Neue Regeln für die Entlohnung von Betriebsräten
Bernd Osterloh
Wenn ein Betriebsrat in seinem Unternehmen mehr als 700.000 Euro Jahresgehalt bekommt, spricht das stark für eine unangemessene Begünstigung durch das Management. Im Fall des Automobilkonzerns Volkswagen, dessen früherer Betriebsratschef Bernd Osterloh solche Beträge erhalten hat, leitete der Bundesgerichtshof daraus in einem einschneidenden Urteil von Januar 2023 einen Unterverdacht gegen die dafür verantwortlichen Manager ab. Seither steht die Frage im Raum, ob unter solchen Bedingungen ein Betriebsrat die Interessen der Belegschaft unabhängig vertreten kann.
Eine am Freitag im Bundestag mit breiter Zustimmung beschlossene Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, also des Rechtsrahmens für die Arbeit von Betriebsräten, soll nun zumindest insoweit mehr Rechtsklarheit bringen. Mit ihr werden die dort schon bisher enthaltenen Vorgaben zur Höhe von Betriebsratsvergütungen ausführlicher und genauer gefasst. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich in der abschließenden Debatte über die gefundene Lösung erfreut. „Das schafft Sicherheit auf allen Seiten und stärkt einmal mehr die Sozialpartnerschaft und die Demokratie im Betrieb“, sagte er.
Begrenzungen nach oben gab es bisher nicht
Die Frage, was die angemessene Vergütung ist, wird vor allem dann schwierig, wenn Beschäftigte großer Unternehmen über lange Zeit führende Funktionen als freigestellte Betriebsräte ausüben. Schon bisher legte das Gesetz fest, dass der Arbeitgeber Betriebsräte für deren Tätigkeit weder benachteiligen noch begünstigen dürfe – auch im Hinblick auf ihre berufliche Entwicklung. Wer mit wenig Berufserfahrung ins Unternehmen kommt und dann gleich Betriebsrat wird, darf also nicht auf Dauer wie ein Einsteiger bezahlt werden. Daneben gab das bisherige Gesetz aber nur vor, dass ein Betriebsrat nicht schlechter bezahlt werden dürfe als ein „vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung“. Nähere Begrenzungen nach oben gab es allerdings bisher nicht. Nach dem unerwartet deutlichen Urteil des Bundesgerichtshofs gegen zu hohe Betriebsratsvergütungen hatten daher etliche Unternehmen aus Sorge, sich rechtswidrig zu verhalten, vermeintlich zu üppige Betriebsratsvergütungen gekürzt.
Wer sich von den neuen Paragraphen eine leicht entschlüsselbare gesetzliche Gehaltsvorgabe erhofft, wird indes enttäuscht. Stattdessen sieht das Gesetz nun explizit vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat per Betriebsvereinbarung „ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln“ können. Und im Hinblick auf mögliche Rechtsstreitigkeiten wird festgelegt: „Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.“ Die Betriebsparteien behalten damit also Spielraum, Betriebsratsvergütungen nach ihren Vorstellungen festzulegen. Allerdings werden 700.000 Euro damit auch für Konzernbetriebsratschefs nur schwer zu rechtfertigen sein.
Der FDP-Abgeordnete Carl-Julius Cronenberg nannte die aufgeworfene Frage „knifflig“. Die Bezahlung müsse so gestaltet sein, dass sie weder in Versuchung geführt würden, sich auf die Seite des Arbeitgebers zu schlagen, noch dass ihnen Nachteile durch ihre Tätigkeit entstünden. Diese Balance werde durch die neuen Regeln gestärkt. Auch Unionsabgeordnete lobten die Reform. Heil hatte sie von einer Kommission erarbeiten lassen.