Robert Habecks Pläne zur CO₂-Speicherung stoßen in Ampel auf Widerstand

Wirtschaftsminister Habeck hat einen Vorschlag zur CO₂-Speicherung auf hoher See vorgelegt. Das stößt auf Skepsis in der Ampel – nicht nur in der SPD, sondern auch in Habecks eigener Partei.

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Robert Habecks Pläne zur CO₂-Speicherung stoßen in Ampel auf Widerstand

Dem Klima helfen, indem Kohlendioxid tief unter dem Meeresgrund gespeichert wird: Mit diesem Vorschlag stößt Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) in den Fraktionen von SPD und Grünen auf Widerstand.

Es geht um CCS, die Abkürzung steht für »Carbon Dioxide Capture and Storage«. CO₂ soll dann bei industriellen Prozessen eingefangen, zu einer unterirdischen Lagerstätte gebracht und dort gespeichert werden. Das gilt als teuer und ist wissenschaftlich umstritten. Habeck will für besonders klimaschädliche Branchen die unterirdische Speicherung von CO₂ auf hoher See ermöglichen. »Die Technik ist sicher«, sagte er. Habeck zufolge soll eine Speicherung an Land vorerst ausgeschlossen bleiben. Auch Meeresschutzgebiete würden ausgenommen.

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In der Ampelkoalition vermag er damit aber nicht alle Kritikerinnen und Kritiker zu überzugen. »Die Ampelkoalition hat sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, CCS nur für unvermeidbare Restemissionen zuzulassen«, sagte die SPD-Energieexpertin Nina Scheer den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Die Vorlage von Habeck gehe darüber jedoch deutlich hinaus.

Scheer kritisierte, dass Habeck CCS auch für Gaskraftwerke und Biomasseanlagen »im Sinne eines technologieoffenen Übergangs zu einem klimaneutralen Stromsystem« zulassen will. Hier spreche sich hingegen die SPD-Fraktion »für den Vorrang von CO₂-Vermeidung« aus, so Scheer.

In Berlin verwies Scheer zudem auf ein Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zu CCS aus dem vergangenen Jahr. »Die Abscheidung von CO₂ darf nicht in Konkurrenz zur Energiewende treten. Deswegen schließt die SPD-Bundestagsfraktion in Abwägung mit Folgelasten und Risiken die Anwendung von CCS bei der Energiegewinnung aus«, zitierte die SPD-Politikerin aus dem Text.

Die Möglichkeit zum Einsatz von CCS auch für Gaskraftwerke »halte ich beispielsweise für sehr gefährlich«, schrieb die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger bei X, vormals Twitter. Dies gelte auch dann, wenn, wie von Habeck geplant diese nicht staatlich gefördert werden solle. Sie verwies auf Pläne für neue fossile Energieprojekte in Verbindung mit CCS, die es in anderen Ländern schon gebe.

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Klimaexpertin Lisa Badum. »CCS bei Gaskraftwerken lehnt die grüne Bundestagsfraktion ab«, sagte sie dem Portal »T-Online«. Davon abgesehen stimmte sie aber den Plänen Habecks zu, die Kohlendioxidspeicherung vor allem unter dem Meeresboden zu ermöglichen, wenn Emissionen in bestimmten Bereichen nicht vermieden werden können.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) begrüßte dagegen Habecks Pläne. »Es ist gut und richtig, dass das Bundeswirtschaftsministerium dafür jetzt konkrete Vorschläge gemacht hat«, sagte sie. Allerdings müsse die Technologie im Einklang mit den deutschen Klimazielen stehen und auf das Ziel der Treibhausgasneutralität 2045 einzahlen.

Von einem »Dammbruch« sprach der Umweltverband BUND. »Das Wirtschaftsministerium hat heute mit der Deregulierung kommerzieller CCS-Technik die Büchse der Pandora geöffnet«, kritisierte der Vorsitzende Olaf Bandt. Habeck setze damit die Abkehr von fossilen Energien aufs Spiel. »Diese Strategie erlaubt der Industrie ein ›Weiter so‹ und bremst dringend notwendige drastische Maßnahmen zur Emissionsvermeidung aus«, warnte Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid.

Umwelt- und Klimaverbände wenden sich vor allem dagegen, den Einsatz der CCS-Technik auch für Gaskraftwerke zu ermöglichen. Genau dies sei zuvor bei Konsensgesprächen ausgeschlossen worden. Die Kehrtwende von Habeck in diesem Punkt »droht die gesellschaftliche Akzeptanz jeder Art von CCS in Deutschland zu zerstören«, warnte Germanwatch-Klimaexperte Simon Wolf. Er forderte den Minister auf, auf »den Pfad der Vernunft« zurückzukehren.

Die Eckpunkte für die Carbon Management Strategie und der Gesetzentwurf sind aktuell in der Ressortabstimmung. Danach folgen die Länder- und Verbändeanhörung. Anschließend berät das Kabinett über den Entwurf. Habeck sagte, die Papiere seien »geeint« zwischen den Partnern der Ampelkoalition.

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