Im Jet für 520.000 Dollar: Assange bei Ankunft in der Heimat stürmisch begrüßt
Nun ist er tatsächlich in der Heimat: Julian Assange landet mit einem Privatjet im australischen Canberra, wo ihn seine Frau erstmals in Freiheit sehen kann. Die Kosten für den Flug sind zwar horrend - aber der Wikileaks-Gründer kann sich auf seine Anhänger verlassen.
Nach Jahren in der Freiheit: Seine Frau Stella begrüßt Julian Assange.
Nach der Landung in seiner australischen Heimat hat es für Wikileaks-Gründer Julian Assange ein emotionales Wiedersehen mit seiner Familie gegeben. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie der 52-Jährige kurz nach dem Ausstieg aus der Maschine in Canberra seine Ehefrau Stella in den Arm nahm - zum ersten Mal in Freiheit.
Die Beziehung der beiden begann erst, nachdem sich Assange seit 2012 sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt hatte. Assange küsste seine Frau mehrmals innig. Gleich darauf konnte Assange auch seinen Vater John Shipton umarmen. Zahlreiche Augenzeugen jubelten, als Assange die Chartermaschine verließ. Es waren "Willkommen zu Hause"-Rufe zu hören. Der Australier winkte den Menschen zu und reckte mehrmals eine Siegerfaust in den Himmel.
Auf einer Wikileaks-Pressekonferenz äußerte sich seine Anwältin: Assange habe sich beim australischen Regierungschef Anthony Albanese dafür bedankt, ihm das "Leben gerettet" zu haben, so Jennifer Robinson. Albanese hatte sich vehement für Assanges Freilassung eingesetzt. Gleich nach seiner Landung habe der Wikileaks-Gründer mit dem australischen Regierungschef telefoniert, so die australische Menschenrechtsanwältin.
Frau bittet um Privatsphäre
Selbst wolle sich Assange noch nicht öffentlich äußern, machte seine Frau Stella deutlich. "Julian wollte, dass ich mich bei allen aufrichtig bedanke. Er wollte hier sein, aber man muss verstehen, was er durchgemacht hat. Er braucht Zeit. Er muss sich erholen", sagte sie. An die Presse gerichtet fügte sie hinzu: "Ich bitte Sie, geben Sie uns Raum, geben Sie uns Privatsphäre, damit wir unseren Platz finden, lassen Sie unsere Familie eine Familie sein, bevor er zu einem Zeitpunkt seiner Wahl wieder sprechen kann."
Die Reise nach Australien kommt Assange indes teuer zu stehen. So musste er mit einem Business-Jet von Großbritannien über die Marianen-Insel Saipan in seine Heimat Australien zurückkehren. Der Flug mit der Maschine vom Typ Bombardier Global 6000 kostete nach Angaben von Stella Assange 520.000 US-Dollar, umgerechnet rund 486.000 Euro. Einen Linienflug durfte der 52-Jährige demnach nicht nehmen.
Das Geld für den Flug muss Assange der australischen Regierung zurückzahlen. Doch der Wikileaks-Gründer dürfte sich dabei auf seine Unterstützer verlassen können. Auf einer Crowdfunding-Webseite waren nach einem Spendenaufruf zum Zeitpunkt der Landung Assanges in Australiens Hauptstadt bereits rund 436.000 Dollar zusammengekommen.
Schuldbekenntnis gegen Freiheit
Assange hatte sich im Rahmen einer Vereinbarung mit der US-Justiz der Verschwörung zur Weitergabe von Informationen zur nationalen Verteidigung schuldig bekannt. Bei einem Gerichtstermin im Pazifikterritorium Nördliche Marianen erklärte US-Richterin Ramona Manglona, Assange sei nun ein "freier Mann". Das US-Justizministerium bestätigte in einer Mitteilung, dass der Fall offiziell abgeschlossen sei.
Assange zu brechen, ist nicht gelungen - gut so
Nach der Entscheidung des Gerichts soll Assange Beobachtern zufolge sehr emotional und den Tränen nah gewesen sein. Es handele sich offenbar um ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk, sagte Richterin Manglona: "Ich habe gehört, dass Sie nächste Woche Geburtstag haben. Ich hoffe, Sie beginnen Ihr neues Leben auf positive Weise." Assange wird am 3. Juli 53 Jahre alt.
Der Wikileaks-Gründer wurde bei dem Gerichtstermin formell zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Diese Strafe gilt aber wegen seiner entsprechenden Haftzeit in einem britischen Gefängnis als bereits verbüßt.
Assanges Kinder wissen nur von einer "riesigen Überraschung"
Assange wird in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische US-Aktivitäten veröffentlicht zu haben. Die Papiere enthielten brisante Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen durch US-Militärangehörige.
Für seine Anhänger ein Held
Für seine Anhänger ist Assange ein Held, der für die freie Meinungsäußerung streitet. Seine Kritiker sehen in ihm einen Verräter, der die Sicherheit der USA sowie geheimdienstlicher Quellen gefährdet hat.
"Ich hoffe, dass die Tatsache, dass es uns heute gelungen ist, Julian Assange trotz aller Widrigkeiten und gegen eine der mächtigsten Regierungen der Welt freizubekommen, allen weltweit inhaftierten Journalisten und Verlegern Hoffnung gibt", sagte Menschenrechtsanwältin Robinson vor dem Gericht und sprach von einem "historischen Tag".
Vergewaltigungsvorwürfe wurden fallengelassen
Vor seiner aufsehenerregenden Festnahme im April 2019 hatte sich Assange sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt und so dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen. Diese Anschuldigungen wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker setzten sich derweil immer wieder für seine Freilassung ein.
Assanges Einigung mit der US-Justiz kam zwei Wochen vor einer wichtigen Anhörung vor der britischen Justiz. Dabei sollte es um seine Auslieferung an die USA gehen. Nach einer Gerichtsentscheidung hatte die britische Regierung bereits im Juni 2022 Assanges Auslieferung zugestimmt, der Wikileaks-Gründer kämpfte jedoch vom Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh aus dagegen an. Ihm hatten in den USA bis zu 175 Jahre Haft gedroht.
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