Präsidentschaftswahlen im Iran: Kein Kandidat begeistert

Am Freitag wird im Iran ein neuer Präsident gewählt. Sechs Kandidaten sind zugelassen. Umfragen weisen keinen klaren Favoriten aus. Viele Iraner sind wahlmüde.

präsidentschaftswahlen im iran: kein kandidat begeistert

Am 28. Juni wird im Iran ein neuer Präsident gewählt

Am Freitag, dem 28. Juni, wird im Iran ein neuer Präsident gewählt. Sechs Männer stehen zur Wahl, Nachfolger des verstorbenen Präsidenten Ebrahim Raisi zu werden. Raisi war bei einem Hubschrauberabsturz am 19. Mai ums Leben gekommen. Die vom Wächterrat zugelassenen Kandidaten hatten knapp drei Wochen Zeit, um mit Fernsehdebatten und Wahlveranstaltungen in verschiedenen Teilen des Landes die Wähler zu mobilisieren.

Von den 83.5 Millionen Einwohnern des Landes sind 61 Millionen wählberechtigt. Laut aktuellen Umfragen wollen aber mehr als 30 Millionen Iranerinnen und Iraner gar nicht zu den Wahlurnen gehen - rund die Hälfte der Wahlberechtigten. Angesichts politischer Repression, einer Wirtschaftskrise und der gescheiterten Reformversuche in den vergangenen Jahrzehnten sind sie desillusioniert.

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Der Herzchirurg Massud Peseschkian versucht enttäuscht Wähler zu mobilisieren

Die höchste Wahlbeteiligung mit 51,7 Prozent sagt das Sozialforschungsinstitut "Meta" voraus. Das Institut gehört zur Imam-Sadeq-Universität, die nach der Islamischen Revolution gegründet wurde und Führungskräfte für den Staatsapparat ausbildet. Said Dschalili gehört zu den Absolventen der Imam-Sadeq-Universität. Der 58-jährige Hardliner Dschalili war einst Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen und gilt als Kandidat des ultrakonservativen Lagers in den Präsidentschaftswahlen.

Leichter Vorsprung für den moderateren Kandidaten

Bei den ersten Umfragen lag Dschalili noch vor seinen Mitstreitern. Die letzte Umfrage des Meta-Instituts sieht inzwischen seinen moderateren Herausforderer Massud Peseschkian vorne. Peseschkian, der laut Meta-Umfrage 24,4 % der Stimmen bekäme, war von 2001 bis 2005 Gesundheitsminister unter der Präsidentschaft von Mohammed Khatami. Er hatte sich bereits 2021 für das Präsidialamt beworben, wurde damals aber vom Wächterrat abgelehnt.

Seine Zulassung zur Wahl im Jahr 2024 wird als eine Strategie des Wächterrats gesehen, mehr Wähler zu mobilisieren. Peseschkian versucht, die enttäuschten Anhänger der Reformisten zu gewinnen. Im Wahlkampf hat er beispielsweise mit Kritik an der Kopftuchpolitik um Stimmen geworben. "Ich verspreche, dass ich diese Verhaltensweisen, die unseren Töchtern und Schwestern auf den Straßen widerfahren, stoppen werde", sagte er am Sonntag bei einer Wahlveranstaltung in Teheran.

Peseschkian warb für neues Vertrauen zwischen einer möglichen moderaten Regierung und der Bevölkerung. Seine Anhänger sehen ihn als letzte Chance, einen Sieg der Hardliner zu vermeiden. Sie hoffen darauf, dass die Angst vor einem Sieg erzkonservativer Politiker wie Dschalili auch die Nichtwähler mobilisiert.

Said Dschalili und der Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf gelten als aussichtsreichste Kandidaten unter den konservativen Kräften. Für die drei weiteren Kandidaten wollen jeweils nur weniger als fünf Prozent der Befragten stimmen. Die letzte Umfrage des Instituts ISPA vom 23. Juni sieht ebenfalls Peseschkian vorne; mit 24,4 Prozent, knapp vor Dschalili mit 24 Prozent und Ghalibaf mit 14 Prozent der Stimmen. Das Institut mit Sitz in Teheran ist eine nichtstaatliche Einrichtung, gilt aber als regierungsnah. Um die Wahl zu gewinnen, braucht Peseschkian die absolute Mehrheit, sonst geht es am 5. Juli in die Stichwahl.

Inszenierte Wahlen sollen Legitimation bringen

Im Iran ist der Präsident - anders als in vielen anderen Ländern - nicht das Staatsoberhaupt, sondern Regierungschef. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf den Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei. Der 85-Jährige übt auch entscheidenden Einfluss auf den Wächterrat aus.

Dieser bestimmt, wer bei der Wahl kandidieren darf. Als Folge daraus können die Wahlberechtigten nur aus einem Kreis systemtreuer Kandidaten wählen. Damit versuchen die Machthaber, sich über Wahlen zu legitimieren, auch wenn die Wahlmöglichkeiten sehr eingeschränkt sind.

Expertinnen und Experten erwarten keine großen politischen Umwälzungen durch diese Wahl. "Mit den Kandidaten ist der Revolutionsführer auch kein großes Risiko eingegangen. Die Führung setzt vor allem auf Kontinuität", sagt die Iran-Expertin Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im Gespräch mit DPA.

"Ich gehe nicht wählen", berichtet ein 27-jähriger junger Mann im Hintergrundgespräch mit der DW. "Ich nahm an den letzten Straßenprotesten teil, obwohl es lebensgefährlich war. Ich möchte, dass sie verschwinden. Warum soll ich sie mit meinem Stimmzettel legitimieren?" Vor Ort äußern sich auch andere junge Wahlberechtigte enttäuscht. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte eine junge Frau, dass auch sie nicht zur Wahl gehen wolle.

Ausschlaggebend für ihre Haltung ist der brutale Umgang der Sicherheitskräfte mit den Protestierenden, die sich nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini im September 2022 monatelang auf den Straßen versammelt hatten. Die Niederschlagung dieser Proteste hat tiefe Risse in der Gesellschaft hinterlassen und die allgemeine Wahlmüdigkeit im Iran weiter verschärft.

Misstrauisch gegenüber Wahlversprechen

Viele Wähler haben den Glauben an die Versprechen der kandidierenden Politiker vollständig verloren. Schon bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Sommer 2021 war die Wahlbeteiligung sehr niedrig. Damals verweigerte sich jeder zweite Wahlberechtigte dem Urnengang. Die Wahlbeteiligung lag bei gerade mal 48,8 Prozent - und war damit die Niedrigste seit der Revolution im Jahr 1979.

Laut ISPA könnte die Wahlbeteiligung am Freitag bei etwa 50 Prozent und damit knapp über der Wahlbeteiligung bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Sommer 2021 liegen. Von einer niedrigen Wahlbeteiligung haben in der Vergangenheit vor allem die Hardliner profitiert. Sie können auf ihre Stammwähler aus dem religiös geprägten Milieu zählen. Diese sehen ihre Teilnahme an den Wahlen als Pflicht an. Im Gegensatz zur Präsidentschaftswahl 2021 haben sie allerdings diesmal mehr als nur einen Kandidaten zu Auswahl, so dass sich die Stimmen für das religiös geprägte Lager aufspalten könnten. Falls der moderatere Peseschkian die Wähler nicht mobilisieren kann, läuft es auf eine Stichwahl hinaus.

"Reden oder schreiben über den Boykott der Wahlen kann für Menschen im Iran harte Konsequenzen haben", berichten Aktivisten aus dem Iran in sozialen Netzwerken. "Das wird als "Propaganda gegen das Regime" eingestuft und kann bis zu einem Jahr Haftstrafe zur Folge haben. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Fall von Narges Mohammadi.

Die inhaftierte iranische Friedensnobelpreisträgerin hatte im März 2024 zum Boykott der Parlamentswahlen aufgerufen. Wegen dieser Aktion und ihren Briefwechseln mit westlichen Politikern sowie ihrer Solidarität mit einer erneut inhaftierten Journalistin wurde sie zu einem Jahr Haft "wegen Propaganda gegen den Staat" verurteilt, teilte ihr Anwalt Mostafa Nili letzte Woche auf der Plattform X mit. Sie ließ sich aber nicht einschüchtern. Sie werde nicht an den Präsidentschaftswahlen teilnehmen, teilt sie in einer Erklärung aus dem Gefängnis mit und fragte die verantwortlichen Behörden: "Wie kann man eine Wahlurne vor denselben Leuten aufstellen, die man gleichzeitig mit Waffen und Gefängnis bedroht und unterdrückt?"

Autor: Shabnam Von Hein

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