das eine, der tatsächliche Baubeginn das andere: Schon seit dem vergangenen Jahr wird an der Strecke gearbeitet. Unter anderem ist in Gelnhausen ein elektronisches Stellwerk errichtet worden, um während der Bauarbeiten den Zugverkehr zu steuern; auch am Bahnhof wird schon gebaggert. Auswirkungen hat das Projekt auch auf den Straßenverkehr, wenn die Strecke um zwei Gleise erweitert wird: Überführungen und Brücken – mehr als 20 an der Zahl – müssen angepasst werden. Eines der aufwendigeren Vorhaben dabei hat schon im vergangenen Jahr begonnen, in zwei Bauabschnitten wird eine Brücke über die Autobahn 66 bei Gelnhausen abgerissen und neu errichtet. Noch in diesem Jahr soll das erledigt werden. Nach Hubers Angaben sind bislang schon rund 100 Millionen Euro als Vorleistung verbaut worden.

Kosten von rund zwei Milliarden Euro veranschlagt

Durch die Erweiterung soll vor allem der Verkehr auf dem Nadelöhr durch das Kinzigtal entzerrt werden. Bisher rollen alle Züge über dieselben Gleise, aber künftig sollen die schnelleren Bahnen zwei Gleise zur Verfügung bekommen. Damit würden die Verkehre der Bahn entflochten, sagte Huber beim Festakt. Das Tempo wird steigen. Bisher können auf der Strecke maximal 160 Stundenkilometer gefahren werden, nach dem Ausbau sollen bis zu 230 Kilometer pro Stunde möglich sein.

23 Kilometer lang ist das Teilstück von Hanau nach Gelnhausen, das nun ausgebaut wird. Geschehen soll das laut Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Verkehrsministerium und Beauftragter des Bundes für den Schienenverkehr, größtenteils unter „rollendem Rad“: Auch während der Arbeiten sollen pro Tag rund 350 Züge das Kinzigtal passieren. Theurer machte die Dimensionen des Vorhabens deutlich: Allein für diesen Abschnitt sollen 690 Millionen Euro ausgegeben werden, inklusive der behindertengerechten Modernisierung von Bahnhöfen sowie dem Bau neuer Schallschutzwände und Oberleitungen.

Für das ganze Projekt wird mit fast zwei Milliarden Euro Kosten gerechnet. Beim Ausbau des Schienenstrangs bis Fulda ist der nun begonnene Abschnitt vergleichsweise unproblematisch: Die Schienen werden entlang der vorhandenen Gleise verlegt, laut Bahn minimiert das die Eingriffe in die Landschaft entlang der Strecke. Von Hanau bis nach Hanau-Wolfgang und von Gelnhausen nach Gelnhausen-Hailer werden jeweils zwei neue Stränge verlegt, der Rest der Strecke ist schon jetzt dreigleisig, muss also nur um ein weiteres Gleis ergänzt werden. Die Aufteilung der Verkehre steht schon fest: Die beide äußeren Gleise werden die Regionalbahnen nutzen, die beiden inneren sind für Schnell- und Güterzüge.

Im weiteren Verlauf des Ausbaus ist es dann allerdings nicht mehr damit getan, die vorhandene Bahn zu erweitern – östlich von Gelnhausen nach Fulda wird es eine zweigleisige Neubaustrecke geben. Um deren Verlauf war lange gestritten worden, schließlich wurde sich im Sommer 2023 für eine südliche Variante entschieden, sehr zum Unmut der Kommunen Bad Soden-Salmünster, Kalbach, Schlüchtern und Steinau, die auf eine nördlich zum Vogelsberg hin gelegene Schienenführung gehofft hatten.

Von einem Glückstag sprach Knut Ringat, der Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbunds. Denn der Ausbau schaffe auch Kapazitäten für den Regionalverkehr, dessen Bahnen dann zum Beispiel nicht mehr auf die Vorbeifahrt eines verspäteten ICEs warten müssten. Das Projekt sei Teil des „größten Ausbaus der Infrastruktur“ im Rhein-Main-Gebiet, sagte Ringat und nannte den Ausbau der S-Bahn-Linie 6, die Regionaltangente West und die nordmainische S-Bahn von Frankfurt nach Hanau.

Hessens Verkehrsminister Kaweh Mansoori (SPD) hatte zuvor auch die Generalsanierung der Riedbahn als Teil der „Infrastruktur-Offensive“ genannt, die nach Wunsch von Huber „kräftig, kraftvoll und mutig“ fortgesetzt werden soll, denn „wir haben kein Nachfrageproblem“. Einen Wunsch hatte auch Thorsten Stolz (SPD), der Landrat des Main-Kinzig-Kreises: Man werde sich 2036 zur Eröffnung der Strecke wieder treffen – pünktlich wie geplant, sagte er zur Erheiterung der Besucher des Festakts.

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