Meisterin der Farben: Émilie Crickx bringt mittelamerikanisches Flair in ihr Stadthaus nach Brüssel
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Meisterin der Farben: Émilie Crickx bringt mittelamerikanisches Flair in ihr Stadthaus nach Brüssel
Die Stylistin Émilie Crickx ließ sich von einer Reise nach Mexiko inspirieren und transportierte mittelamerikanisches Flair in ihr Familienzuhause nach Belgien.
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Kennen Sie noch das Bilderbuch „Frederick“ von Leo Lionni? Es handelt von einer Feldmaus, die anders als die anderen Mäuse für den Winter keine Körner und Nüsse, sondern Sonnenstrahlen und Farben sammelt. Die Protagonistin unserer Geschichte, Émilie Crickx, hat es ganz ähnlich gemacht. Ihr Name klingt zwar, als wäre auch sie ein fiktiver Charakter (Crickx, so könnte doch eine Marvel-Heldin heißen), sie ist aber eine ganz reale, ausgesprochen lebhafte Person. Die 28-jährige Belgierin ist Stylistin, Inhaberin des nachhaltigen Swimwear-Labels Rhodée und nun auch stolze Besitzerin eines historischen Wohnhauses in Brüssel, in dem sie mit ihrem Mann Arnaud De Vos und ihrem einjährigen Sohn Diego lebt. Ähnlich wie in Deutschland sind die Wände in belgischen Wohnungen tendenziell eher weiß – ganz anders im Hause Crickx. Eine Mexikoreise, auf der sie die farbsatten Bauten von Luis Barragán besichtigte, hinterließ nachhaltig Eindruck bei ihr. Wie ein Schwamm scheint sie Farben und Impressionen aufzusaugen, um sie im entscheidenden Moment großzügig über Wände und Oberflächen zu verteilen und so mitten in Westeuropa mittelamerikanisches Flair zu verbreiten.
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Ein Roséfarbener Faden – vom Boden bis zur Decke
Als sie und ihr Mann 2020 ihr jetziges Haus zum ersten Mal besichtigen, nahmen sie gleich das Architektenpaar Leonet Hoang mit. Ngoc Hoang ist eine langjährige Freundin, deren Sinn für Details Crickx ungemein schätzt. Das Briefing für das Architektenduo lautete: „Erschafft einen Ort, der sich anfühlt, als wären wir im Urlaub.“ In die Gestaltung war Crickx – wie sollte es bei einer Stylistin anders sein – stark involviert. Im Lauf der Renovierung, die zwei Jahre dauerte, wurde der ursprüngliche Plan immer wieder neu angepasst. Zunächst war beispielsweise nur die Küche in Rosa geplant. Mit einem roséfarbenen Betonboden, bei dessen Abmischung die Hersteller die Hausherrin ungläubig fragten, ob sie diesen Ton wirklich so wollte. Ja, wollte sie.
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"Ich bin kein zögerlicher Mensch. Entscheidungen treffe ich meist sehr zügig."Émilie Crickx
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Von der Küche schien sich die Farbe dann wie von Zauberhand über das gesamte Erdgeschoss auszubreiten. Für das angrenzende Wohnzimmer war eigentlich Parkett geplant. Als Crickx den Preis dafür erfuhr, cancelte sie Parkett und ließ stattdessen rosafarbene Fliesen verlegen. Daneben wirkten nun aber die Wände plötzlich sehr weiß, sodass sie kurzerhand ebenfalls rosa gestrichen wurden, inklusive Zimmerdecke. Ein Riesenstreitpunkt zwischen dem jungen Ehepaar, denn Arnaud war mit der Rosa-Invasion zunächst überhaupt nicht einverstanden. Genauso wenig wie mit dem grüngelben Teppichboden im Schlafzimmer.
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"Für mein Haus bevorzuge ich weniger, aber besser. Das war schon immer mein Motto."Émilie Crickx
Hier sollte ursprünglich ecrufarbener Bodenbelag verlegt werden, passend zu dem in der Ankleide, doch die Stylistin hatte das Gefühl, hier fehle noch ein Farbakzent. Kurzerhand wählte sie im Teppichgeschäft gemeinsam mit dem Architekten Charles Leonet die senfgelbe Auslegeware. Ihren Mann informierte sie per Telefon; der war genauso geschockt wie von dem rosa Erdgeschoss. „Émilie, das ist ein Witz, oder?“, rief er ins Handy. Es war aber kein Witz, und letztendlich ging das Farbkonzept hervorragend auf, und alle Hausbewohner fühlen sich jetzt wohl damit.
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Erfindungsgeist und Kohärenz machen das Haus zu etwas ganz Besonderem
„Ich bin kein zögerlicher Mensch“, sagt Émilie Crickx über sich selbst. „Ich treffe Entscheidungen meist zügig.“ Dabei ist ihr Kohärenz besonders wichtig: Kein Raum sollte für sich stehen, stattdessen alles zusammengehören. Und so wurde auch nur eine Handvoll Materialien ausgewählt, die sich jetzt im ganzen Haus wiederholen. Der prägnante rosafarbene iranische Travertin in der Küche findet sich zum Beispiel auch im Bad wieder. Und das dunkle Holz der Küche im Schlaf- und Ankleidezimmer. Für die Einbauten hätte die Designerin am liebsten Nussbaum oder Palisander verwendet, doch das sprengte erneut das Budget. Gemeinsam mit einem findigen Schreiner, den sie noch aus ihrer Zeit als Stylistin beim belgischen Label Bellerose kannte, fand sie einen Weg, Bambus so zu behandeln, dass es genau den gewünschten, tiefen Farbton bekam.
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Mut zu Kreativität und zügigen Entscheidungen
Crickx' Stringenz bei der Gestaltung zieht sich bis ins letzte Detail. Alle Bilder im Haus schuf der Künstler Stefan De Jaeger, von dem sie mit 18 ihr erstes kleines Bild kaufte; fast alle Leuchten sind von Hans-Agne Jakobsson und alle Möbel Vintages. Bei keiner Entscheidung ließ sich die Belgierin in ihrer Vision beirren. Die eingangs erwähnte Geschichte von der Feldmaus Frederick sollte seinerzeit Mut machen, anders zu denken und kreativ zu sein. Vielleicht schafft das die Geschichte von Émilie Crickx ja auch.
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