„Superyachten, Privatjets. Was für ein Quatsch“, sagt die Sprecherin der Grünen Jugend
Markus Lanz lud die Vorsitzenden der Nachwuchsorganisationen von CDU und CSU, SPD, Grünen und FDP ein. Das wurde unterhaltsam und streitlustig: Juso-Chef Philipp Türmer will aus 226 Milliardären 226 Millionäre machen, Svenja Appuhn von der Grünen Jugend will Bürgergeldempfänger „empowern“.
Svenja Appuhn, Sprecherin der Grünen Jugend, findet, dass ein Teil gesellschaftlicher Ressourcen „in Blödsinn gehe“ Screenshot/ZDF
Es ist eine Art Gipfeltreffen des Parteinachwuchses: ZDF-Moderator Markus Lanz hat am Mittwochabend die Vorsitzenden der Nachwuchsorganisationen von CDU und CSU, SPD, Grünen und FDP in seine Sendung eingeladen. „Vielleicht sitzt ja eine oder einer von Ihnen irgendwann im Kanzleramt“, begrüßte Lanz seine Gäste.
Der 55-Jährige war mit Abstand der älteste der Runde. Neben ihm saßen Johannes Winkel von der Jungen Union (32), Philipp Türmer von den Jusos (28), Svenja Appuhn von der Grünen Jugend (26) und Franziska Brandmann von den Jungen Liberalen (30). In Sachen Streitkultur müssen sie den Vergleich mit den Altvorderen ihrer Parteien aber nicht scheuen.
In der ersten Hälfte der Sendung debattierte Lanz mit seinen Gästen über Wirtschafts- und Sozialpolitik. Appuhn und Türmer machten sich für eine Aufhebung der Schuldenbremse stark, Brandmann und Winkel hielten dagegen. So weit, so erwartbar.
Die Sprecherin der Grünen Jugend überraschte allerdings mit der Forderung nach einem deutlich höheren Bürgergeld. Die Sozialhilfereform, die die Union, Teile der FDP und Arbeitgeber vehement kritisieren, geht nach Einschätzung der Studentin gar nicht weit genug. Das Bürgergeld müsse „armutsfest“ gemacht werden, die Bezieher möchte sie „empowern“.
Markus Lanz mit Johannes Winkel, Svenja Appuhn, Franziska Brandmann und Philipp Türmer Screenshot/ZDF
„Wir sind alle nur eine Kündigung von der Arbeitslosigkeit entfernt“, sagte Appuhn. Höhere Bürgergeldsätze stärkten daher die Position von lohnabhängigen Beschäftigten. „Die europäische Armutsschwelle sind 1.250 Euro. Ich glaube, in dem Bereich kann man es sich vorstellen.“ Aktuell beträgt der Regelsatz beim Bürgergeld 563 Euro im Monat, zudem steht den Beziehern eine Erstattung der Wohnkosten zu.
Juso-Chef: Milliardäre aus der Schweiz könnten nach Deutschland auswandern
Juso-Chef Philipp Türmer lenkte das Thema dann geschickt auf die ganz großen Fragen – weg von Detailfragen wie den Sanktionen für Totalverweigerer hin zur Besteuerung von Superreichen. „Inzwischen sind wir in einer Situation, wo Milliardäre aus der Schweiz nach Deutschland auswandern könnten, damit sie endlich weniger Steuern zahlen“, sagte der Sozialdemokrat. Milliardäre würden in Deutschland im Schnitt mit 26 Prozent besteuert, in der Schweiz hingegen mit 32 Prozent, sagte Türmer. Zu diesem Ergebnis kam im April eine Studie der NGOs „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ und „Oxfam“.
„Ich würde gerne aus den 226 Milliardären, die wir in Deutschland haben, 226 Millionäre machen. Denn ich finde, es gibt einen gewissen Reichtum, der ist unsozial“, sagte Türmer. Mit dem Reichtum gehe auch eine „politische Macht“ einher. „Ich finde, es sollte in einer sozial gerechten Gesellschaft keine Milliardäre geben.“ Es gebe ein Punkt, an dem ein Vermögen sich durch den Zinseszinseffekt so sehr vermehre, dass es ein Ausmaß annehme, das „gesellschaftlich destabilisierend“ sei. „Und diesen Punkt haben wir in Deutschland überschritten“, sagte er.
Türmer hatte bereits bei einem Lanz-Auftritt im Februar gegen Milliardäre gewettert und sie als „reiche Schmarotzer“ bezeichnet. Wie in jener Sendung geriet er auch am Mittwoch heftig mit JU-Chef Winkel aneinander. „Wenn du als Juso-Chef, der ehrlicherweise noch nie in der freien Wirtschaft gearbeitet hat, dann zu diesen Unternehmern sagst, ihr seid reiche Schmarotzer, dann finde ich das ehrlicherweise nur eine Absurdität, wo man mit dem Kopf schütteln kann“, sagte Winkel.
Zu seiner Verteidigung führte Türmer auch den Bund der Steuerzahler an, der sich für eine höhere Besteuerung von Einkommensmillionären ausgesprochen hatte, um damit eine Entlastung der Mittelschicht zu finanzieren. Ein Vorschlag, dem sich auch die CDU bereits geöffnet hatte, was in der Runde allerdings nicht zur Sprache kam.
Brandmann: „Also machen wir dann Planwirtschaft?“
Für Stirnrunzeln auch beim Moderator sorgte dann Appuhn, die ganz grundsätzlich fragte, wie die Ressourcen im Land verteilt werden sollten. „Im Moment geht ein nicht irrelevanter Teil der gesellschaftlichen Ressourcen in Blödsinn“, sagte Appuhn. „Superyachten, Privatjets werden gebaut. Was für ein Quatsch. Die Leute wären doch woanders super aufgehoben.“
„Wie jetzt?“, fragte Lanz. „Was ist das Problem dabei?“
„Naja, dass wir als Gesellschaft schon ein bisschen mehr darüber entscheiden sollten: Wo wollen wir unsere Ressource Arbeitskraft einsetzen“, sagte Appuhn.
„Also machen wir dann Planwirtschaft?“, warf Brandmann ein. „Wir sagen einfach staatlich an: Es wird kein Privatflieger mehr gebaut?“, fragte Lanz.
„Ja zum Beispiel“, sagte die Grüne. „In was für einer Welt leben wir denn? In vielen Dörfern kommt zweimal am Tag der Bus und andere haben einen Privatjet.“ Das würde sie durchaus staatlich vorgeben, bekräftigte sie, oder aber durch Vermögensbesteuerung unattraktiv machen. Türmers Zuspruch war ihr sicher.
Lanz hakte später noch einmal nach, wollte wissen, ob Porsche fahren noch okay sei. „Finde ich jetzt nicht geil, aber soll man machen“, sagte die Grüne. Da rede man von Gutverdienern, nicht von Superreichen. Auch Türmer sagte, er wolle niemandem den Porsche verbieten. „Ich will keine absolute Gleichheit zwischen allen und jedem“, sagte der Jungsozialist.
Kurz darauf zog Lanz einen vorläufigen Schlussstrich und wechselte zum Themengebiet Außen- und Sicherheitspolitik. Diese Diskussion lief zwischen den Spitzen des Parteinachwuchses aber deutlich weniger konfrontativ, fast schon einträchtig. Bis auf die Frage, ob Deutschland Taurus-Marschflugkörper liefern oder eine Wehrpflicht einführen sollte: Ersteres lehnt Jusos-Chef Türmer wie auch der Bundeskanzler ab, Letzteres setzte JU-Chef Winkel als Forderung auf dem CDU-Bundesparteitag durch.