Gerücht oder wirklich geschehen?: Russische MiG-31 verjagt US-Drohne vom Schwarzen Meer
Vor der Küste der Krim scheint es jüngst in der Luft zu einem Gipfeltreffen der unheimlichen Art gekommen zu sein: Ein russischer MiG-31-Abfangjäger zwang eine in großer Höhe fliegende RQ-4 Global Hawk der US Air Force offenbar zur Umkehr. Was ist da dran?
TechnikProfi_2021_14_01_13
Offiziell herrscht Schweigen. Weder Russlands Regierung noch das Pentagon in Washington D.C. bestätigten bislang, dass es – offenbar am Sonntag, dem 23. Juni, spät in der Nacht – im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer zu einem Aufeinandertreffen einer MiG-31 und einer Global Hawk-Drohne gekommen ist. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow sagte gegenüber Journalisten, er verfüge "über derartige Informationen nicht."
Abschuss? Eher nicht
In diversen, auch internationalen Medien und Kanälen verbreitete sich dagegen rasch die Meldung, wonach die MiG-31 das unbemannte Fluggerät der US Air Force vor der Küste der Krim mit einer R-37-Luft-Luft-Rakete abgeschossen habe. Der russische Telegram-Kanal "Fighterbomber", bestens vernetzt in der russischen Luftwaffe, schrieb zu dem mutmaßlichen Vorfall kryptisch: "Der Anfang ist gemacht (...) Es gibt jetzt verstärkte Turbulenzen im Schwarzen Meer. Mal sehen, ob das dauerhaft ist oder ein einmaliges Ereignis." Einen Abschuss erwähnte der Kanal allerdings nicht, und auch sonst deutet wenig darauf hin, dass diese Version stimmt – außer vielleicht der Tatsache, dass US-Verteidigungsminister Austin am 25. Juni erstmals seit über einem Jahr im russischen Verteidigungsministerium anrief und mit seinem russischen Amtskollegen Belousow sprach. Da der Inhalt des Gesprächs jedoch nicht öffentlich gemacht wurde, ist die These, es könnte um den vermeintlichen Abschuss der RQ-4 durch die MiG-31 gegangen sein, rein spekulativ.
Begegnung in großer Höhe
Derweil konkretisierte "Fighterbomber" die Angaben zu dem vermeintlichen Zusammentreffen zwischen Drohne und MiG-31. Demnach sei der russische Abfangjäger über dem Schwarzen Meer auf Patrouille gewesen, als er die RQ-4 entdeckte, wie sie in großer Höhe – für gewöhnlich operieren die RQ-4 über dem Schwarzen Meer laut öffentlich zugänglichen Tracking-Daten in etwa 16.000 Metern – vor der Küste der Krim flog. Daraufhin soll die MiG-31 zweimal über die Global Hawk hinweggeflogen sein, beim zweiten Mal habe die MiG-Besatzung dabei auf Mach 2,3 beschleunigt. Dies wiederum habe "eine Änderung der Flugparameter der Global Hawk verursacht." Im russischen Fernsehen hieß es, die MiG-31 hätte das unbemannte Fluggerät "durch Turbulenzen in extrem großer Höhe in den Notmodus gezwungen." Die Drohne habe daraufhin ihre Aufklärungsmission "abrupt beendet" und sei direkten Weges zu ihrer Basis im italienischen Sigonella zurückgekehrt.
"Keine aggressiven Aktionen"
"Soweit wir wissen, ist dies der erste derartige Fall in der Geschichte der Luftfahrt", betont derweil "Fighterbomber" die speziellen Begebenheiten der Begegnung. Noch nie sei ein Flugzeug einem anderen Fluggerät in solchen Höhen und mit so hoher Geschwindigkeit "begegnet". Angeblich, so der Telegram-Kanal weiter, soll es von der Abfangaktion der MiG-31 auch ein Video geben. Veröffentlicht wurde ein solches bislang aber nicht. Die Zeitung Prawda konstatierte: "Es gibt noch keine offiziellen Informationen darüber, was passiert ist. Der russische MiG-31-Kampfjet hat jedoch weder das Feuer eröffnet noch irgendwelche aggressiven Aktionen gegen die US-Drohne unternommen." Die in den mutmaßlichen Vorfall involvierte MiG gehört laut einem Artikel der ukrainischen Kyiv Post zum 790. Jagdfliegerregiment der 105. Flugdivision und ist auf dem Fliegerhorst Chotilowo in der Oblast Twer stationiert.
Spannungen im Schwarzen Meer
Die Spannungen zwischen Russland und den USA im Schwarzen Meer haben sich in jüngster Vergangenheit verschärft. Russland wirft den USA schon seit Langem vor, mit den regelmäßig stattfindenden Drohnen- und Aufklärungsflügen direkt die Kriegsführung der ukrainischen Armee zu unterstützen. Seit am vergangenen Wochenende bei einem ATACMS-Angriff der Ukraine auf einen Strand in Sewastopol sechs russische Zivilisten getötet wurden – darunter zwei Kinder -, denkt Moskau lautstark darüber nach, die Aufklärungsflüge der US-Amerikaner vor der Krim mit entsprechenden Gegenmaßnahmen zu unterbinden. Inzwischen wies Verteidigungsminister Belousow seinen Generalstab tatsächlich an, "Maßnahmen zur Reaktion auf NATO-Flüge über dem Schwarzen Meer zu ergreifen". Wie diese Maßnahmen aussehen sollen, konkretisierten die Russen bislang nicht.