Ist der Urban Jungle wieder cool?
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Ist der Urban Jungle wieder cool?
Urban Jungle und Chaos Gardening: So holen Sie sich das Dschungel-Feeling nach Hause.
Es gab eine Zeit, da war der Urban Jungle so richtig en vogue. Es gab zahlreiche Blogs, die sich mit der adäquaten Pflege von Zimmerpflanzen auseinandersetzten, und auf Instagram sah man allerlei Bilder von lichten Altbauwohnungen mit der Sorte Dielenboden, die schon knarrt, wenn man ihn nur anschaut. Darauf standen dann riesige Monsteras, außerdem Bogenhanf, Efeututen, Philodendren und Dattelpalmen. Ihre Bewohner:innen pflegten die Pflanzen wie andere ihre Haustiere. Gossen und düngten sie, stellten sie am Wochenende in die Dusche und zogen Ableger groß. Irgendwann, das ist ja immer so, wurde die Auswahl der Pflanzen distinguierter. Man sah längst nicht nur noch Monsteras, sondern auch seltene Kakteen, große Palmen oder ganze Bäume, die dann nicht mehr in der Gruppe, sondern als Solitär im Raum standen. Eine im Baumarkt erworbene Monstera kann schließlich jede:r großziehen, einen seltenen Zimmerbaum muss man sich leisten können.
Natürlich gab (und gibt) es auch all jene gestaltungsaffinen Menschen, die regelrecht stolz darauf waren, mit Pflanzen nichts am Hut zu haben. Falls Ihnen diese Sorte noch nicht begegnet ist: Sie sind vergleichbar mit all jenen, die sich rühmen, keinen Fernseher zu Hause zu haben, weil der nicht zum ästhetisch perfekten Gesamtbild passt. Mir erschien das immer ein bisschen snobby, als ob ein Fernseher etwas Verpöntes wäre, von dem man sich als Teil des Stilbürgertums unbedingt abgrenzen muss. (Dabei macht es doch wirklich keinen Spaß, einen Film auf dem fleckigen Laptop zu schauen.)
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Der Urban-Jungle-Trend gedeiht noch immer
Doch zurück zum Urban Jungle: Zugegeben konnte auch ich lange nur wenig mit Zimmerpflanzen anfangen und hatte kein Interesse daran, meine kleine Wohnung in einen Urban Jungle zu verwandeln. Als Studentin kaufte ich einmal zwei Orchideen bei Ikea, die nervtötend lange überlebten, ansonsten schien ich keinen ausgeprägten grünen Daumen zu haben. Dabei liest man ja immer wieder in Wissenschaftsmagazinen, dass Pflanzen das Wohlbefinden verbessern. Es gibt sogar Untersuchungen, wie sich Büropflanzen auf die Stimmung von Arbeitnehmer:innen auswirken (obwohl ein vertrockneter Ficus wohl eher traurig stimmt).
Letztens nahmen wir bei der Auflösung eines Möbelshowrooms eine klägliche, halb vertrocknete Pflanze mit. Wir haben sie an den sonnigsten Platz der Wohnung gestellt und neue Erde aufgefüllt. Regelmäßig bekommt sie ihr Wasser. Sie wächst und gedeiht, und ich habe, zu meiner eigenen Überraschung, großen Spaß daran gefunden, ihr dabei zuzuschauen. Morgens nehme ich sie unter die Lupe und schaue, ob sich ein neues Blatt hervorschiebt. Es gibt ein wunderbares Foto vom großen brasilianischen Landschaftsarchitekten Roberto Burle Marx, der seinen Kopf mit Freude durch zwei riesige Blätter schiebt. Entdecke ich ein neues Blatt, fühle ich mich ganz ähnlich.
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Sorglos gärtnern dank „Chaos Gardening“
Gleiches gilt für den Balkon, wo jetzt Erdbeeren, Himbeeren und Zucchini wachsen. Leider kann ich schon jetzt sagen, dass es wohl auf eine überschaubare Ernte hinauslaufen wird und ich für den bereits investierten Betrag sicherlich mehrere große Schalen mit Beeren und Gemüse hätte kaufen können. Im schlimmsten Fall wird die Bepflanzung des Balkons sogar noch teurer, weil sie eine solche Sehnsucht nach Grün auslösen könnte, dass wir die Stadt verlassen und aufs Land ziehen müssen.
Dann übrigens würde ich „Chaos Gardening“ praktizieren, einen Begriff, den ich bei House & Garden gelernt habe und der wild angelegte Gärten beschreibt. Ein verlockendes Konzept für alle, die wie ich wenig Interesse an der tiefgreifenden Pflanzenrecherche haben. Sollte der Wissensdurst doch stärker werden, werde ich mir eine Dokumentation oder zumindest ein Youtube-Tutorial anschauen. Auf dem Fernseher, versteht sich.
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