Arbeitszeit: (Etwas) mehr Männer arbeiten Teilzeit – aber oft nicht für die Familie

Jede zweite Frau in Deutschland arbeitet in Teilzeit, auch Männer reduzieren öfter. Auf mehr Unterstützung bei der Familienarbeit können Frauen bei ihren Männern aber in der Regel nicht setzen.

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Arbeitszeit: (Etwas) mehr Männer arbeiten Teilzeit – aber oft nicht für die Familie

Viele Frauen möchten ihre Arbeitszeit ausweiten. Doch vergangenes Jahr ist der Anteil von Frauen und Männern, die in Teilzeit arbeiten, weiter angestiegen. 2023 arbeiteten 31 Prozent der Angestellten hierzulande verkürzt – insgesamt 12,2 Millionen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Gegenüber dem Vorjahr (30 Prozent) ist die Teilzeitquote damit erneut leicht gestiegen.

Besonders häufig arbeiten Frauen in Teilzeit, darunter vor allem Mütter. Jede zweite Frau war im vergangenen Jahr in Teilzeit tätig, ihr Anteil ist allen politischen Bemühungen um mehr Frauenerwerbsarbeit zum Trotz sogar weiter angestiegen – von 49,2 Prozent im Jahr 2022 auf 49,9 Prozent 2023. Vor allem die Geburt des eigenen Kindes führt bei Frauen zu einer Reduktion der Arbeitszeit: 67 Prozent aller Mütter mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren waren in Teilzeit tätig.

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Bei den Männern ist der Anteil derjenigen, die Teilzeit arbeiten ebenfalls gewachsen, wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Waren es 2022 noch 12,7 Prozent der männlichen Angestellten, die nicht Vollzeit arbeiteten, ist der Anteil 2023 auf 13,3 Prozent angestiegen. Unter den angestellten Vätern mit mindestens einem Kind unter 18 lag der Anteil der Teilzeitkräfte allerdings deutlich niedriger: bei nur neun Prozent.

Viele Männer gehen für Studium oder Fortbildung in Teilzeit

Dazu passt, dass Männer, die Teilzeit arbeiten, dies anders als Frauen deutlich seltener zugunsten der eigenen Familie tun. Während 27 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen die Betreuung von Kindern als Grund für die reduzierte Arbeitszeit angaben, traf dies bei Männern lediglich auf knapp sechs Prozent zu. Dagegen war für 24 Prozent der Männer eine Aus- oder Fortbildung beziehungsweise ein Studium ursächlich für die Teilzeitbeschäftigung. Bei Frauen traf dies nur auf acht Prozent zu. Dies deutet darauf hin, dass Familie und Betreuungssituation der Kinder auf die Arbeitszeit von Männern weniger Einfluss hat und dass die traditionelle Rollenaufteilung weiterhin dominiert.

Daneben gibt es allerdings noch zahlreiche weitere Gründe für Teilzeitarbeit. Auch Krankheit oder das fehlende Angebot von Vollzeitjobs können Gründe sein. Mehr als ein Viertel (27 Prozent) aller Teilzeitbeschäftigten arbeitet einfach auf eigenen Wunsch weniger. Ihr Anteil war unter Frauen mit 29 Prozent höher als unter Männern mit 23 Prozent.

Die Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch, sprach angesichts der jüngsten Teilzeitstatistik von einer »ungleichen Verteilung von Erwerbsarbeit«. Sie werde zu einem größeren Teil von Männern erledigt, Sorgearbeit überwiegend von Frauen. Das gehe »für viele Frauen mit hohen sozialen Risiken einher«, sagte Kohlrausch.

Wegen des Fachkräftemangels wird über eine stärkere Aktivierung von Teilzeitbeschäftigten diskutiert. »Allerdings wiesen 2023 die meisten Mangelberufe für nichtakademische Fachkräfte einen stark unterdurchschnittlichen Teilzeitanteil auf«, teilen die Statistiker mit. Eine Ausnahme bildet die Bereiche Gesundheits- und Krankenpflege sowie Altenpflege: Hier lagen die Teilzeitanteile mit 39 und 43 Prozent klar über dem Durchschnitt. »Gründe hierfür sind nicht nur der sehr hohe Anteil weiblicher Arbeitskräfte, sondern auch die außerordentliche Arbeitsbelastung.« Dagegen war die Teilzeitquote in der Energietechnik sowie im Bereich Klempnerei, Heizungs-, Sanitär- und Klimatechnik – wo Fachkräfte zur Umsetzung der Energiewende gebraucht werden – mit jeweils gut fünf Prozent sehr niedrig.

Dem WSI zufolge kann das Erwerbspotenzial von Frauen nur ausgebaut werden, wenn es zu einer fairen Verteilung von Sorgearbeit kommt. »Dafür brauchen Paare zeitliche Spielräume, die zum Teil durch den Ausbau der Kinderbetreuung erreicht werden können«, sagte Kohlrausch. »Diese ist zuletzt aber sogar eher unzuverlässiger geworden, sodass einige Eltern darauf mit Arbeitszeitverkürzung reagiert haben.«

Zusätzlich dürfte es allerdings auch darauf ankommen, dass Männer in Partnerschaften solch eine Verteilung überhaupt wollen.

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