Produktion des neuen 4-Zylinder Dieselmotors im Werk Kölleda Production of the new four-cylinder d data-portal-copyright=
Wegen steigender Umweltauflagen verschwinden in Europa viele Dieselaggregate und Sechszylinder. Übrig bleiben Verbrenner mit vier und acht Zylindern, die noch sehr lange laufen werden.
Die deutschen Autohersteller nehmen immer mehr Verbrennungsmotoren aus ihrem Programm. So will etwa Mercedes-Benz bei der nächsten Generation von kompakten Modellen wie CLA, GLA oder GLB weder Dieselmotoren noch Plug-in-Hybride anbieten, erfuhr das Handelsblatt aus Konzernkreisen. Die Baureihen werden ausschließlich vollelektrisch oder als Benziner vertrieben.
Auch BMW dünnt sein Aggregatportfolio in Europa kräftig aus. In der neuen 5er-Reihe gibt es jeweils nur noch einen reinen Vierzylinder Benzin und Diesel, dafür zwei Plug-in-Hybride und gleich drei reine Elektrovarianten. Die klassischen Sechszylindermotoren – einst der Markenkern der Münchener – baut BMW in seinem Werk im österreichischen Steyr lediglich für Exportmärkte wie die USA.
Der Kehraus von Diesel und Benzinern erfolgt in einer kritischen Phase. Denn die Nachfrage nach Verbrennern ist unerwartet hoch. Das Geschäft mit Elektroautos schwächelt dagegen. In Europa und den USA stagnieren die Marktanteile. Hierzulande sind die Verkäufe reiner Stromer im ersten Quartal sogar um 14 Prozent auf lediglich 81.000 Fahrzeuge geschrumpft. Der Volkswagen-Konzern hat in Europa sogar 24 Prozent weniger E-Autos verkauft als noch im Vorjahresquartal.
Trotz der Elektroflaute versuchen BMW, Mercedes und VW, das Angebot an Verbrennungsmotoren auf ein Minimum zu reduzieren. Hintergrund ist die Regulierung in der EU. Hier müssen die Hersteller einerseits immer strengere Flottengrenzwerte für klimaschädliche Abgase einhalten. Andererseits sind im neuen Euro-7-Standard erstmals auch Vorgaben zum Reifen- und Bremsabrieb vorgesehen.
Dank intensiver Lobbyarbeit konnte die Branche zwar eine darüber hinausgehende Verschärfung der Grenzwerte abwenden. Dennoch müssen alle Autohersteller ihre Motorenprogramme neu zertifizieren lassen und rechnen mit zusätzlichem Aufwand.
„Der Ausstoß von Stickoxiden und Feinstaub muss künftig in jedem Auto gemessen werden. Das ist für Benzinmotoren noch nicht erprobt“, klagt ein Ingenieur eines großen Herstellers. „Ein Großteil der Ingenieure in der Motorenentwicklung ist damit befasst, die Motoren gesetzeskonform zu halten“, so der Entwickler. Selbst wenn die Stückzahlen stagnierten, treibe das die Kosten in die Höhe.
Die Folge: Obwohl die Autohersteller wieder mehr Verbrenner verkaufen, werden sie Schritt für Schritt das Angebot ihrer Aggregate ausdünnen. „Im Massenmarkt wird sich jeder Hersteller noch einen Vierzylinder halten“, sagt Dietmar Voggenreiter von der Beratungsagentur Horváth.
Für den ehemaligen Audi-Vorstand ist auch klar, auf welche Motoren die Kunden als Erstes verzichten müssen. „Der Diesel spielt nur in Europa eine Rolle und wird daher am stärksten unter Druck geraten“, glaubt Voggenreiter.
Volkswagen will konzernweit im Jahr 2026 die Entwicklung von Verbrennungsmotoren einstellen und ab 2033 aus dem Verkauf von Dieseln und Benzinern aussteigen. Zur Frage, wie stark die Euro-7-Norm das Motorenangebot von VW einschränken wird, könne man „noch keine konkrete Aussage treffen“, hieß es von einem Sprecher der Marke VW.
Klar ist aber, dass etwa der kompakte Vierzylindermotor 1.5 TSI Evo2 noch lange eine „tragende Säule“ im Portfolio von Europas größtem Fahrzeughersteller sein wird, der vom T-Cross bis zum Passat Variant viele Modelle antreibt.
Es gibt heute kein klares Exit-Szenario für den Verbrenner
Bei der Wahl ihrer Motorenstrategie müssen die deutschen Autobauer die ganze Welt im Blick haben. „Es gibt heute kein klares Exit-Szenario für den Verbrenner“, sagt Horváth-Berater Voggenreiter. „Ein Verbrennerverbot gibt es zunächst 2035 nur für Europa, in den USA und China ist die Entwicklung sehr viel offener“, sagt der ehemalige Audi-Vorstand.
Die Hersteller seien deshalb gut beraten, sich nicht zu früh festzulegen, denn Europa steht nun mal nur für 20 Prozent des weltweiten Automarkts. Produktionskapazitäten für den Motorenbau haben die Hersteller noch reichlich, vor allem viele Zulieferer sind für die zusätzlichen Aufträge dankbar. Damit bekommen sie mehr Zeit für die Transformation zum Stromauto.
So fördert China zwar die Elektromobilität, doch der Verkehrssektor soll erst 2060 klimaneutral gestellt werden. In den USA ist die Klimapolitik vor dem Ausgang der Präsidentschaftswahlen völlig offen. Sollte Donald Trump gewinnen, dürften Verbrennungsmotoren in den Vereinigten Staaten eine Renaissance erleben.
„Die Premiumhersteller werden dann versuchen, die Sechs- und Achtzylinder als leistungsstarke Plug-in-Hybride möglichst lange im Markt zu halten, denn die großen Benziner laufen vor allem in den USA sehr gut“, sagt Voggenreiter.
In den USA wollen BMW und Mercedes auf große Verbrenner nicht verzichten
So plant BMW für die neue 5er-Reihe, über die kommenden Jahre in Europa jedes zweite Auto mit Elektroantrieb auszuliefern, den Rest sollen Verbrenner oder Hybride abdecken. Weltweit kalkuliert der Konzern jedoch anders: Rund 60 Prozent sollen auf Verbrenner entfallen – vor allem wegen der erwarteten Nachfrage aus den USA.
Auch Mercedes bleibt trotz geringerer Motorenauswahl dem Verbrenner länger treu als geplant. Neun von zehn Limousinen und SUVs, die Mercedes heute verkauft, haben nach wie vor einen Verbrennungsmotor unter der Haube. Auch hier haben die Schwaben den US-Markt fest im Blick: Daher modernisiert Mercedes unter anderem noch mal seinen Achtzylindermotor M176 und das Bruder-Aggregat M177 der Tuningtochter AMG.
Die beiden Triebwerke sind Garanten für hohe Profite. Besonders bei AMG gilt der V8 als Markenkern, der eine treue Fangemeinde bei wuchtigen Modellen wie S-Klasse, GLE oder G-Klasse hat. Das soll noch lange so bleiben, heißt es in Konzernkreisen.
Ohnedies bleibt das Portfolio an Benzinmotoren bei Mercedes noch vergleichsweise üppig: Der Vierzylinder M254, der Sechszylinder M256 sowie ein Kooperationsmotor mit dem chinesischen Autokonzern Geely gelten für die nächsten Jahre als gesetzt. Bei AMG kommt noch der M139 dazu. Lediglich der zweite AMG-Vierzylinder M260 könnte mittelfristig aussortiert werden.
Gekürzt wird am oberen Ende: Der Zwölfzylindermotor dürfte bei Mercedes allmählich auslaufen, erklären Insider. Das in die Jahre gekommene Triebwerk wird mittlerweile nur noch für zwei Nischenversionen der Luxuslimousine S-Klasse verwendet: die edle Maybach-Variante und die gepanzerte „Guard“-Option.
Der Schadstoffausstoß des Aggregats ist hoch, die Stückzahlen sind sehr klein. Lediglich 972 Motoren mit zwölf Zylindern hat Mercedes im Jahr 2022 produziert, wie Daten der Analysefirma Marklines zeigen. Auch die Zukunft des Sechszylinder-Dieselmotors OM656 ist angesichts recht geringer Produktionseinheiten von etwa 55.000 pro Jahr in Deutschland offen.
Das Ziel, die Investitionen in die Verbrennertechnik bis 2026 um 80 Prozent zu reduzieren, „bleibt bestehen“, sagte ein Unternehmenssprecher von Mercedes.
Die ersten Autohersteller werfen ihre Motorenproduktion zusammen
Ob das reicht, ist nicht nur bei Mercedes eine offene Frage. Denn je länger die Motoren im Markt bleiben, desto mehr müssen die Hersteller investieren, um die Umweltauflagen erfüllen zu können.
Auf die erste Phase der Reduzierung des Angebots an Aggregaten könnte bald eine zweite Phase folgen: die Konsolidierung. Den Anfang machen Renault, der chinesische Geely-Konzern und der saudische Ölkonzern Aramco, die unter dem Namen „Horse“ ihre Motorenwerke zusammenführen.
Das neue Unternehmen soll die Produktion auf weniger Standorte konzentrieren, doch vor allem außerhalb von Europa könnten die Stückzahlen deutlich steigen. „Horse“ soll die Fertigung sogar von heute fünf auf bis zu acht Millionen Verbrennungsmotoren ausweiten und neben Renault und Geely weitere Marken bedienen. Solch ein „Last man standing“-Konzept haben die deutschen Autohersteller bislang noch nicht vorgestellt.
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