Autoshow Peking: Jetzt jagen die Deutschen die Chinesen

autoshow peking: jetzt jagen die deutschen die chinesen

BYD stellt sein neuestes Modell vor.

Er ist weder zu sehen noch zu übersehen. Der Xiaomi-Gründer wird stets von mindestens einer Hundertschaft an Fans, Bewunderern und Sicherheitsleuten umringt. Irgendwo in dem Gemenge muss er sein. Zu sehen bekommt man ihn aber höchstens indirekt: Auf den Bildschirmen der Smartphones, die die Fans in die Höhe recken, um Lei Jun zu fotografieren.

Lei ist der unumstrittene Superstar der diesjährigen Automesse in Peking. Bisher war Xiaomi vor allem für Elektronik bekannt, die Smartphones des Pekinger Konzerns gehören zu den meistverkauften der Welt. Doch mit seinem Konzern ist Lei gerade spektakulär in die Autobranche eingestiegen. Das Elektroauto SU7, das es in mehreren Versionen gibt und dessen Design stark an das von Porsche erinnert, stößt auf riesiges Interesse. 70.000 Bestellungen hat Xiaomi schon bekommen, das Jahresziel gerade auf 100.000 Fahrzeuge angehoben.

autoshow peking: jetzt jagen die deutschen die chinesen

Xiamoi-Chef Lei Jun stellt das Auto des Handyherstellers vor.

Deutschen sind nur bei Verbrennern Platzhirsche

Xiaomi ist der wahrscheinlich letzte große Jäger, der sich in das unübersichtliche Getümmel der chinesischen Autobranche wirft. Die Gejagten indes, das zeigt die Autoshow in Peking überdeutlich, sind nicht mehr die westlichen Autokonzerne, es sind Chinas neue Krösusse, allen voran BYD . „Weltmeister der New Energy Vehicles“ (NEV) prangt auf dem Stand des Shenzhener Konzerns großspurig. Unter NEV werden in China Elektroautos, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenautos zusammengefasst.

Die deutschen Hersteller sind im alten, schwindenden Verbrennergeschäft noch die Platzhirsche. In der neuen Elektrowelt sind sie einer der vielen Jäger. „Wir stehen nicht still“, sagte Mercedes -Chef Ola Källenius am Donnerstag vor Journalisten und tönte: „China-Speed ist Schwaben-Speed.“ Mercedes zeigte in Peking erstmals die Elektroversion seiner G-Klasse, des markanten kastenförmigen Geländewagens. Der BMW-Konzern brachte eine modernisierte Viererserie mit, vor allem aber das neue kompakte Elektro-SUV Mini Aceman. Der Volkswagen -Konzern ist mit 44 Modellen seiner verschiedenen Marken präsent. In den Tagen vor der Messe hatte er sein 40-Jahr-Jubiläum in China zelebriert und mit einem Kapitalmarkttag zur Elektro-Aufholjagd geblasen.

China als globaler Auto-Leitmarkt

Die Messe, die im Wechsel in Peking und Schanghai stattfindet, ist die wichtigste Autoshow Chinas. Während die Formate in Europa unter Schwindsucht leiden, sich mit neuen Konzepten in die Innenstadt retten und politisch rechtfertigen müssen, gibt es dergleichen in Peking nicht. Stattdessen handelt es sich um eine klassische Messe, auf der die Hersteller vor allem große, luxuriöse Autos mit viel technischer Ausstattung ausstellen. Etliche der Elektro-SUVs der chinesischen Marken muten fast militärisch an und erinnern an Hummer. Viele Konzerne haben sogenannte Multi-Purpose-Vehicle mitgebracht. Die MPV sind eine in China sehr beliebte Kreuzung aus Kleinbus und Van, die deutsche Hersteller bisher kaum zu bieten haben. In einem der chinesischen MPV ist ein Rücksitz verbaut, der per Knopfdruck aus dem Auto gehoben wird und dann zum elektrischen Rollstuhl wird.

Der chinesische Automarkt ist inzwischen der globale Leitmarkt. Drei von zehn Autos werden hier verkauft. Noch viel dominanter ist die Volksrepublik bei neuen Antrieben. „Der chinesische Markt für E-Autos ist größer als der europäische und amerikanische zusammen“, sagt Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, in Peking. In den wichtigsten Städten ist längst mehr als jedes zweite verkaufte Auto ein NEV, für ganz China rechnen viele noch in diesem Jahr mit einer Wachablösung. Verbrenner sind bei den neu verkauften Autos dann nur noch in der Minderheit.

Keiner ist so offensiv wie die deutschen Hersteller

Das hat dramatische Folgen für die Marktanteile: Insgesamt ist laut dem VDA nur jedes dritte in China verkaufte Auto von einer chinesischen Marke, bei Elektroautos sind es aber vier von fünf. Deutsche Marken kommen dort nur auf einen Anteil von 6 Prozent. Immerhin: Sie machen damit ein Drittel der Anteile ausländischer Hersteller aus.

Wie unterschiedlich diese den chinesischen Markt angehen, zeigt die Messe deutlich. Die Deutschen haben sich für den Kampf entschieden und wollen verpasste Entwicklungen wie die MPVs, den Boom der Plug-in-Hybride oder digitale Cockpits aufholen. Nach den chinesischen Herstellern sind sie die zweitgrößte Gruppe. Auch einige koreanische und japanische Marken wie Nissan, Kia, Honda und Toyota zeigen sich, ebenso amerikanische wie Ford, Chevrolet und Cadillac, alle allerdings weniger offensiv als die deutschen. Französische Marken spielen gar keine Rolle.

Sorge vor der Smartphone-Konkurrenz ist groß

Das Interesse des Publikums ist am Freitag an den Ständen vieler chinesischer Hersteller am größten. Unzählige Influencer drehen Livestreams und bewerten die Fahrzeuge für ihre Anhänger in Chinas Sozialen Medien. Groß ist das Interesse bei BYD, dem Start-up Nio , das für seine Batterietausch-Technologie bekannt ist, oder Zeekr, einer Elektro-Marke des Geely -Imperiums, das auch an Mercedes beteiligt ist.

Voll ist es auch bei Aito, dem großen Aufsteiger der vergangenen Monate. An dem ist der andere große Smartphone-Konzern Chinas beteiligt: Huawei . Die Autos stehen wie bei Xiaomi in den Läden direkt neben den Handys. In den ersten drei Monaten verkaufte Aito mehr als 80.000 Autos, fast doppelt so viel wie Volkswagen, wie aus einer Übersicht des Schanghaier Beratungshauses Automobility hervorgeht. Doch offenbar ist die Sorge vor der neuen Smartphone-Auto-Konkurrenz groß: Chinesischen Berichten zufolge erstattet Aito Kunden, die ihre Bestellung eines Xiaomi-Autos kündigen, die Buchungsgebühr von 5000 RMB, rund 650 Euro. Das zeigt, mit welch harten Bandagen die Autokonzerne in der Volksrepublik um ihre Kunden kämpfen.

In diesem Wettbewerb versuchen es auf der Messe manche mit Rennsimulatoren, andere bestechen die Kunden mit kostenlosem Kaffee. Fast alle haben meist spindeldürre Hostessen und Hosts engagiert, die sich an die Fahrzeuge schmiegen. Fast immer sind es chinesische Models. Die britische Marke MG, die seit einigen Jahren dem Schanghaier Staatskonzern und VW-Partner SAIC gehört, will aber als besonders international wahrgenommen werden. Dort räkeln sich westliche Models.

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