Fußball-EM: Diese Deutschlandflaggen sind nicht erlaubt
Bußgeld möglich
Fußball-EM: Diese Deutschlandflaggen sind nicht erlaubt
Unterschiedliche Deutschlandfahnen: Auch im Stadtteil Niederzwehren sieht man die Bundeswappenflagge (unten), die für Privatpersonen nicht erlaubt ist.
Zur Fußball-EM wehen auch in Kassel viele Deutschlandfahnen – doch nicht alle sind erlaubt. Nur die wenigsten Fans wissen, dass der Bundesadler Bußgeld kosten kann.
Kassel – Beinahe hätte das Ordnungsamt einer Familie aus dem südhessischen Ronneburg die Freude an der Fußball-Europameisterschaft kaputt gemacht. Seit 15 Jahren hängt die Familie aus der Stadt bei Hanau bei bestimmten Ereignissen eine Deutschlandflagge auf. Was sie nicht wusste: Die Fahne an ihrem Zaun ist für Privatpersonen eigentlich verboten. Das Ordnungsamt teilte der Familie mit, dass die falsche Flagge bis zu 1000 Euro Bußgeld kosten könne. Der Fall machte in diesen Tagen bundesweit Schlagzeilen. Viele fragten sich: Kann das wirklich sein?
Ja, denn bei der Fahne der Familie aus Ronneburg handelt es sich um die sogenannte Bundeswappenflagge. Über den Farben Schwarz-Rot-Gold prangt der Bundesadler, der leicht abgewandelt auch auf der Bundesdienstflagge zu sehen ist. Die darf wiederum nur von offiziellen Behörden genutzt werden. Wegen der Ähnlichkeit mit der Bundesdienstflagge darf man auch die Bundeswappenflagge nicht einfach im Garten aufhängen. Das alles klingt kompliziert, hat jedoch seinen Sinn, wie es auf der Seite des Bundesinnenministeriums unter der Überschrift „Hinweise zur Beflaggung“ heißt. Durch die Regelung soll die Bundesdienstflagge vor Missbrauch und Entwertung geschützt werden.
Auch in Kassel sieht man die Deutschlandflagge mit dem Bundesadler immer wieder – etwa an einem Mehrfamilienhaus in Niederzwehren. Kein Wunder: Die Bundeswappenflagge kann man im Internet schon für 5,88 Euro kaufen, zudem weiß kaum jemand von dem Verbot.
Bei der Polizei in Kassel sind derzeit keine Verfahren im Kontext „Aufhängen der Bundeswappenflagge“ bekannt, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt. Es gebe keine aktiven Kontrollen. Auch andere verbotene Flaggen seien während der EM bislang nicht wahrgenommen worden.
Eine Geldbuße müssen Deutschland-Fans wegen der Bundeswappenflagge derzeit nicht befürchten. Der Polizeisprecher verweist auf die Seite des Bundesinnenministeriums, auf der es heißt: „In Zeiten eines Großereignisses kann die Nutzung der Bundesflagge mit dem Bundeswappen als Ausdruck der nationalen Verbundenheit als sozialadäquat geduldet werden. Mangels Rechtswidrigkeit des Handelns wird keine Ordnungswidrigkeit geahndet.“ Sozialadäquanz heißt im Juristendeutsch, dass sich das Verhalten im Rahmen des sozial Üblichen und von der Allgemeinheit Gebilligten hält. Mit anderen Worten: Es ist alles nicht so schlimm.
Auch die Familie aus Ronneburg musste keine Geldbuße zahlen. Erst überdeckte sie die Flagge mit einer anderen Fahne, dann teilte das Ordnungsamt mit, dass der Adler doch bleiben darf, wie ein Familienmitglied dem Recherchezentrum Correctiv berichtete.
Auf Social Media ging dies jedoch unter. Bei Tiktok berichtete ein Nutzer von dem Fall und behauptete fälschlicherweise, dass die Familie einen Bußgeldbescheid über 1000 Euro erhalten habe. Das Video wurde mehr als zwei Millionen Mal angesehen. (Matthias Lohr)