Islamunterricht: DITIB verklagt das Land Hessen

islamunterricht: ditib verklagt das land hessen

Streitthema: Der Islamunterricht wird in Hessen derzeit auf drei unterschiedlichen Wegen erteilt.

Die islamische Religionsgemeinschaft DITIB geht mit einer Unterlassungsklage gegen das Land Hessen vor, um den „Schulversuch Islamunterricht“ einstellen zu lassen, der in Hessen in staatlicher Verantwortung parallel zum bekenntnisorientierten Islamunterricht angeboten wird. Den Schulversuch hatte das Land vor vier Jahren eingeführt, als es wegen verfassungsrechtlicher Bedenken die Kooperation mit der DITIB ausgesetzt und damit den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht beendet hatte. Der Schulversuch ist kein Religionsunterricht, sondern ein islamkundlicher Unterricht in alleiniger staatlicher Verantwortung.

Das Land hatte sein Vorgehen mit Zweifeln daran begründet, ob die DITIB hinreichend unabhängig von der Religionsbehörde des türkischen Staats und somit als Kooperationspartner geeignet sei. Im Juni 2022 hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof jedoch entschieden, dass die Aussetzung rechtswidrig war. Das Land Hessen sei nicht befugt gewesen, den seit dem Schuljahr 2013/2014 eingerichteten islamischen Religionsunterricht landesweit einzustellen.

„Verfassungswidriger Zustand“

Daraufhin musste das Land den bekenntnisorientierten Islamunterricht zum Schuljahr 2022/2023 wieder einführen. Auch ein weiteres Gutachten, das im Anschluss in Auftrag gegeben wurde und die Unabhängigkeit der DITIB Hessen vom türkischen Staat überprüfen sollte, kam zu der Erkenntnis, dass zwar eine „abstrakte Gefahr“ der politischen Einflussnahme bestehe. Die Kooperation könne aber erst dann widerrufen werden, wenn sich das damit verbundene Risiko einer politischen Instrumentalisierung von DITIB Hessen in konkreter Weise realisiere.

„Mit der Wiedereinführung des bekenntnisorientierten Islamunterrichts, spätestens jedoch mit der abschließenden Begutachtung der Kooperationspartnerschaft hätte der Schulversuch somit beendet werden müssen“, sagt Onur Akdeniz, Landesgeschäftsführer der DITIB Hessen, auf Anfrage der F.A.Z. Allerdings sei dies bis heute weder angekündigt noch realisiert worden. Es deute sich im Gegenteil an, dass das Land Hessen mit dem Islamunterricht als Schulversuch ein identisches Parallelangebot etabliere, um den verfassungsgemäßen Religionsunterricht für Muslime auszuhöhlen.

„Diesen verfassungswidrigen Zustand und demokratisch höchst problematischen Umstand kann und möchte unsere Landesreligionsgemeinschaft nicht weiter hinnehmen. Daher haben wir uns nunmehr für den verwaltungsgerichtlichen Weg entschieden, um die verfassungsrechtlichen Freiheiten für muslimische Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Studierende und Eltern zu schützen“, sagt Akdeniz. Die Atmosphäre in den Gesprächen mit dem Kultusministerium sei seit deren Wiederaufnahme im Sommer 2022 aber „sehr wertschätzend und konstruktiv“.

Schulversuch ist bis zum Schuljahr 2025/2026 befristet

Das Kultusministerium zeigt sich irritiert. „Wir sind von diesem Schritt überrascht“, teilt ein Sprecher mit. DITIB Hessen sei bereits einmal mit dem Versuch gescheitert, den Islamunterricht gerichtlich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verhindern zu lassen. Das Ministerium beruft sich seinerseits auf eine Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, der im Oktober 2020 entschieden hatte, dass ein religionskundlicher, also nicht bekenntnisorientierter Islamunterricht keine verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition einer islamischen Religionsgemeinschaft tangieren könne.

Außerdem handelt es sich nach Auffassung des Ministeriums lediglich um einen Schulversuch, der seit dem Schuljahr 2019/2020 an zwanzig Grundschulen und fünf weiterführenden Schulen durchgeführt werde und derzeit bis zum Schuljahr 2025/2026 befristet sei. „Der Schulversuch Islamunterricht wird in alleiniger staatlicher Verantwortung angeboten und ist, wie es einem Versuch immanent ist, zeitlich begrenzt“, teilt das Ministerium mit.

Das Land gehe aufgrund der verfassungsrechtlichen Literatur zu diesem Thema und auch der Schlussfolgerungen aus der jüngsten Begutachtung weiterhin davon aus, dass für eine mehrjährige Übergangszeit ein staatlich verantworteter islamkundlicher Unterricht im Rahmen eines Schulversuchs parallel zum bekenntnisorientierten Religionsunterricht angeboten werden kann. Die Teilnahme sei freiwillig, sodass auch Grundrechtspositionen der Schüler oder ihrer Eltern nicht betroffen seien.

Kerncurricula für die Sekundarstafe I für Islamunterricht beschlossen

Derzeit nehmen rund 2200 Schüler an 20 Grundschulen und fünf weiterführenden Schulen an dem Schulversuch teil. Den Religionsunterricht in Kooperation mit DITIB Hessen besuchen derzeit 1677 Schüler an 27 Grundschulen und fünf weiterführenden Schulen. Außerdem gibt es einen weiteren islamischen Religionsunterricht in Kooperation mit Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland, der an fünf Grundschulen für 225 Kinder erteilt wird. Zwei Arten von Religionsunterricht werden auf der Grundlage jeweils eigenständiger staatlicher Kerncurricula von fachlich qualifizierten staatlichen Lehrkräften in deutscher Sprache erteilt.

Unterdessen wurden die Voraussetzungen geschaffen, um die bekenntnisorientierten Religionsunterrichte auf die Jahrgangsstufe 7 bis 10 auszuweiten. Wie das Land bestätigt, sind die Kerncurricula für die Sekundarstufe I beschlossen worden. Das sei eine konsequente Weiterführung des Unterrichtsangebots, das aktuell die Jahrgangsstufen 1 bis 6 umfasst. Vom nächsten Schuljahr an sollen die ersten siebten Jahrgangsstufen hinzukommen. In jedem Schuljahr soll eine weitere Jahrgangsstufe folgen.

Die Haltung der Schulen und der Eltern zum Islamunterricht wird von den Beteiligten höchst unterschiedlich eingeschätzt. „Es gibt eine grundsätzliche Ablehnung an Gymnasien gegenüber dem Fach Islamunterricht an sich“, meint Akdeniz. Außerdem gebe es einzelne Schulleitungen, die den Schulversuch priorisieren, aber das eigentliche Unterrichtsfach, den bekenntnisorientierten Unterricht, nicht wollten.

Professor sieht hybrides Modell kritisch

Das Kultusministerium verweist darauf, dass die Eltern beziehungsweise die religionsmündigen Schüler ab 14 Jahren selbst entscheiden, ob sie an den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichten, am Islamunterricht als Schulversuch oder am Ethikunterricht teilnehmen möchten. Alle Schulen, an denen diese Unterrichte erteilt werden, stünden dem religiösen Bildungsangebot für muslimische Schülerinnen und Schüler positiv gegenüber und unterstützten diese.

„Das hybride Modell mit dem islamischen Religionsunterricht und dem Schulversuch muss vom Tisch“, findet Harry Harun Behr. Der Professor für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Islam an der Frankfurter Goethe-Universität hat die Curricula für den Islamunterricht geschrieben und bereitet gerade das nächste für die gymnasiale Oberstufe vor. Behr ist der Meinung, dass der Schulversuch muslimische Schüler wie eine ethnische Gruppe ohne Religion und den Islam wie eine Religion ohne Gemeinschaft behandelt. Zwischen allen Stühlen säßen die Lehrer.

An den Universitäten in Frankfurt und in Gießen wurden Lehramtsstudiengänge für Islamische Religion eingerichtet. Zudem werden Weiterbildungs- und Fortbildungskurse von der Hessischen Lehrkräfteakademie angeboten. Die Lehrer in den islamischen Religionsunterrichten und im Schulversuch haben zwei Staatsexamen und verfügen über weitere Fächer, in denen sie voll ausgebildet sind und unterrichten. „Diese Lehrkräfte sind integrierter Bestandteil der Kollegien und wirken an der Entwicklung und Gestaltung der Schule im vollen Umfange mit“, teilt das Ministerium mit.

Dem Kooperationspartner DITIB Hessen obliegt es, auf die Übereinstimmung des Unterrichts mit seinen bekenntnismäßigen Grundsätzen zu achten und den Lehrern – wie bei anderen Religionsunterrichten auch – die religionsgemeinschaftliche Bevollmächtigung, die sogenannte Idschaza, zu erteilen.

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