Fußball-EM 2024: Wir brauchen die absolute Totalüberwachung
Künstliche Intelligenz könnte Abseits berechnen, Sekunden bevor es entsteht. Wenn wir die Technik schon triumphieren lassen, dann richtig.
Fußball-EM 2024: Wir brauchen die absolute Totalüberwachung
Die Technik hat den Fußball zerstört! Tagelang ärgerte ich mich über den Videoschiedsrichter, über Fußspitzen im Abseits, unterbrochenen Torjubel, vorläufige Freude, Sensoren im Ball, die Überwachung des Spielfelds, über das zerhackte Spiel. Aber dann streckte ich meine Füße auf dem Sofa aus und dachte: Ist doch egal. Ich legte mich in den Fluss der Gegenwart und ließ mich treiben.
Ich erinnerte mich an den Film Minority Report, der vor über zwanzig Jahren in deutschen Kinos lief. Der Polizist John Anderton leitet die Abteilung Precrime, die Verbrechen verhindern soll, bevor sie geschehen.
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Man könnte Precrime auf den Fußball übertragen. Wäre das nicht der logische, nächste Schritt? Künstliche Intelligenz könnte das Abseits der Zukunft erkennen, Sekunden bevor es entsteht. Rote Warnlichter am Spielfeldrand ermahnen den Stürmer, der gerade im Begriff ist, sich ins Abseits zu begeben. Ein kleiner elektrischer Impuls in seinen Stutzen bringt ihn von seinem falschen Weg ab.
Es müsste sich auch berechnen lassen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Verteidiger, der im Strafraum andauernd seine Arme abspreizt und sich ganz unnatürlich bewegt (Antonio Rüdiger), sich in den nächsten Minuten eines strafbaren Handspiels schuldig machen wird. Dann unterbricht man das Spiel eben, bevor das strafbare Handspiel geschieht.
Ich stand vom Sofa auf und schüttelte mich. Ich sah raus, in einen grauen Sommertag. Draußen spielten Kinder Fußball: das einfache Spiel.