Noch einmal Türkis-Grün? Nehammer mit Koalitions-Ansage
"immer eine gute Zusammenarbeit": Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim Handshake im Nationalrat November 2023.
Trotz des Gewessler-Krachs habe man "viele Krisen bewältigt". ÖVP-Chef Karl Nehammer schließt eine türkis-grüne Neuauflage im Herbst nicht aus.
Im Interview mit der ServusTV-Sendung "Blickwechsel" spricht Bundeskanzler Karl Nehammer Donnerstagnacht erstmals ausführlich über die aktuelle Koalitionskrise nach dem Alleingang von Umweltministerin Leonore Gewessler bei der EU-Renaturierungsabstimmung.
Für die türkise Verfassungsministerin Karoline Edtstadler haben sich die Grünen damit als erneuter Koalitionspartner "disqualifiziert". Ihr Chef sieht das offenbar etwas anders. Trotz des Vertrauensverlustes will Nehammer im TV-Talk eine erneute Koalition mit den Grünen nicht ausschließen.
"Wäre das die ganze Zeit so gewesen wie jetzt, [...] dann ist ein verantwortungsvolles Regieren und schwere Entscheidungen treffen nicht möglich", erklärt der VP-Chef seine Haltung: "Das war aber in den letzten viereinhalb Jahren nicht immer so, sondern wir haben, glaube ich, gemeinsam sehr viele Krisen gemeinsam auch bewältigt."
Mit Vizekanzler Werner Kogler habe er "immer eine sehr ordentliche Zusammenarbeit" gehabt. Man habe sich gegenseitig das Versprechen gegeben, bis zum Wahltag zu kooperieren.
Gewessler wirft der Kanzler derweil vor, dass sie sich "über das Recht erhebt" und "politischen Aktionismus" betreibt. Ob Ersteres wirklich zutrifft, müssen erst Gerichte entscheiden. "Der Rechtsweg ist eingeleitet", bis zu seinem Ende gilt die Unschuldsvermutung. "Alles andere wird sich dann am 29. September zeigen", schließt Nehammer das Kapitel Türkis-Grün.
Leonore Gewessler dürfte jedenfalls ein Spaltpilz für ein solches Unterfangen bleiben. Sie steht auf Platz 2 der Grünen Liste zur Nationalratswahl direkt hinter Kogler, will am liebsten noch einmal Umweltministerin werden. Die ÖVP würde bei einer solchen Wiederbesetzung wohl in gröbste Erklärungsnot gegenüber ihrer Bauernbasis kommen.
Gegenüber den Blauen als möglichen Koalitionspartner bleibt der VP-Chef hart: "Ich schließe die Person Herbert Kickl in der Regierungszusammenarbeit aus." Diesen und sein Spitzenteam, will Nehammer links liegen lassen. Er sucht offenbar das Gespräch mit anderen in der Freiheitlichen Partei: "Ich bin in Verbindung mit sehr vielen, aus meiner Sicht vernünftigen FPÖ-Politikern." Und eben wegen dieser verorteten Vernunft in den unteren Rängen habe er "die FPÖ nicht ausgeschlossen".
Die machen zumindest aktuell keinerlei Anstalten, von ihrem Chef abzurücken. Der blaue General Christian Hafenecker wischte erst Mittwochnacht in der ZIB2 die Möglichkeit vom Tisch, dass Kickl nicht Teil einer FP-beteiligten Regierung sein könnte. "Das ist ausgeschlossen".
Neben möglichen Regierungskonstellationen wurde auch die Probleme an den heimischen Schulen zum Thema. Nehammer möchte die Zuwanderung ins Schulsystem "in den Mittelpunkt der politischen Diskussion stellen". Es sei "nicht hinzunehmen", wenn Schüler wegen ihres Glaubens eingeschüchtert und Lehrer öffentlich angegriffen würden. "Und wenn die Sicherheit in der Schule nicht gewährleistet ist, dann sind das alles ernstzunehmende Themen."
Nehammer: "Wir hören sehr oft die Klage von Menschen, die sagen: Ich fühle mich noch fit genug. Mein Arbeitgeber will auch haben, dass ich bleibe. Aber wenn ich mein gesetzliches Pensionsantrittsalter erreicht habe, dann lohnt es sich nicht für mich, das zu tun. Wir müssen den Fleiß der Menschen belohnen. Wir müssen wieder sichtbar machen, dass die Fleißigen in unserem Land diejenigen sind, die dieses schöne Land, in dem wir leben, tatsächlich ermöglichen."
Das ganze Gespräch Donnerstagabend bei "Blickwechsel. Das Nachrichtenmagazin", ab 21.10 Uhr, live bei ServusTV und ServusTV On.