Richard David Precht: Kein Ermittlungsverfahren wegen Podcast-Aussagen über orthodoxe Juden

Sätze über orthodoxe Juden brachten Richard David Precht Antisemitismusvorwürfe ein – und Anzeigen. Die Staatsanwaltschaft Mainz befand nun, er habe »in Unkenntnis über den jüdischen Glauben« gesprochen, aber nicht feindselig.

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Richard David Precht: Kein Ermittlungsverfahren wegen Podcast-Aussagen über orthodoxe Juden

In einer Folge des ZDF-Podcasts »Lanz und Precht« im vergangenen Oktober hatte der Buchautor Richard David Precht falsche Dinge über orthodoxe Juden behauptet. So hatte Precht gesagt, die Religion verbiete streng orthodoxen Juden zu arbeiten – »ein paar Sachen, wie Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte ausgenommen«.

Die Vorlage zu der Aussage gab Lanz, der von seinen Begegnungen mit Orthodoxen in Israel erzählte: »Die meisten von ihnen arbeiten nicht, weil sie sich vollumfänglich der Religion widmen.« Prechts Reaktion bestätigte er mit Einwürfen wie »richtig« und »genau«.

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Die Redaktion entfernte die entsprechende Stelle später und bedauerte, dass »komplexe Zusammenhänge verkürzt dargestellt« worden seien, »was missverständlich interpretiert werden konnte«. In einer darauffolgenden Ausgabe des Podcasts entschuldigten sich Precht und Lanz. Precht sagte: »All die Menschen, deren religiöse Gefühle ich verletzt habe oder die sich verzerrt dargestellt gesehen haben oder die das an antisemitische Klischees erinnert hat, bei denen entschuldige ich mich ganz und gar, denn nichts liegt mir ferner, als irgendetwas in diese Richtung von mir zu geben.«

Die israelische Botschaft in Deutschland hatte zuvor getwittert, »Lieber Richard David Precht, wenn man keine Ahnung vom Judentum hat, sollte man besser nichts darüber sagen, als uralte antisemitische Verschwörungstheorien aufzuwärmen.« Und die CDU-Politikerin Karin Prien schrieb: »Antisemitische Stereotype by Superphilosoph Richard David Precht. Deutschland 2023. Fassungslos.«

Es gab aber nicht nur Kritik, sondern auch mehrere Anzeigen gegen Precht, Lanz und Sendungsverantwortliche. Mit der Prüfung war die Staatsanwaltschaft Mainz befasst, da dort das ZDF seinen Sitz hat. Wie das Nachrichtenportal »T-Online« nun meldet, hat die Behörde entschieden, kein Ermittlungsverfahren gegen Richard David Precht und Markus Lanz wegen Äußerungen in deren ZDF-Podcast zu führen.

Nach einer Prüfung der Aussagen von Precht über orthodoxe Juden sehe man keinen entsprechenden Anfangsverdacht wegen Volksverhetzung, heißt es dort unter Bedrufung auf die leitende Staatsanwältin Andrea Keller. Precht habe demnach »unbedacht und in Unkenntnis über den jüdischen Glauben« gesprochen, die Äußerungen könnten auch »als unwahr, unsachlich und letztlich Ausfluss der historischen Diffamierung des Judentums angesehen werden«.

Aber Richard David Precht habe laut der Staatsanwältin aber weder feindselige Haltung gegenüber orthodoxen Juden hervorrufen wollen noch selbst eine feindselige Gesinnung. Für die Bewertung hätten auch die nachträglichen, öffentlichen Äußerungen und die Entschuldigung von Precht eine Rolle gespielt. Unter anderem trat Precht nach den Vorwürfen des Antisemitismus von seiner Honorarprofessur an der Leuphana Universität in Lüneburg zurück.

ZDF-Intendant Norbert Himmler hatte auf mehrere Programmbeschwerden geantwortet, in dem Podcast sei »uns ein Fehler unterlaufen. Da gibt es nichts zu beschönigen.« Man habe den Vorfall zum Anlass genommen, »unsere redaktionellen Prozesse und Verantwortlichkeiten bei der Abnahme des Podcasts zu hinterfragen, damit unsere Publikationen mit der gebotenen Gründlichkeit und Qualität geprüft werden«.

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