Bari Weiss, Ben Shapiro, «Quillette»: Das «Intellectual Dark Web» ist tot. Aber es inspiriert eine neue Generation rechter Journalisten

bari weiss, ben shapiro, «quillette»: das «intellectual dark web» ist tot. aber es inspiriert eine neue generation rechter journalisten

Ihr Medienunternehmen bezeichnete Bari Weiss in einem Interview als Ansammlung «heterodoxer Journalisten, die keinem Stamm angehören». Francine Orr / Los Angeles Times / Getty

Die «Abtrünnigen des intellektuellen Dark Web» müsse man kennenlernen, schrieb Bari Weiss auf der Meinungsseite der «New York Times» vor sechs Jahren: Wer sich für Themen wie Redefreiheit und gegen Identitätspolitik einsetze, komme an der «häretischen Avantgarde» dieser «ikonoklastischen Denker» und «akademischen Renegaten» nicht vorbei.

Weiss sorgte in jener Zeit als liberaler journalistischer Jungstar in der Meinungssparte der «New York Times» für Kontrapunkte zum linken redaktionellen Mainstream. Das «Intellectual Dark Web» – eine ironische Anspielung auf das von der Unterwelt dominierte, anarchische «Dark Web» – war damals eine heterogene Gruppe von Meinungsmachern, die sich gegen den linken Zeitgeist positionierten.

Zu ihnen zählte Weiss etwa den Psychologie-Professor Jordan Peterson, der wegen seines Protests gegen die obligatorische Verwendung von Gender-Pronomen an der Universität Toronto berühmt wurde. Als weitere bekannte Vertreter führte Weiss den Komiker Dave Rubin, die Feministin Ayaan Hirsi Ali und Medienmacher wie Ben Shapiro, Claire Lehmann und Douglas Murray auf.

Gegen die linken Leitmedien

Mit ihren hippen und innovativen Podcasts, aber auch mit Auftritten bei bereits etablierten Stars mit Millionenpublikum wie Joe Rogan umgingen die «Dark Web»-Leute die Gatekeeper der Massenmedien – und brachten frischen Wind in die Medienszene und den politischen Diskurs. Sie kritisierten politische Korrektheit, progressive Hochschul-, Gender-, Sozial- und Rassenpolitik, während sie zu Donald Trump höfliche bis kategorische Distanz hielten. Gemeinsam schien ihnen einzig der Wille, Gegensteuer zu geben: zum Einheitsbrei einer «woken» Linken und der dieser zugewandten linken Leitmedien, darunter «New York Times», «Washington Post», MSNBC und National Public Radio.

Bei aller Lobhudelei und Parteinahme für das «Intellectual Dark Web» warnte Bari Weiss bereits 2018 vor Schattenseiten der Bewegung. Sie könnte der Versuchung nachgeben, Klicks, Sensationalismus und Populismus höher zu gewichten als Substanz. Zwar gab Weiss ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Freidenker einen Weg der «Wahrheitssuche» fänden, der an «Spinnern, Schwindlern und Eiferern» vorbeiführte. Aber sie wurde enttäuscht.

Mit Verschwörungstheoretikern in den Niedergang

Tatsächlich tauchten im Umfeld des heterogenen «Intellectual Dark Web» schon bald Figuren wie der Verschwörungstheoretiker Alex Jones oder die Antisemitin (und Kanye-West-Freundin) Candace Owens auf. Jordan Peterson und andere stellten gewagte Thesen zu Covid auf. Und Publizisten wie Ben Shapiro wandten sich Trump zu.

All das schreckte gemässigte Anhänger ab. Die Website des «Intellectual Dark Web» ist schon lange ausser Betrieb. Christopher Rufo, ein Fellow am Manhattan Institute und derzeit einer der einflussreichsten antiprogressiven Aktivisten der USA, erklärte bereits vor einem Jahr, die Bewegung sei auseinandergefallen.

Einstige Stars wie Jordan Peterson erlebten einen langsamen Abstieg. 2019 brüstete er sich mit monatlichen Einnahmen von 80 000 Dollar, sein Erfolg war jedoch nicht dauerhaft. Nach persönlichen und gesundheitlichen Krisen fungiert er allenfalls noch als Zitatgeber für Publikationen am rechten Rand des Medienspektrums, etwa bei Fox News und dem «Daily Wire» von Ben Shapiro.

Neue erfolgreiche Medienprojekte

Dafür erhoben sich aus den Resten des «Intellectual Dark Web» neue Leitfiguren in der alternativen rechtsliberalen Medienszene. Erfolgreich gegen das Absinken in die Bedeutungslosigkeit wehrte sich etwa Claire Lehmann, die heute aus Sydney, London und Toronto das kleine feuilletonistische Online-Magazin «Quillette» herausgibt.

Mehr noch als Lehmann hat sich Bari Weiss etabliert. Wegen ihrer konservativen Positionen bei der «New York Times» ausgebootet, startete sie zusammen mit ihrer Ehefrau Nellie Bowles das Substack «Common Sense», das sich mittlerweile unter dem Titel «The Free Press» zum Marktführer in der neuen rechtsalternativen Medienwelt entwickelt hat. Die Substack-Site hat rund 630 000 Abonnenten und über 75 000 zahlende Subscriber.

Auf X folgen Weiss über eine Million Menschen. Angesagte Autoren wie Douglas Murray publizieren auf «The Free Press», Superstars wie der Komiker Jerry Seinfeld oder die ehemalige Facebook-COO Sheryl Sandberg traben zum Interview an. Weiss ist in den Rang einer Publizistin aufgestiegen, die Enthüllungen zum Linksdrall des öffentlichen Radios NPR oder zu fragwürdigen Praktiken bei der Behandlung von minderjährigen Trans-Menschen liefert. Im Gegensatz zu linken Leitmedien ist sie klar proisraelisch.

Chris Rufos «konservative Gegenrevolution»

Das Erbe des «Intellectual Dark Web» ist auch jenseits von journalistischen Projekten sichtbar. «Dark Web»-affine Personen wie der Sozialpsychologe Jonathan Haidt gründeten die «Heterodox Academy», die sich als Gegenkraft zur nach dem 7. Oktober in Verruf geratenen postkolonial-progressiven Universitätskultur versteht. Ähnlich ist die neu gegründete University of Austin ausgerichtet, in deren Beirat Ayaan Hirsi Ali sowie – wenig überraschend – Bari Weiss einsitzen.

Dazu kommt eine neue Generation konservativer Aktivisten, allen voran Chris Rufo. Seiner Forderung, er wolle «woke» Institutionen zurückerobern und in den USA eine «konservative Gegenrevolution» lancieren, lässt er Taten folgen. Die Rücktritte von mehreren des Antisemitismus oder des Plagiats verdächtigten Funktionären an den Elite-Universitäten von Harvard und Penn gingen auf Kampagnen von Rufo und seinen Mitstreitern wie dem Journalisten Aaron Sibarium zurück. Rufos Methoden wurden zwar in vielen Medien kritisiert. Aber ignorieren konnte man dessen Arbeit nicht.

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