Luftverkehr : Lufthansa greift Condor an – so reagiert der Ferienflieger jetzt
April 29, 2024, Richmond, British Columbia, Canada: A Condor Airbus A330-900 jetliner (D-ANRJ) airbo data-portal-copyright=
Europas größter Airline-Konzern fordert mit der Tochter Discover den kleineren Rivalen Condor heraus. Doch der glaubt, eine passende Antwort zu haben.
Condor und Lufthansa – das ist eine besondere Beziehung. Einst war Condor Teil der Lufthansa-Gruppe. Der aktuelle Condor-Chef Peter Gerber war vor diesem Job viele Jahre Topmanager in der Lufthansa-Gruppe. Doch diese engen Verbindungen können nicht verhindern, dass beide Unternehmen heftiger denn je um die Fluggäste wetteifern.
Lufthansa schickt seit 2021 die neue Tochter Discover auf die Strecke. Seitdem geht es ab Frankfurt zu vielen Zielen, die auch Condor von dem größten deutschen Drehkreuz bedient. Künftig kommen Langstreckenziele ab München dazu. Man werde im März 2025 von dort zunächst nach Orlando fliegen, wenige Wochen später dann auch nach Windhoek und Calgary, sagte Discover-Chef Bernd Bauer Anfang Juni in München.
Doch Gerber – er übernahm im Februar vom langjährigen CEO Ralf Teckentrup die Führung bei Condor – ist überzeugt, eine passende Antwort gefunden zu haben: „Wir werden unsere Präsenz verbreitern, neue Märkte erschließen und Partnerschaften schließen“, sagte er am vergangenen Freitag vor Journalisten.
Erste Kooperationen sind vereinbart. So können Condor-Kunden demnächst auf das umfangreiche Langstreckennetz von Emirates zugreifen. Über ein sogenanntes Codeshare-Abkommen können sie mit Condor von Frankfurt nach Dubai fliegen und von dort mit Emirates zu Zielen in Asien, Afrika oder dem Nahen und Mittleren Osten weiterreisen. Sie brauchen dafür nur ein Ticket. Ihr Gepäck wird umgeladen, sie müssen sich nicht selbst beim Umstieg darum kümmern.
Ab Oktober soll das dann auch ab Berlin möglich sein. Dort will Condor die Strecke nach Dubai aufnehmen. Beide Fluggesellschaften gewinnen dadurch. Condor kann sein Streckenangebot weiter ausbauen, vor allem zu Zielen Richtung Fernost. Emirates wiederum bekommt so indirekt Zugang zu einem fünften Ziel in Deutschland, was Lufthansa-Managern nicht gerade gefallen wird.
Condor modernisiert Langstreckenflotte
Gerber denkt auch an Partnerschaften in Richtung Westen. Dort hat das Unternehmen schon länger ein Codeshare-Abkommen mit Alaska Airlines. „Diese Erfahrung hat uns ermutigt, einen Schritt weiterzugehen“, berichtet Gerber. Zu Wochenbeginn ist der Manager deshalb zu West Jet nach Calgary gereist.
Dort trifft er auf einen alten Bekannten: den früheren Lufthansa-Manager Alexis von Hoensbroech. Das Ziel: Die bestehende Partnerschaft soll vertieft werden. Der Condor-Chef antwortet damit auf einen wichtigen Vorteil von Discover. Die Fluggesellschaft kann auf die Dienste und das Netzwerk der Lufthansa-Gruppe zurückgreifen.
Deren Airlines helfen dabei, die Flugzeuge in Frankfurt und München zu füllen. Condor hat dafür kein eigenes Netzwerk, das Unternehmen braucht dazu Partner.
Gleichzeitig modernisiert Condor derzeit seine Langstreckenflotte. Die in die Jahre gekommenen Boeing 767 sind bereits ausgemustert, die Boeing 757 werden es bald sein. Stattdessen fliegt Condor künftig mit modernen Airbus A330 neo.
Dort passen mehr Fluggäste als in das bisherige Fluggerät rein und die Flotte wächst. „Wenn man eine Interkont-Flotte hat wie wir, müssen wir neue Märkte erschließen. Deshalb sind Partnerschaften für uns sehr wichtig“, sagt Gerber.
Daneben setzt der Manager darauf, dass das eigene Angebot im Wettbewerb mit Discover und der Lufthansa-Gruppe bestehen kann. Mit den neuen Jets kommt eine komplett neue Kabine. „Das Business-Class-Produkt von Condor ist besser als das aktuelle der Lufthansa“, gibt sich Gerber selbstbewusst: „Das ist eine echte Alternative, wenn man nicht das große Netz der Star-Alliance von Lufthansa braucht.“ Zwar modernisiert die Kernmarke Lufthansa derzeit ihre Kabine unter dem Namen Allegris. Doch Discover soll Allegris nicht bekommen.
Condor erholt sich von der Krise
Condor hat schwierige Jahre hinter sich. Erst ging 2019 die Muttergesellschaft Thomas Cook pleite. Dann kam die Pandemie und der potenzielle Käufer – die polnische PGL, die Mutter von LOT – sprang ab. Mehrfach mussten Bund und das Land Hessen finanziell helfen. Schließlich erwarb der Finanzinvestor Attestor die Mehrheit, eine Minderheit hält der Staat über die SG Luftfahrtgesellschaft.
Von der Dauerkrise hat sich das Unternehmen wieder erholt. Die Flotte besteht aus 52 Flugzeugen, davon 35 für die Kurzstrecke und 17 für die Langstrecke. Die Belegschaft ist von rund 3000 vor einigen Jahren auf 5700 gewachsen. „Die Zahl bewegt sich in Richtung 6000“, sagte Gerber. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr 1,8 Milliarden Euro. Ergebniszahlen nennt das Unternehmen nicht. Nur so viel ist Gerber zu entlocken: „2024 wird ein erfolgreiches Jahr. Und damit meine ich eines mit schwarzen Zahlen.“
Ob das Netz, dass Gerber nun strickt, ausreicht, um Discover nicht zu viele Privatreisende überlassen zu müssen, ist offen. Denn auch der Lufthansa-Ableger baut sein Netzwerk aus. Erste Adresse für solche Kooperationen ist naturgemäß das Partnernetz der Lufthansa. So hat sich Discover an das Joint Venture Atlantic++ angebunden, das aus Lufthansa, United Airlines und Air Canada besteht.
„Wir nehmen den Wettbewerb von Discover wahr“, sagt Gerber. Aber der Druck sei nicht so groß, wie er mal war. So beobachte man, dass sich der Rivale bei einigen Zielen wieder zurückziehe: „Im Moment kommen wir mit der Situation zurecht.“
Erstpublikation: 01.07.2024, 19:16 Uhr.