Wegen Russland: Janet Yellen droht deutschen Banken mit Sanktionen
Janet Yellen wurde am 21. Mai 2024 die Ehrendoktorwürde der Frankfurt School of Finance in Frankfurt am Main verliehen.
Die Finanzministerin der USA, Janet Yellen, hat die deutschen Banken aufgefordert, Schlupflöcher zur Umgehung der Sanktionen gegen Russland zu schließen. Bei einem Treffen mit Bank-Managern in Frankfurt am Main drohte Yellen am Dienstag, die deutschen Banken könnten im Falle der Nichtbefolgung selbst sanktioniert und von Dollar-Transaktionen abgeschnitten werden.
Yellen sagte laut Reuters, die neue Befugnis des Finanzministeriums, Banken mit sekundären Sanktionen zu belegen, wenn sie russische militärbezogene Transaktionen unterstützen, habe Russlands Bemühungen zur Beschaffung von Kriegsgütern bereits deutlich getroffen. Es sei jedoch noch mehr Arbeit nötig. Yellen sagte laut Redetext: „Ich fordere alle hier anwesenden Institutionen auf, verstärkte Compliance-Maßnahmen zu ergreifen und sich stärker auf russische Umgehungsversuche zu konzentrieren.“ In einer laut Reuters „ungewöhnlich direkten Warnung“ forderte sie die Banker auf, die Einhaltung der Sanktionen in den ausländischen Niederlassungen und Tochtergesellschaften ihrer Banken zu überwachen und ausländische Korrespondenzbankkunden insbesondere in Hochrisikogebieten zu bitten, es ihnen gleichzutun.
Sie sagte, das Finanzministerium der Vereinigten Staaten werde bei der Verhängung sekundärer Sanktionen gegen Banken „umsichtig“ vorgehen. Sie verlieh ihrer Zufriedenheit Ausdruck, dass die Manager, mit denen sie am Dienstag zusammentraf, eine „sehr starke Entschlossenheit“ gezeigt hätten, ihren Teil dazu beizutragen.
Yellen sagte, die besorgniserregendsten Aktivitäten zur Umgehung russischer Sanktionen würden über China, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei erfolgen. Das Finanzministerium arbeite daran, „Umgehungen zu unterbinden, wo immer wir sie sehen, von Zentralasien bis zum Kaukasus und in ganz Europa“.
Folker Hellmeyer, Chefökonom der Netfonds AG, übt Kritik an der „impliziten Drohung“. In einem Brief an Investoren verweist Hellmeyer darauf, dass die amerikanische Regierung am 29. April 2024 Sanktionen gegen russische Banken im Energiehandel bis zum 1. November 2024 mit der „General License No. 81“ ausgesetzt habe. Diese Lizenz werfe Fragen auf: „Glaubt Frau Yellen, dass die Russland aus diesen US-Transaktionen zufließenden Mittel garantiert ‚pazifistisch‘ verwendet werden? Hat die Lizenz mit der US-Wahl und Establishment-Motiven zu tun? Gibt es hier eine Asymmetrie bezüglich dessen, was die USA in ihrem Interesse machen und was sie Dritten abverlangen?“ Ein solches Vorgehen sei für souveräne Staaten nicht tolerierbar, „da damit für sich selbst markante Nachteile in der Konkurrenzfähigkeit begründet werden“, so Hellmeyer. Sein Fazit: „Die USA stehen für eine Politik der egozentrischen Extraklasse. Sie machen Regeln für Dritte, die sie dann selbst unterlaufen und sich diesbezüglich unlautere Vorteile verschaffen.“
Hellmeyer sieht doppelte Standards in der Politik der USA – auch im Hinblick auf die geforderte Entflechtung der europäischen Wirtschaft von China. Yellen wirft China vor, mit staatlichen Subventionen Waren im Überfluss zu produzieren. Die Produkte würden dann Richtung USA oder Europa gelenkt. Hellmeyer verweist auf die nicht mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) in Einklang stehende amerikanische Subventionspolitik. Vor allem dem Inflation Reduction Act (IRA) des amerikanischen Präsidenten Joe Biden benachteilige die Europäer: „Augenhöhe ist fraglos erforderlich! Da die WTO von den USA in der Schiedsgerichtsbarkeit bewusst zerstört wurde, um seitens der USA nach Gutsherrenart selbst zu subventionieren (IRA) und sanktionieren, gibt es Probleme.“
Konkrete Auswirkungen haben die strengen Regeln der USA auch für die deutschen Automobilbauer: Laut einem aktuellen Bericht des US-Senats hat BMW mindestens 8000 Stück des Mini-Cooper in die Vereinigten Staaten importiert, in denen elektronische Bauteile von einem mit Sanktionen belegten chinesischen Zulieferer eingebaut waren. Zuvor war bereits Volkswagen ins Visier der amerikanischen Regierung geraten. Bis jetzt waren nur Produkte verboten, die mittels Zwangsarbeit in Xinjiang gefertigt wurde. Die Regierung der USA hat die Sanktionen nun ausgeweitet. Sie gelten künftig auch für Unternehmen aus China, die in Xinjiang produzierte Materialien, etwa Baumwolle, verwenden.