Durch das „andere Plettenberg“: Bodyguard des Bürgermeisters trägt eine Glock 17
Besuch in Plettenberg Bay
Durch das „andere Plettenberg“: Bodyguard des Bürgermeisters trägt eine Glock 17
Das Ortsschild von Plettenberg Bay.
Zwei Städte, die grundverschieden sind und 13 720 Kilometer entfernt voneinander liegen und doch einiges gemeinsam haben: hier die Vier-Täler-Stadt Plettenberg im Sauerland und dort am südlichen Zipfel des afrikanischen Kontinents Plettenberg Bay (Bucht) am Indischen Ozean.
Plettenberg Bay – Bei beiden Städten sorgte das westfälische Uradelsgeschlecht der Familie von Plettenberg für die Namensgebung. Bei Plettenberg Bay in Südafrika war es der niederländische Baron Joachim van Plettenberg, der 1779 als niederländischer Gouverneur der Kapkolonie die Fahne in den Strand des Küstenstädtchens bohrte, das sich einst Bahia formosa („schöne Bucht“) nannte. Der niederländische Familienzweig ist mangels Nachkommen mittlerweile erloschen, doch der Name Plettenberg ist beiden Städten geblieben.
So weit die Geschichte. Doch wie ist dieses andere Plettenberg, das zwölf Flugstunden von der Vier-Täler-Stadt entfernt liegt? Dieser Frage ging der Chronist nach und verband eine ohnehin geplante private Reise zum runden Geburtstag der Frau mit einem mehrtägigen Abstecher nach Plettenberg Bay und einem eher ungewöhnlichen dienstlichen Termin.
Claude Terblanche, Bürgermeister von Plettenberg Bay, präsentierte Georg Dickopf eines der für knapp 10 000 Euro von der Kommune finanzierten Häuser für Flüchtlinge.
Weil genau wie im heimischen Plettenberg niemand anderes so gut über die Stadt Bescheid weiß wie der Bürgermeister, vereinbarte die Redaktion im Vorfeld einen Termin mit dem Bürgermeister in Südafrika. Und so wurde der Redakteur aus dem sauerländischen Plettenberg von Claude Terblanche, dem frischgebackenen Bürgermeister aus Plettenberg Bay im Rathaus der Stadt empfangen. Das ist im Vergleich zum u-förmigen Bau in Plettenberg eher schlicht und klein gehalten. Claude Terblanche, der sehr freundliche Bürgermeister des Bitou Municipality (Gemeinde) ist knapp zwei Köpfe kleiner als sein groß geratener Amtskollege aus dem Sauerland, doch hier wie dort tragen die Bürgermeister Amtsketten.
„Es regnet hier selten länger als zwei Tage“
Als der Gast aus dem fernen Deutschland die Gastgeschenke auspackt und dem erst seit einigen Wochen regierenden Claude Terblanche einen Wimpel der Stadt und eine Plettenberg-Münze zusammen mit einem Schreiben von Bürgermeister Ulrich Schulte überreicht, ist das Eis gebrochen. Die Tourismus-Managerin schießt ein paar Fotos und dann berichtet Claude Terblanche vom außergewöhnlich guten Wetter („Es regnet hier selten länger als zwei Tage“).
Das Kompliment, dass es in seiner Stadt sehr sauber aussieht, nimmt Terblanche dankbar entgegen, erklärt aber auch, warum das so ist. „Wir lassen den Müll in der Hauptsaison täglich einsammeln, ansonsten zwei Mal in der Woche“, sagt Terblanche, der auf die Frage nach seinem Lieblingsplatz nicht lange überlegen muss. Die nur einen Steinwurf entfernte Einkaufsmeile an der Main Street mit ihren Geschäften, Boutiquen und Restaurants gefalle ihm sehr gut.
Claude Terblanche freute sich über die Geschenke aus dem anderen Plettenberg.
Etwas überraschend fällt die Frage nach der Einwohnerzahl aus, die laut Wikipedia 2011 bei gut 30 000 Einwohnern lag. Jetzt sind es fast 65 000 Einwohner – „wir haben hier sehr hohe Steigerungsraten“, sagt Terblanche, dessen Stadt hauptsächlich vom Tourismus lebe. Profitieren könne man aber auch von den zahlreichen Millionären und gut betuchten Einwohnern, die ihren Alterssitz oder ihr Urlaubsdomizil in die Stadt am Indischen Ozean verlegt hätten. Dass auch der deutsche Millionär Dieter Bohlen dort lebt, wusste Terblanche nicht, verwundert ihn aber nicht weiter.
Anders als das Plettenberg im Sauerland verfügt die Stadt am Indischen Ozean über kein Freizeitbad, hat dafür aber drei Strände an einem 27 (!) Kilometer langen Küstenstreifen. Schwimmkurse würden deshalb hauptsächlich im Indischen Ozean gegeben, so Terblanche.
Für deren Sicherheit sowie für die der Strandbesucher sorgen jede Menge Life Guards und fast 30 Shark Spotter, die mit Ferngläsern die Küstenlinie nach Haien absuchen, denn immer mal wieder kommt es dort zu Angriffen. Zuletzt im September 2022 wurde eine 39-jährige Touristin im flachen Wasser von einem Weißen Hai angegriffen und überlebte den Haiangriff nicht.
Auf die Frage, wie sich solche tödlichen Angriffe auf den Touristenstrom auswirken, antwortet Terblanche: „Der Touristenzustrom hat sich dadurch nicht abgeschwächt.“ Es sei nun mal bekannt, dass es in der Gegend Haiangriffe geben könne.
Während der Weiße Hai manchmal zu nahe an die Küste kommt, halten die Wale eher Abstand, die ab September in großer Zahl an der Küste vor Plettenberg Bay gesehen werden können.
Doch man kann in Plettenberg Bay auch mit den Robben schwimmen, denn die leben vor Robberg Island in sehr großer Zahl. Ob auf einem Wanderweg oberhalb der Klippen oder per Boot – die Robben sind eine echte Touristenattraktion. Zusätzlich gibt es vor der Küste ganzjährig Delfine zu sehen.
In der „Elephant Sanctuary“ kann man vor den Toren der Stadt mit Elefanten auf Tuchfühlung gehen.
Eine weitere Touristenattraktion ist die Elephant Sanctuary, wo man mit den Dickhäutern spazieren gehen kann. Nebenan gibt es einen Affenpark und auch Golfspieler kommen auf zwei riesigen Anlagen auf ihre Kosten.
Gäste mit gut gefülltem Geldbeutel können in 5-Sterne-Häusern wie The Robberg Beach Lodge und The Plettenberg Hotel logieren.
Und doch gibt es laut Claude Terblanche, der vor der Hochzeit steht und drei Kinder hat, noch einiges zu verbessern. In erster Linie geht es ihm darum, die Kluft zwischen armen und reichen Einwohnern zu verringern.
Was er genau meint, zeigt er dem Reporter aus dem anderen Plettenberg ganz spontan bei einer Stadtrundfahrt. Dabei geht es gemeinsam mit seinem bewaffneten Bodyguard Granville Naldrett über eine weiße Fußgängerbrücke, die die Garden Route N2 überspannt. Dabei tritt man sozusagen in eine andere Welt über, denn während auf der einen Seite der Garden Route prächtige Villen und Hotels stehen, stochern die Bewohner im Township auf der anderen Seite in Müll und Ascheresten herum.
Bodyguard Granville Naldrett trägt eine Glock 17.
Dort habe es kürzlich einen Brand gegeben, doch man stelle Material zum Wiederaufbau zur Verfügung, erklärte Terblanche, der selbst auch nach seiner Wahl zum Bürgermeister weiter im Township wohne.
Und so wie es hier im Bereich Beiese Schrottimmobilien neben ansehnlichen Einfamilienhäusern gibt, findet man auch in den Townships ganz unterschiedliche Arten von Verschlägen, Hütten, kleinen Häusern und massiven größeren Häusern mit Zaun und Garten. Und ein Stück weiter oberhalb in dem riesigen Township präsentiert Terblanche mehrere fertiggestellte Häuser, die im Auftrag der Kommune für je 185 000 Rand (etwa 9 300 Euro) für Flüchtlinge errichtet werden, die dort kostenfrei wohnen dürfen. Auch ein Krankenhaus und einen Supermarkt mit vergünstigten Preisen zeigt er in den Townships von Plettenberg Bay.
Zu Besuch in Plettenberg Bay.
Was alle Bewohner der Stadt betrifft und was der Bürgermeister lieber heute als morgen verändern möchte, ist die Stromversorgung, denn unter dem Stichwort „Load Shedding“ wird dort regelmäßig für zwei Stunden am Tag der Strom abgestellt. In einem Land, dessen Stromversorgung vor allem durch Kohlekraftwerke gewährleistet wird, ist das Load Shedding (Lastabwurf) ein Mittel, um eine Überlastung des Netzes zu verhindern. Auch an Wasser muss gespart werden, weshalb Claude Terblanche in die Infrastruktur investieren will. „Wir wollen eine stabile Versorgung auf hohem Standard sicherstellen“, sagt Terblanche. Während es im sauerländischen Plettenberg Proteste gegen einen Solarpark gibt und riesige Windkraftanlagen geplant werden, wäre der Südafrikaner froh, solche Alternativen zu haben. Wie es in Deutschland aussieht, weiß Claude Terblanche nur von Fotos aus Büchern und dem Internet. Und doch ist er Fan von Borussia Dortmund und sah die Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika.
Das Schreiben des Plettenberger Bürgermeisters an den Amtskollegen in Plettenberg Bay
Den nachfolgenden Brief aus der Feder des Plettenberger Bürgermeisters Ulrich Schulte überreichte der Chronist mit einem Stadtwappen und einer Medaille der Stadt an den neuen amtierenden Bürgermeister von Plettenberg Bay. Hier der Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Claude Terblanche, lieber stellvertretender Bürgermeister Nokuzola Kolwapi und lieber Gemeinderat David Swart, mit diesem Brief an Sie möchten wir unsere freundlichen Grüße an die Hauptstadt Plettenberg Bay in der Gemeinde Bitou in Südafrika übermitteln.
Obwohl unsere beiden Städte etwa 13 000 Kilometer voneinander entfernt sind, teilen wir ein wenig Geschichte. Wie wir wissen, wurde Plettenberg Bay nach dem niederländischen Baron Joachim van Plettenberg benannt, der Gouverneur der Kapkolonie wurde und die Stadt 1779 umbenannte. Diese Kolonialzeit soll natürlich nicht romantisiert werden. Wir versichern Ihnen, dass das deutsche Plettenberg offen ist und aufgeschlossen gegenüber allen Menschen.
Der Name Plettenberg verbindet uns jedoch, da die Vorfahren des Barons tatsächlich hier in der Nähe unserer Stadt ihren Hauptsitz hatten. Aber es gibt noch mehr: Plettenberg Bay und Plettenberg wurden entlang von Flüssen und in Waldgebieten gegründet, die für die ersten Entwicklungen und die spätere Industrie von entscheidender Bedeutung waren.
Wir haben nur ein einen Mini-Ozean, ein kleiner Stausee namens Oestertalsperre. Wenn wir die Politik außen vor lassen, werden unsere beiden Gemeinschaften diesem Grundsatz sicherlich gerecht!
Sie alle nennen Ihre Stadt liebevoll „Plett“, wir nennen unsere Stadt die „Vier-Täler-Stadt“. Deshalb wünschen wir Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft, von der Vier-Täler-Stadt bis nach Plett!
Mit freundlichen Grüßen
Bürgermeister Ulrich Schulte