Autoritäre Versuchung: Scholz wirbt für Wissenschaftsaustausch mit China

autoritäre versuchung: scholz wirbt für wissenschaftsaustausch mit china

China-Strategie-vergessen: Olaf Scholz in Peking

Bundeskanzler Scholz hat sich auf seiner Chinareise für eine Ausweitung des Wissenschaftsaustauschs mit China ausgesprochen. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die steigende Zahl chinesischer Studenten in Deutschland.

Für Austauschbeziehungen dieser Art gibt es einen verbindlichen Rahmen. Das ist der Kodex für deutsche Hochschulprojekte im Ausland, den der Deutsche Akademische Austauschdienst und die Hochschulrektorenkonferenz gemeinsam beschlossen haben. Der Kodex verfolgt einen partnerschaftlichen Ansatz. Er verpflichtet die Partner zur Gewährleistung der Freiheit von Forschung und Lehre und eines diskriminierungsfreien Zugangs zum Studium sowie zur Ausübung von Forschung und Lehre ohne Ansehen der Herkunft, weltanschaulich-konfessioneller Orientierung oder Geschlecht der Teilnehmer. Diese Grundsätze fanden Niederschlag in der „Chinastrategie der Bundesregierung“ vom Juli 2023, wo es heißt, Kooperationen mit chinesischen Partnern müssten „den Ansprüchen unseres Bildungs- und Wissenschaftssystems, und dabei insbesondere dem Gedanken der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre, gerecht werden“.

autoritäre versuchung: scholz wirbt für wissenschaftsaustausch mit china

A large screen shows news coverage of German Chancellor Olaf Scholz meeting with Chinese President Xi Jinping (out of frame) in Beijing on April 16, 2024. (Photo by Pedro PARDO / AFP)

Erzwungenes Wohlverhalten

Diese Vorgaben sind ebenso eindeutig wie die Tatsache, dass die Volksrepublik China ihnen nicht entsprechen kann und will. Die staatliche Überwachung von Forschung und Lehre ist in China endemisch, sie erstreckt sich systematisch auch auf eigene Staatsbürger im Ausland. China unterhält quasipolizeiliche und damit illegale Überwachungsstationen in mehreren Dutzend Ländern. Die Nichtregierungsorganisation „Safeguard Defenders“ nennt 53 Länder mit solchen Überwachungsstationen und deren örtliche Stationen im Ausland – Standort in Deutschland ist Frankfurt am Main – sowie die zuständigen Führungsinstanzen in China. Chinesische Studenten im Ausland wissen, dass sie bei mangelndem Wohlverhalten, ganz zu schweigen von Kritik am eigenen Staat und der eigenen Regierung, mit Repressionen zu rechnen haben, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern auch für Familienangehörige zu Hause.

Folglich sind Kooperationsprojekte mit chinesischen Partnern für deutsche Hochschulen mit handfesten wissenschaftsethischen Herausforderungen verbunden. Evidenzbasiertes Forschen und Lehren ist kein bloßes Schlagwort, es bedeutet im Wissenschaftsalltag, die Dinge beim Namen zu nennen. Nicht immer sofort und bei jeder Gelegenheit, aber spätestens dann, wenn es um grundlegende Entscheidungen der Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen autoritär regierter Länder geht.

An Versuchungen hierzu fehlt es nicht. Der letzte Verfassungsschutzbericht des Bundesinnenministeriums benennt sie in aller Klarheit. Dort heißt es: „China versteht es, für Personen aus Wissenschaft und Wirtschaft Anreize zu setzen, um Informationen zu beschaffen. Obendrein gelingt es dem Staat, intrinsisch motivierte Personen in ihrem Entschluss zu bekräftigen, bereits vorhandenes Wissen nach China zu transferieren, ohne auf den Einsatz klassischer nachrichtendienstlicher Mittel und Methoden zurückgreifen zu müssen.“

Ausdrücklich erwähnt werden im Verfassungsschutzbericht die insgesamt neunzehn Konfuzius-Institute an deutschen Universitäten. Sie werden als Teil der „Einflussnahmestrategie“ der Kommunistischen Partei Chinas bezeichnet. Ein Anwendungsfall also für De-Risking. Nach den Ankündigungen des Bundeskanzlers in China fragt man sich allerdings, wie ernst die Bundesregierung ihre eigenen Risikoanalysen nimmt.

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