„Landsleute im Ausland“: Putin will Massenrückführung nach Russland
Neues Kreml-Projekt
„Landsleute im Ausland“: Putin will Massenrückführung nach Russland
Der Kreml will Menschen mit Verbindungen nach Russland enger an das Land binden. „Landsleute im Ausland“ könnten bei künftigen Aggressionen des Landes eine Rolle spielen.
Moskau – Russland will sich offenbar verstärkt um „Landsleute im Ausland“ bemühen. Gegenüber der russischen Staatsagentur Tass kündigte Jewgeni Primakow, Generaldirektor der Agentur für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), an, dass seine Behörde kurz vor der Fertigstellung einer elektronischen Karte stehe. Diese soll es den „Landsleuten im Ausland“ ermöglichen, Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zu erhalten, Russland zu besuchen, dort zu arbeiten und künftig sogar die russische Staatsbürgerschaft zu beantragen.
Ein Pilotprojekt soll in einigen Nachbarländern bald starten, Ende dieses Jahres will das Land mit der Ausgabe der ersten Karten beginnen. Zwar besäßen einige der Landsleute im Ausland nicht die russische Staatsbürgerschaft und würden außerdem der russischen Politik „skeptisch“ gegenüberstehen. Trotzdem seien sie „auf die eine oder andere Weise“ Landsleute, das Programm solle dazu beitragen, die Verbindung zu Russland aufrechtzuerhalten. Primakow geht von einer Zahl zwischen 20 und 40 Millionen Menschen aus, wer unter die Definition fällt, bleibt dabei unklar.
„Landsleute im Ausland“: Kreml startet Projekt, um „Schutz“ eigener Landsleute zu rechtfertigen
Laut der US-Denkfabrik Institute for the Study of War, kurz ISW, arbeitet Rossotrudnitschestwo, ein Bestandteil von Primakows GUS, seit mindestens 2021 an dem Projekt. Die Denkfabrik mutmaßt in ihrem Lagebericht vom Mittwoch, dass ein Ziel des Projekts sein könnte, „Informationsbedingungen zu schaffen, um weitere Aggressionen und hybride Operationen im Ausland als ‚Schutz‘ der russischen Landsleute zu rechtfertigen“. Im Juni vergangenen Jahres erklärte Primakow, dass Russland plane, „Zertifizierungszentren“ auf der ganzen Welt zu eröffnen, in denen Landsleute ihre Identität im Rahmen eines Antragsverfahrens verifizieren können.
Russlands Präsident Wladimir Putin am 23. Mai.
Die Russisch-Orthodoxe Kirche forderte bereits Ende März dieses Jahres, dass es eine Priorität Russland sein müsse, sich um die Massenrückführung der „Landsleute“ zu bemühen. Das Programm „Landsleute im Ausland“ könnte dem dienlich sein, schreibt das ISW in seinem Bericht.
„Landsleute im Ausland“: Putin will sein Narrativ Russki Mir in der Welt verbreiten
Russlands Programm „Landsleute im Ausland“ sind ein zentraler Aspekt des Kreml-Narrativs Russki Mir, zu Deutsch „Russische Welt“. Damit will Moskau Expertinnen und Experten zufolge Aggressionen – auch künftige – unter dem Deckmantel des angeblichen Schutzes eigener Staatsbürgerinnen und Staatsbürger rechtfertigen.
Das Land hatte zuvor die Voraussetzungen bezüglich der russischen Sprache und Abstammung gelockert, die vage Definition des Begriffs „Landsleute im Ausland“ könnte noch weiter gedehnt werden. So könnten möglichst viele unter die Kreml-Defintion fallen. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit eine weite Definition gewählt und alle Personen mit historischen, kulturellen oder sprachlichen Bindungen zu Russland als „Landsleute“ bezeichnet. (fmü)