Vogelgrippe: Ausbreitung birgt laut Grünen-Sprecher Janosch Dahmen Pandemie-Potenzial
Droht eine neue Seuche? Die Ausbreitung des Virus H5N1 in US-Kuhställen beschäftigt Wissenschaft und Politik gleichermaßen. Grünenpolitiker Dahmen fordert eine Anpassung der Notfall-Pläne. In der FDP gibt man sich hingegen gelassen.
Vogelgrippe: Ausbreitung birgt laut Grünen-Sprecher Janosch Dahmen Pandemie-Potenzial
Dem Erreger der Vogelgrippe ist es gelungen, die Artengrenze zu überspringen und einen neuen Wirt zu erobern: die Milchkuh. Innerhalb weniger Monate hat das Virus in den USA mindestens 132 Herden in zwölf US-Bundesstaaten infiziert – eine Entwicklung, die Wissenschaftlern und Politikern Sorgen bereitet.
Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen, hat die Bundesregierung nun aufgefordert, sich besser auf eine Ausbreitung der Vogelgrippe vorzubereiten. Das Virus habe theoretisch das Potenzial, sich so weiterzuentwickeln, dass es zu einer Pandemie kommen könne, sagte Dahmen dem Magazin »Stern«. Die starke Verbreitung biete dem Erreger zudem derzeit viele Gelegenheiten, sich zu verändern und anzupassen. »Besonders eine, wenn auch unwahrscheinliche, Kombination mit anderen Influenza-Viren wäre als Mutation verheerend«, so Dahmen.
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Der Grünenpolitiker drängte auf einen besseren Schutz. »Wir müssen beispielsweise die Milchvieh-Bestände in Europa systematischer als bisher überwachen und bestehende Abwassermonitor-Systeme auf H5N1 ausweiten«, sagte er. »Auch sollten wir unsere Notfallpläne für eine mögliche Impfstoffproduktion anpassen – für den Fall, dass wir die Impfstoffe anpassen und die Produktion schnell hochfahren müssen.«
Andrew Ullmann, Gesundheitspolitiker der FDP, zeigt sich weniger alarmiert als Dahmen. »Noch bin ich nicht sonderlich besorgt«, sagte Ullmann dem »Stern«. »Wir sollten nicht grundsätzlich bei jedem Erreger in Panik verfallen.« Doch auch er wies darauf hin, dass das Virus potenziell gefährlich werden könne, wenn es von Mensch zu Mensch übertragen wird. »Auf diese Gefahr sollten wir wissenschaftlich, medizinisch sowie politisch vorbereitet sein.«
Die Ausbreitung der Vogelgrippe schürt auch unter Pandemie-Experten zunehmend Sorgen. »Es scheint fast wie eine Pandemie, die sich in Zeitlupe ausbreitet«, sagte Scott Hensley, Professor für Mikrobiologie an der Universität von Pennsylvania. »Momentan ist die Bedrohung ziemlich gering, aber das könnte sich schlagartig ändern.«
Lücken in der Überwachung des Virus könnten das Erkennen einer neuen Pandemie verzögern, befürchten Experten. Seit 2020 beobachten viele von ihnen den neuen Subtypen des H5N1-Vogelgrippevirus bei Zugvögeln. Mit der jüngsten Ausbreitung des Virus unter Milchkühen könnte jedoch auch eine Übertragung zwischen Menschen näher rücken. Infektionen wurden auch bei anderen Säugetieren, von Alpakas bis hin zu Hauskatzen, festgestellt.
WHO bewertet H5N1-Risiko zurzeit als gering
Die Weltgesundheitsorganisation bewertet das Risiko von H5N1 für Menschen noch als gering, da es keine Hinweise auf eine Übertragung zwischen Menschen gebe. Andere Experten sehen allerdings genügend Anlass, sich auf eine mögliche Ausbreitung beim Menschen vorzubereiten. Einige Länder ergreifen bereits Schutzmaßnahmen: So haben sich die USA und Europa Dosen eines »präpandemischen« Grippeimpfstoffs gesichert, der für Risikogruppen wie Landwirte oder Laborarbeiter verwendet werden könnte. Finnland wird voraussichtlich das erste Land sein, das Beschäftigte in Pelz- und Geflügelfarmen sowie Mitarbeiter von Tiergesundheitsdiensten impft.