„Der Wegscheider“ und die Frage nach der Zensur auf Servus TV
„Der Wegscheider“ und die Frage nach der Zensur auf Servus TV
Das mit der Satire ist so eine Sache. Bei der Gattung an sich, bei Art und Zielen ihres Spotts scheiden sich die Geister. Was auch im Intro der Sendung „Der Wegscheider“ betont wird: Hier scheiden sich die Geister. Doch was erzählt Ferdinand Wegscheider, Programmchef des Privatsenders Servus TV, hier eigentlich? Ist die Satire wesentlich oder dient sie eher als Deckmantel, um die Grenzen des Sagbaren zu dehnen? Wann wird satirisch überzeichnet, wann vielmehr verzerrt? Hierum gibt es einen gerichtlichen Streit zwischen dem Salzburger Privatsender und der Behörde Komm Austria.
„Ich muss vorsichtig sein“, sagte Wegscheider also am Samstag in seinem Wochenkommentar. Denn „so eine subjektive Meinung in einem völlig ernst gemeinten Kommentar könnte möglicherweise neuerlich gegen das Objektivitätsgebot im Privatfernsehen verstoßen“. Ironie off. Man muss wissen: Kürzlich hatte der Verwaltungsgerichtshof Wegscheiders „Freispruch“ aufgehoben, es ging um die Frage, ob er mit seinen Polemiken das Objektivitätsgebot verletzt habe. Nun steht eine neuerliche Prüfung an. Und Wegscheider brachte in seiner Sendung das Thema Zensur auf, streng satirisch oder auch nicht, das bleibt offen.
Im Zentrum seiner Kritik: Die Objektivitätsprüfung, die nun neuerlich erfolgen soll, werde „anhand jeder einzelnen Sendung“ vorgenommen, wie Wegscheider meint. „Der Till“, sagte er also und legte seine Hand auf die beschellte Requisite, die Handpuppe von Till Eugenspiegel, „der Till ist ja der Meinung, dass das dann den Tatbestand der Zensur erfüllt. Wenn man jemandem sagt, dass seine subjektive Meinung objektiv sein muss. Oder sonst gar nicht geäußert werden darf.“
Es ist ein kleiner „Quod erat demonstrandum“-Moment, den Wegscheider hier einführt. Überzeichnet jedenfalls, wenngleich die Frage nach den Grenzen des Sagbaren immer heikel ist. Wegscheider jedenfalls freut sich, wie er sagt, auf die Objektivitätsprüfung einiger Aussagen zum Thema Corona. Etwa bei jener, als er vor zweieinhalb Jahren sagte, „wir haben in Wahrheit auch keine Ahnung, ob und wie die Impfung wirkt“. Und er nutzte die Chance, über die „sogenannte Impfung“ herzuziehen, die er zuvor in der Sendung schon „Genbehandlung“ genannt hatte, einen Blog zitierend, der wiederum ein US-Gericht zitieren will.
Nun ja, Wegscheider ätzt ja gern gegen „Lohnschreiber im medialen Mainstream“, als ob es erstens eine Schande wäre, dass Journalismus ein bezahlter Beruf ist (für Lohn!) und zweitens so etwas wie Tageszeitungen existieren (medialer Mainstream!). Eine Erzählung, die auch politische Außenflanken stark bedienen, wenn sie Begriffe wie „Systemmedien“ verwenden. Die wirkliche Wahrheit, so kann man annehmen, findet sich viel eher bei Bloggern, in Parteimedien und auf Social Media. Und natürlich beim Wegscheider.
Übrigens auch, was sein zweites großes Lieblingsthema, den Klimawandel, betrifft. Denn das Format, das so gern die Satire betont, spielt damit, dass nur hier „die Wahrheit“ gesagt wird. Immerhin, wer erzählt sonst noch, dass das mit der „Erdverkochungserzählung“ natürlich Unsinn sein muss, weil es doch im Frühling gar nicht so warm war?
>> Die Sendung zum Nachschauen