Eskalation zwischen ethnischen Gruppen: Mob zündet in Türkei Geschäfte von Syrern an – vier Tote bei anti-türkischen Protesten in Syrien
In der Türkei herrscht eine feindliche Stimmung gegenüber Syrern. In Kayseri ist dies nun in Gewalt umgeschlagen. Als Reaktion darauf kommt es auch in Syrien zu tödlichen Auseinandersetzungen.
Nach der Verhaftung eines Syrers, der beschuldigt wird, seine siebenjährige Cousine sexuell missbraucht zu haben, nehmen Menschen an einer Demonstration teil, die durch die Gewalt gegen Syrer in der Türkei ausgelöst wurde.
In der Türkei hat ein Mob Geschäfte von Syrern angegriffen. Es seien auch Häuser und Fahrzeuge im zentraltürkischen Kayseri beschädigt worden, schrieb Innenminister Ali Yerliakya auf der Plattform X. Auf Videos war zu sehen, wie Menschen am Donnerstagabend durch die Straßen zogen und Sprechchöre wie „Syrer raus“ und „Trete zurück, Erdogan“ riefen. „Es ist inakzeptabel, Häuser anzuzünden, Vandalismus zu betreiben und Straßen in Brand zu setzen“, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan zu den Vorfällen.
Den Angriffen war die Festnahme eines syrischen Mannes vorausgegangen, der seine sieben Jahre alte Cousine sexuell missbraucht haben soll, schrieb Anadolu. Der Verdächtige wurde mittlerweile verhaftet, das Mädchen in Obhut genommen. Insgesamt seien 67 Menschen nach den Angriffen festgenommen worden, so Yerlikaya.
Im von der Türkei besetzten Norden Syriens kam es laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte unter anderem in Reaktion auf die Übergriffe zu tödlichen Auseinandersetzungen. Daran seien in der Stadt Afrin bewaffneten Demonstranten und Angehörige der türkischen Streitkräfte sowie mit ihnen verbündete Milizen beteiligt gewesen. Auch an anderen Orten habe es Zusammenstöße gegeben. Insgesamt seien vier Menschen getötet worden. Zudem seien 20 Menschen verletzt worden.
Hunderte Menschen demonstrieren in Syrien
Laut der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle nahmen hunderte Menschen in mehreren Städten an den Protesten teil. Vielerorts wurden demnach türkische Flaggen von Gebäuden abgerissen. Am Grenzübergang Dscharabulus eröffneten demnach türkische Grenzschützer das Feuer auf Demonstranten, die versuchten, in die Türkei zu gelangen.
Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Die Angaben der Organisation sind von unabhängiger Seite oft kaum zu überprüfen.
Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete von bewaffneten Männern, die in der Stadt Al-Bab das Feuer auf türkische Lastwagen eröffneten. In der syrischen Stadt Asas sagte einer der Demonstranten der Nachrichtenagentur AFP, er protestiere aus Solidarität „mit unseren syrischen Brüdern in der Türkei“, die „vor Baschar al-Assad geflohen sind, um in der Türkei unterdrückt zu werden“.
Die Türkei hat in den vergangenen Jahren rund 3,2 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Es herrscht zunehmend eine feindliche Stimmung gegenüber Syrern und anderen Menschen aus arabischen Ländern. Einer Umfrage von 2022 zufolge wollen 80 Prozent der Türken, dass Syrer das Land verlassen. Viele Menschen in der Türkei kritisieren die Flüchtlingspolitik von Präsident Recep Tayyip Erdogan als verfehlt.
In den vergangenen Jahren ist es mehrfach zu rassistischen Vorfällen gekommen, die nicht selten durch in Online-Netzwerken kursierende Gerüchte ausgelöst wurden.
Die Türkei hat seit 2020 Soldaten im Norden Syriens stationiert und kontrolliert mit der Unterstützung syrischer Hilfstruppen zwei großflächige Gebiete an der Grenze zur Türkei. (dpa, AFP)