Wetter in Deutschland: Jörg Kachelmann über Gewitter am Wochenende – Vorhersage
Starkregen, Großhagel, Sturzflut – auch am Wochenende dürfte es in weiten Teilen Deutschlands Unwetter geben. Unser Experte Jörg Kachelmann rät: Im Zweifel lieber im Wohnzimmer Fußball gucken.
Wetter in Deutschland: Jörg Kachelmann über Gewitter am Wochenende – Vorhersage
Wie sieht’s aus?
Gewitterluft liegt über drei Vierteln von Deutschland, man sieht es an den sogenannten Taupunkten, einem Parameter zur Messung von Luftfeuchtigkeit. Wo die Taupunkte-Karte grüne Werte anzeigt, ist die Luft trocken, dort gibt es also erst mal keine Gewitter. Ab einem Wert von 16 Grad wird die Anzeige gelb, rot oder gar pink: An diesen Orten ist es schwül, dort können auch am Freitag wieder Gewitter und Unwetter entstehen.
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Am Freitag werden die Gewitter zunächst wieder örtlich begrenzt sein – so wie es gestern schon der Fall war, als Nässe im Überfluss und Trockenheit eng beieinander lagen. Hier finden Sie einen Überblick der Regenmengen in den 24 Stunden bis heute 7 Uhr: Wenn man in die Landkreise zoomt, sieht man die Riesenunterschiede auf engem Raum.
Wie ist das zu erklären?
Boomer erinnern sich womöglich noch an den Begriff der »frischen Meeresluft« in den Wetterberichten. Für Nord- und Ostsee ist die Lage inzwischen eine andere: Sie sind zwei bis drei Grad wärmer als in dieser Jahreszeit üblich. Das bedeutet, dass Wind aus viel mehr Richtungen als früher feuchte Luft mit hohen Taupunkten zu uns bringen kann.
Dann braucht es nur noch ein Hebungsmoment durch Berge oder Tiefdruckeinfluss, um Schauer oder Gewitter mit Schmackes zu produzieren. Der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Luft bedeutet auch, dass Gewitter eine große Menge sogenannten stürzbaren Wassers in sich tragen, also: viel Regen mit sich bringen können.
Wie geht’s weiter?
Am Samstag und Sonntag kommt das große Finale für diese Unwetterlage. Eine Kaltfront wird zusätzliche Hebung bringen – damit wird das Ganze nicht mehr örtlich als Popcorn-Gewitter stattfinden, stattdessen wird auf der ganzen Linie durchgewischt. Starkregen, Großhagel, Sturzflut, fast das ganze verfügbare Programm.
Und das an einem Tag erhöhter Vulnerabilität: Viele werden nach einem heißen Tag draußen sein, das EM-Achtelfinale schauen, ihrer Obsession nachgehen, immer irgendwas grillen zu müssen. Und dann ist da noch das ethnisch bedingte Unverwundbarkeit-Syndrom. Ein Worst-Case-Szenario für alle, die mit Daseinsvorsorge zu tun haben.
Was sollte ich tun?
Verfolgen Sie laufend das Stormtracking und kontrollieren Sie, ob Sie in der Zugbahn eines Lebensgefährders sind, die Farben rot und lila sind alarmierend. Heute sind die langsam ziehenden Dinger beachtenswert (der äußerste Westen ist außen vor).
Sie kennen den Drill: Kein Ziel für den Blitz sein, der eigene Garten ist nicht sicherer als die große Wiese vor der Stadt, im Zweifel lieber im Wohnzimmer Fußball gucken.
Und ansonsten: Nicht in den Keller schauen, ob es durchsuppt. Nicht mit dem Auto in Tiefgaragen und Unterführungen fahren. Am Samstag brauchen sie außerdem einen schnell funktionierenden Fluchtplan für den Notfall, vor allem einen, bei dem Ihnen kein Baum auf Kopf oder Auto fällt. Es geht im Südwesten los und rauscht dann Richtung Nordosten. Der Südosten Bayerns ist zunächst nicht betroffen.
Und was tun Sie?
Ich verfolge die Modellvorhersagen, Details sind noch offen. Es wird womöglich was Großes. Dennoch müsste niemand sterben, wenn sich alle angemessen verhalten. Es wäre ein sinnstiftendes Wunder und ein Gottesbeweis, wenn es gelänge.