Baden-Württemberg: Neue Details zur Razzia gegen »Reichsbürger« im November

Im November gingen Ermittler bundesweit gegen sogenannte »Reichsbürger« vor, vor allem im Südwesten. Das Stuttgarter Innenministerium gab dazu jetzt Einzelheiten bekannt – und Auskunft über das Milieu.

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Baden-Württemberg: Neue Details zur Razzia gegen »Reichsbürger« im November

Vor knapp zwei Monaten durchsuchten Ordnungshüter 20 Wohnungen von mutmaßlichen »Reichsbürgern« in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern. Nun sind neue Details zu den Vorgängen bekannt geworden. So handelt es sich bei den neun Beschuldigten um fünf Frauen im Alter von 54 bis 73 Jahren (54, 57, 57, 61, 73) und um vier Männer im Alter von 33 bis 59 Jahren (33, 55, 56, 59). Dies schreibt das Innenministerium von Baden-Württemberg in einer Antwort auf einen Antrag der Grünenfraktion, die auch online vorliegt.

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Demnach seien am 23. November in Baden-Württemberg zehn Objekte durchsucht worden. Hierbei habe es sich um neun Wohnungen und um einen Haftraum in der Justizvollzugsanstalt Hechingen gehandelt, wo einer der Beschuldigten laut Generalstaatsanwaltschaft wegen anderer Vorwürfe untergebracht war. Von den Durchsuchungsmaßnahmen seien die Polizeipräsidien Ravensburg (Waldburg, Bermatingen, Inzigkofen), Reutlingen (Rottenburg, Bitz), Konstanz (Gunningen, Rottweil), Offenburg (Kuppenheim), Ulm (Bad Schussenried) und Karlsruhe (Oberhausen-Rheinhausen) betroffen gewesen.

Federführung bei der Razzia hatte demnach die Staatsanwaltschaft München. Die Behörde teilte damals mit, die Gruppe habe durch die gezielte, massenhafte Kontaktaufnahme mit Behörden deren Kommunikationswege blockieren und damit Einfluss auf deren Entscheidungen nehmen wollen. Den 20 Beschuldigten im Alter zwischen 25 und 74 Jahren wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Insgesamt wurden bei der Großrazzia im November in acht Bundesländern – Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Niedersachsen und Hamburg – 20 Wohnungen unter die Lupe genommen.

Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung und Nötigung

Der mutmaßliche Rädelsführer der »Reichsbürger«-Gruppe kommt aus Oberbayern, aus Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck. Der 58-Jährige wurde im April 2022 unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung und Nötigung angeklagt. Der Mann soll den maßgeblichen Telegram-Kanal der Gruppierung betrieben haben. Bei den in Baden-Württemberg von den Durchsuchungsmaßnahmen betroffenen Personen handelt es sich um Abonnenten des Telegram-Kanals.

»Reichsbürger« sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene im Jahr 2022 bundesweit rund 23 000 Anhänger zu (2021: 21 000). Bei mehr als fünf Prozent – rund 1250 Menschen – handele es sich um Rechtsextremisten. Als gewaltorientiert gelten demnach etwa 2300 der »Reichsbürger« und »Selbstverwalter«.

Details zum »Reichsbürger«-Milieu

Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) rechnete dem Milieu der »Reichsbürger« und Selbstverwalter in Baden-Württemberg rund 3800 Personen (2018: 3200) zu. Die Szene weise einen Altersdurchschnitt von etwa 53 Jahren auf, schreibt das Innenministerium nun. Über die Hälfte aller Anhänger seien älter als 50 Jahre.

Etwa 62 Prozent der bekannten Angehörigen des Milieus seien männlich, 38 Prozent weiblich. Der Frauenanteil sei – bedingt durch die Proteste gegen die Coronamaßnahmen – deutlich gestiegen. Vermehrt fielen Frauen mit Argumenten und Ansichten auf, die für die Reichsbürgerszene typisch seien.

»Etwa 20 bis 25 Prozent des Milieus sind nach derzeitigem Kenntnisstand in Personenzusammenschlüssen organisiert. Der Anteil derer, die in solchen Gruppierungen aktiv sind, ist zuletzt gestiegen«, heißt es weiter in der Antwort des Innenministeriums.

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