Jet, Esso, Total, OMV: Der große Ausverkauf der Tankstellen

Zahlreiche Ölkonzerne trennen sich von ihrem Tankstellennetz in Deutschland. Wie tragfähig ist das Geschäftsmodell noch angesichts Verbrenner-Aus, Ladesäulen-Pflicht und neuer Kraftstoffsorten? Ein Überblick.

jet, esso, total, omv: der große ausverkauf der tankstellen

Jet, Esso, Total, OMV: Der große Ausverkauf der Tankstellen

Diese Woche ist es wieder so weit: Die Sommerferien starten in den ersten zwei Bundesländern und damit wohl auch der Urlaubsverkehr auf den deutschen Straßen. Gelegen kommt Autofahrerinnen und Autofahrern der jüngste Rückgang der Spritpreise, der seit April im Schnitt von Woche zu Woche an den Zapfsäulen zu beobachten ist.

Bei den Tankstellen selbst fällt auf, dass seit einigen Jahren größere effizientere Betriebe mit moderner Ausstattung zunehmen, während kleinere umsatzschwächere zurückgehen.

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Tankstellen werden für viele Betreiber immer unattraktiver. Die Margen im Kraftstoffgeschäft sind nicht mehr das, was sie mal waren. Neue Kraftstoffsorten machen das Geschäft für Betreiber seit Jahren komplexer und erfordern Investitionen. Das Verbrennerverbot macht jedoch große Investitionen in „das alte Geschäft“ unattraktiv. Und nun kommt auch noch die Ladesäulen-Pflicht, also mehr Technik und noch mehr Investitionen.

Viele Ölkonzerne ziehen sich darum bereits zurück. Phillips 66 aus den USA gab kürzlich bekannt, seine Tankstellen der Marke Jet in Deutschland zu verkaufen. Der französische Wettbewerber Total Energies hatte sein deutsches Tankstellennetz mit knapp 1200 Filialen Ende 2023 an den kanadischen Couche-Tard-Konzern veräußert. Mineralölkonzern OMV aus Österreich verkaufte 2022 sein Tankstellengeschäft in Deutschland an die britische Einzelhandelsgruppe EG Group. Und ExxonMobil aus den USA hatte sich bereits 2018 von seinen Esso-Tankstellen getrennt, die seitdem ebenfalls von EG betrieben werden.

Probleme mit der Marge

Wer die Jet-Tankstelle übernimmt, ist noch offen. Noch-Eigentümer Phillips 66 begründete den Verkauf damit, dass die Tankstellen „nicht mehr zur langfristigen Strategie passen“ und „nicht zum Kerngeschäft gehören“, heißt es im Quartalsbericht. Stattdessen will der Konzern „margenstarke“ Einzelhandelsbereiche ausbauen. Auch Total will sich umorientieren und sich „auf die Entwicklung der neuen Mobilitätsformen (Strom und Wasserstoff) konzentrieren“. Im deutschen Markt nehme das Unternehmen keine marktführende Stellung ein, hieß es von den Franzosen zum Verkauf.

Sind BP und Shell die nächsten?

Die Nummer eins und zwei auf dem deutschen Markt – BP mit seiner Marke Aral und Shell – halten dagegen an ihren deutschen Tankstellen fest, zumindest vorerst. „Wir glauben an die Zukunft der Tankstelle als Drehscheibe der Mobilität. Für das Aral Tankstellennetz in Deutschland gibt es keine Verkaufsabsichten", erklärt der CEO der Aral AG Achim Bothe (43) auf Anfrage von manager magazin. Shell hält sich bedeckt, weder bejaht noch verneint Verkaufspläne seines deutschen Tankstellennetzes. Die Tankstelle ist und bleibe für das Unternehmen der Ort, an dem der Kunde Angebote für seine Bedürfnisse rund um Mobilität finde. „Gegenwärtig fährt der überwiegende Teil der deutschen Fahrzeuge noch mit Diesel und Benzin. Entsprechend werden wir noch viele Jahre diese Kraftstoffe an unseren Tankstellen anbieten.“ Nur schließt das einen Verkauf nicht aus: Auch Total beliefert die Zapfsäulen weiterhin mit Kraftstoffen aus seinen Raffinerien, verkauft hat der Konzern die Tankstellen dennoch.

Sowohl Aral als auch Shell setzen bei ihren Kraftstoffen auf Qualität und Auswahl, bauen Elektroladesäulen auf und konzentrieren sich auf ein attraktives Angebot im Shop. Aral beispielsweise mit den Rewe-to-Go-Supermärkten und Lekkerland. Shell setzt noch auf Autopflege und Dienstleistungen wie Geld abheben und Paketservice.

Das Shop-Geschäft mit den sogenannten Convenience-Produkten zum Beispiel Kaffee, Tabakwaren und Fast Food ist für die meisten Tankstellen eine sehr wichtige Einnahmequelle. Wie viel des Umsatzes der Shop im Vergleich zu den Kraftstoffen und Servicedienstleistungen im Schnitt ausmacht, ist schwer zu sagen aufgrund der verschiedenen Abrechnungsmodelle. Dass die Shops enorm wichtig sind, zeigt sich aber nicht zuletzt daran, dass ausgerechnet ein Convenience-Spezialist wie Couche Tard die Total-Tankstellen übernommen hat.

Das Problem ist nur: Die Leute kommen hauptsächlich zum Tanken. Wer kauft also noch in den Shops, wenn kaum noch jemand tankt?

Verbrenner-Aus bedroht Betriebe

Ab 2035 soll, Stand jetzt, Schluss sein mit neuen Verbrennern. Dann dürfen in der Europäischen Union (EU) nur noch CO₂-freie Neuwagen zugelassen werden. Ausnahmen soll es für mit E-Fuels betriebene Verbrennungsmotoren geben.

„Das Tankstellengeschäft als Frequenzbringer wird ab 2035 nicht wegfallen, aber es wird langsam auslaufen, wenn das Verbrennerverbot bestehen bleibt", sagt Hanna Schramm-Klein, Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Siegen, die den Tankstellenmarkt in einer Studie im Auftrag des Bundesverbands freier Tankstellen (bft) analysiert hat. Seit der Europawahl und dem Sieg der Konservativen gibt es Zweifel am Verbrenner-Aus. Angesichts des geplanten Verbrenner-Aus hält Schramm-Klein es für nachvollziehbar, dass Phillips 66 und Total ihre Tankstellen abgeben. „Man zieht sich frühzeitig aus dem Geschäft zurück, weil man 2035 dafür nicht mehr so viel bekommen wird.“

Ladesäulen-Pflicht als zusätzliche Belastung

Um bei der Verkehrswende Druck zu machen, plant die Bundesregierung jetzt eine Ladesäulen-Pflicht für Tankstellen. Unternehmen mit mindestens 200 Tankstellen müssen demnach ab 2028 an jeder Filiale mindestens einen Schnellladepunkt betreiben. Das Bundeskabinett brachte kürzlich eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg.

Bei den Mineralölkonzernen kommt das nicht gut an. „Das ist Planwirtschaft und führt zu Fehlinvestitionen. Wir werden Ladesäulen an vielen unserer Aral Tankstellen und weiteren Standorten errichten, aber nicht jede Tankstelle braucht eine Ladesäule", sagt Aral-Chef Bothe, der pro Jahr etwa 100 Millionen Euro in den Ausbau der Ultraschnell-Ladeinfrastruktur investieren will. Auch Shell zufolge wird die angedachte gesetzliche Verpflichtung, im Ergebnis zu Fehlallokation von knappen Investitionsgeldern führen und den Ausbau eher verlangsamen.

Im Ladesäulengeschäft sind die Aussichten für Tankstellen ebenfalls nicht gerade rosig. Viele andere Akteure, etwa Energiekonzerne, seien schon länger im Geschäft und könnten die Ladevorgänge besser abbilden als die Mineralölkonzerne, sagt Schramm-Klein. Das Geschäft mit dem Strom funktioniert eben anders. Ein weiteres Problem: Bislang laden E-Auto-Fahrer am häufigsten zu Hause oder auf der Arbeit.

Die Ölkonzerne bauen die Ladesäulen darum auch abseits der Tankstellen auf. „Mit Shell Recharge (ehemals New Motion) und unserer Tochter ubitricity bieten wir Lademöglichkeiten bei der Arbeit, unterwegs (etwa bei REWE und Penny Supermärkten oder KFC-Restaurants) an der Straßenlaterne und auf unseren Tankstellen an“, teilt Shell mit.

Teure neue Kraftstoffe

Eine weitere Herausforderung für Tankstellenbetreiber sind neue Kraftstoffe. Seit Ende Mai ist HVO100-Diesel für den öffentlichen Verkauf zugelassen. HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oil und ist ein klimafreundlicher Kraftstoff aus wasserstoffbehandelten alten Pflanzenölen und Fettresten. Für die Tankstellen bedeutet das, sie brauchen nicht nur eine Belieferung, sondern auch Platz. Viele der bestehenden Ottokraftstoffe und Diesel müssen sie aber trotzdem weiterhin vorhalten, das ist gesetzlich geregelt. Die Nachfrage nach HVO dürfte erstmal überschaubar bleiben. Denn zunächst kostet HVO100 bis zu 20 Cent mehr pro Liter als herkömmlicher B7-Diesel.

Einige Investitionen also – angesichts der Zukunftsaussichten nicht unbedingt attraktiv.

Fatal wäre, wenn sich nun alle Konzerne aus dem Tankstellengeschäft zurückziehen. „Wir brauchen die Tankstellen noch einige Jahre für die Versorgung. Sie gehören zur kritischen Infrastruktur“, sagt Schramm-Klein. Aus ihrer Sicht muss sich die Bundesregierung fragen, wie man die Versorgung sichert, vor allem damit Verbraucher in ländlichen Räumen ohne Anbindung an den ÖPNV nicht benachteiligt würden durch weniger Zapfsäulen und entsprechend höhere Preise.

Bis dahin dürften sich tendenziell die größeren und attraktiveren Tankstellen durchsetzen, erwartet die Expertin. Abnehmer der Netze der Ölkonzerne dürfte der Mittelstand sein. „Auch wenn das Verbrennerverbot aufrechterhalten wird, bietet das konventionelle Tankstellengeschäft für eine gewisse Zeit noch Potenzial.“

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