Südafrika Townships als Touristenattraktion

Jugendliche besuchen die Township Imizamo Yethu im Großraum Kapstadt.

Hunderttausende Touristen besuchen in Südafrika nicht nur Tafelberg und Kruger-Nationalpark: Sie gehen auch in die Slums. Voyeuristisch finden das die wenigsten - erst recht nicht die Township-Bewohner.

Richard Klug

Von Richard Klug, ARD Johannesburg

Einer der Höhepunkte der Tour durch Imizamo Yethu ist die illegale Müllhalde neben den Blechhütten. Die Besucher der Armensiedlung werden leise, stehen verlegen neben dem Abfall. In dem Township der Gemeinde Hout Bay südwestlich von Kapstadt kommt keine Müllabfuhr - obwohl sie müsste, denn die Blechhütten-Siedlung ist nicht illegal. Hier liegen Plastikmüll, verrottende Speisereste, menschliche Exkremente. Die Verschläge der Township-Bewohner stehen keine zehn Meter davon entfernt. Hier spielen auch kleine Kinder, Krankheiten breiten sich aus.

Die Tour ist ein Rundgang für Touristen - wohlhabende Menschen, die meist aus Europa oder aus Nordamerika, manchmal auch aus asiatischen Ländern kommen. Menschen, die genug Geld haben, sich einen Flug nach Südafrika zu leisten und dort Urlaub machen. Menschen, die nicht nur Ausflugsziele haben wie den ikonischen Tafelberg oder das bezaubernde Weinland, die nicht nur wilde Tiere in den Parks sehen wollen, sondern eben auch die Müllhalde von Imizamo Yethu.

Touristentouren durch Townships in Südafrika

Richard Klug, ARD Johannesburg, Weltspiegel, 16.06.2024 18:30 Uhr

Ist das Voyeurismus? Mal ein bisschen Elend anstarren, um sich danach ein wenig schuldig zu fühlen, dass es einem besser geht, gleichzeitig aber auch zufrieden zu sein, dass man nicht so ein Schicksal hat? Kritiker dieser Touren haben den Begriff "Armutspornografie" geprägt.

"Ich habe nichts zu verbergen, so ist mein Leben", sagt dazu der Township-Bewohner Andile Mbadeni, der gelegentlich von einem Sicherheits-Unternehmen als Wachmann eingesetzt wird. "Wenn mir einer der Touristen mal sagt, wie ich mein Leben verbessern kann, dann gerne."

Jugendliche besuchen die Township Imizamo Yethu im Großraum Kapstadt.

Voyeurismus? Die Teilnehmer der Tour sagen, sie wollen ein umfassendes Bild von Südafrika. Und auch die Township-Bewohner stören sich nicht an den Besuchern.

"Ich dachte, ich wusste, was Armut bedeutet"

Bei den meisten Touristen, die eine Tour durchs Elendsviertel buchen, ist der Beweggrund in der Tat ehrliches Interesse: das Bedürfnis, im Urlaub nicht nur zu entspannen, sondern auch etwas über das Leben der Menschen im Land zu erfahren. Die Armuts-Tour als Bildungsreise.

Tom Kotecki aus Polen ist ein solcher Tourist, will mehr über die Kultur und die Geschichte Südafrikas erfahren, so wie er das auch schon in anderen Ländern gemacht hat. Von der harten Realität in südafrikanischen Townships ist er schockiert. "Ich dachte, ich hätte gewusst, was Armut bedeutet. Aber das ist nochmal schlimmer", sagt er. "Wie unterschiedlich doch das Leben sein kann, auf der ganzen Welt."

Sein Freund Ted Kaminski ergänzt: "Ich glaube, jede Form von Tourismus ist voyeuristisch. Ich glaube aber auch, dass solche Touren notwendig sind. Jemand wie ich, - oder auch alle anderen in unserer Gruppe -, hätte sonst niemals die Möglichkeit gehabt, dies hier zu sehen. So bekommen wir einen kleinen Einblick." Rund 40 Euro lassen sie sich die vierstündige Tour kosten.

Die meisten der Tourguides wohnen selbst in den Townships. Sie kennen die Ecken, in denen es gefährlich werden könnte und vermeiden es, dorthin zu gehen. In den Townships von Kapstadt herrschen Drogenbanden.

Jugendliche besuchen die Township Imizamo Yethu im Großraum Kapstadt.

Die jungen Reisenden im Township Imizamo Yethu sind sprachlos. "Ich dachte, ich hätte gewusst, was Armut bedeutet", sagt einer.

Einnahmequelle für Township-Bewohner

Die Tourguides glauben nicht, dass man automatisch zum Voyeur wird, wenn man eine solche Tour bucht. Sakhe Goniwe zum Beispiel, der im Township Langa die Touristen durch das Elend leitet. "Ich führe meine Gäste in die Ecke, in der ich selbst lebe. In 'das andere Kapstadt'", sagt er. "Hier leben die Menschen, die in den Hotels und Restaurants in der Innenstadt arbeiten."

Niemand glaube hier, dass der Elends-Tourismus voyeuristisch sei. "Wir wollen diese Gemeinschaften nicht so behandeln, als wäre das ein Erlebnis im Kruger-Nationalpark", sagt sein Chef, der Reiseveranstalter Khonwe Tuswa. "Deshalb setzen wir örtliche Reiseführer ein. Viele Menschen, die in solchen Gemeinden leben, arbeiten in der Tourismus- und Hotelbranche. Der Unterschied besteht darin, dass man diese Menschen auf unseren Touren nicht in einem Restaurant oder einem Hotel im Zentrum trifft, sondern da, wo sie leben."

Außerdem bringe der Tourismus auch Geld in die Townships: Nicht nur die Tourguides verdienen, sondern auch die Souvenir-Verkäufer. Viele der Produkte, die hier angeboten werden, sind in gemeinschaftsbasierten Projekten hergestellt worden. "Heute haben wir Anbieter, die Koch-Shows veranstalten und traditionelle afrikanische Gerichte kochen", sagt Khonwe Tuswa. "Wir haben Familien, die Freiwillige und Austauschstudenten bei sich zuhause unterbringen. Sonntags veranstalten wir Gospel-Touren." Allein in den Townships von Kapstadt nehmen jährlich über 300.000 Touristen diese Angebote wahr.

Diese und weitere Reportagen sehen Sie im Weltspiegel - am Sonntag, 16. Juni ab 18:30 Uhr im Ersten.

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