Vor Ukraine-Konferenz in Luzern Frieden als Fernziel

Das Tagungshotel Bürgenstock Resort am Vierwaldstätter Se

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ringt die Schweiz mit ihrer Rolle als neutrales Land. Militärhilfe leistet sie nicht, nun organisiert sie ein internationales Gipfeltreffen, das eine "Stunde Null" für den Frieden schaffen soll. Ist das machbar?

Von Kathrin Hondl, Genf, und Matthias Ebert, zurzeit Luzern

An der Kulisse liegt es sicher nicht, dass die Erfolgsaussichten dieser Ukraine-Friedenskonferenz eher bescheiden sind. Der Tagungsort, das Luxus-Resort Bürgenstock am Vierwaldstätter See, thront auf einem sattgrünen Bergkamm inmitten der malerischen Landschaft des Kantons Nidwalden. Diplomatische Konferenzen haben hier Tradition. 2002 wurde auf dem Bürgenstock ein Waffenstillstandsabkommen für den Sudan ausgehandelt. 2004 bemühte man sich in der Schweizer Bergidylle - vergeblich - um eine Lösung des Zypernkonflikts.

Klar ist schon vorab: Eine "Friedenskonferenz" wird auch das Treffen an diesem Wochenende nicht. Denn der Aggressor Russland ist nicht dabei und zeigt keinerlei glaubwürdige Bereitschaft, seinen Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Die Schweiz hat das Land auch gar nicht eingeladen. "Hätten wir Russland eingeladen, hätten wir die Ukraine verlieren können", sagt der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis.

"Möglicherweise wäre es aber auch klug gewesen, Russland einfach einzuladen", meint hingegen Thomas Greminger, Direktor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik und früherer Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). "Dann wäre die Verantwortung jetzt nicht bei der Schweiz".

Es sei nun "Kreativität" gefordert, sagt Außenminister Cassis, "verschiedene Wege zu suchen mit Unterstützung vieler mächtiger Länder der Welt".

"Einen Prozess ins Leben rufen"

Vertreter von mindestens 90 Staaten und Organisationen haben ihre Teilnahme zugesagt. Für etwa die Hälfte der Länder kommen die Staats- oder Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und natürlich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Nur: Einige wichtige mächtige Länder werden fehlen - nämlich jene, die Russland nahestehen, allen voran China und Brasilien. Nach einem Treffen der Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd mit Brasiliens Präsident Lula da Silva am Donnerstag in Genf hieß es lediglich: Man habe über die "unterschiedlichen Perspektiven" gesprochen, "wie der Weg zu einem Frieden in der Ukraine angetreten werden kann".

Entsprechend gedämpft sind die Erwartungen vor dem Gipfel in der Schweiz. Er sei schon froh, sagt Außenminister Cassis, wenn es gelinge, bei dieser Konferenz "einen Prozess ins Leben zu rufen". Anders gesagt: Der Weg ist das Ziel.

Kaum Finanzhilfe für die Ukraine

Die Schweiz dürfte ihre Rolle als Gastgeberin dieser - so die offizielle Bezeichnung - "Konferenz zum Frieden in der Ukraine" auch als Chance sehen, das eigene außenpolitische Image zu pflegen. Schließlich gibt es seit Beginn des russischen Großangriffs auf die Ukraine vor fast zweieinhalb Jahren auch viel Kritik an der Schweiz. Mit Verweis auf die Neutralität des Landes und das strenge Kriegsmaterialgesetz verbietet die Regierung in Bern befreundeten Ländern wie Deutschland, in der Schweiz produzierte Waffen und Munition an die Ukraine weiterzugeben.

Auch insgesamt liegt ausgerechnet die reiche Schweiz bei den Ukrainehilfen im internationalen Vergleich weit hinten, nämlich - gemessen an der Wirtschaftsleistung - auf Platz 34 von 41 Ländern, so hat es der "Ukraine Support Tracker" des Kieler Instituts für Weltwirtschaft ausgerechnet.

"Geld ist längst nicht alles", sagt Außenminister Cassis zu dieser Kritik. Mit Blick auf die gerade in Berlin zu Ende gegangene Ukraine-Wiederaufbaukonferenz erinnert er daran, dass auf Schweizer Initiative die erste dieser Konferenzen 2022 in Lugano stattfand. "Da sind wir stolz", so Cassis. Mit der Konferenz zum Frieden versuche man jetzt wieder "etwas anzuspornen, zugegeben in einem viel schwierigeren Kontext".

Suche nach dem Minimal-Konsens

Mit dem Frieden als Fernziel hat die Schweiz für das Bürgenstock-Treffen drei thematische Schwerpunkte gesetzt: nukleare Sicherheit, Lebensmittelsicherheit und humanitäre Fragen. "Für die Konfliktlösung im engeren Sinn sind diese Themen nicht relevant", sagt Sicherheitspolitik-Experte Greminger. Aber es seien "Themen, die nicht polarisieren". Ein Minimal-Konsens also.

Von der Konferenz am Wochenende erhofft sich die Schweizer Regierung eine, wie Außenminister Cassis es nennt, "Stunde Null" eines Friedensprozesses. Zu erwarten ist wohl kaum mehr als wohlmeinende Absichtserklärungen. Um eine offizielle gemeinsame Schlusserklärung der Gipfel-Teilnehmer wird seit Wochen schon verhandelt und gerungen. Es gehe jeden Tag "einen Schritt vorwärts und zwei zurück oder zwei vorwärts und einen zurück", sagte Cassis am vergangenen Montag in Bern.

Für den Genfer Sicherheitspolitik-Experten und Diplomaten Thomas Greminger wäre das Bürgenstock-Treffen schon dann ein Erfolg, so sagt er, "wenn wir am Sonntagabend einigermaßen Klarheit haben, wie es weitergehen soll". Zumindest erlaube die Konferenz, "die Ukraine wieder prominent auf den politischen Radar zu bringen und alle Vorstellungen, wie ein Friedensprozess zu gestalten wäre, zum Ausdruck zu bringen".

Eine Reportage zum Thema und weitere Beiträge sehen Sie im Europamagazin - am Sonntag, 16.6.2024 um 12:45 Uhr im Ersten

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