FOKUS 1-Berlin und Rom planen Solidaritätsabkommen zu Erdgasversorgung
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Scholz und Meloni für Wasserstoff-Pipeline von Nordafrika bis Bayern
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Bayerische Landesregierung unterstützt Projekt
(durchgehend neu)
Berlin/München, 22. Nov (Reuters) – Deutschland und Italien wollen mit einem neuen Solidaritätsabkommen eine sichere Erdgasversorgung ihrer Länder absichern. Dazu wollten beide Regierungen ein Abkommen abschließen, sagte Kanzler Olaf Scholz am Mittwochabend nach einem Treffen mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Zudem wollen beide Regierungen den Bau einer Wasserstoff-Pipeline von Nordafrika bis Süddeutschland vorantreiben. Das geht aus dem am Abend unterzeichneten “Deutsch-italienischen Aktionsplan für die strategische bilaterale und EU-Zusammenarbeit” hervor.
Zwar ist die zunehmende Vernetzung der Erdgas- und Stromleitungen in der EU dazu gedacht, die Sicherheit der Versorgung zu erhöhen. Als industrielles Zentrum in der EU hat Deutschland aber mit einigen Staaten zusätzliche bilaterale Abkommen unterzeichnet, um die Versorgung zu sichern. Mit Frankreich gibt es etwa eine Vereinbarung zur gegenseitigen Belieferung mit Erdgas und Strom im Bedarfsfall.
Die deutsch-italienischen Zukunftsplanungen betreffen wiederum die Zeit nach dem Umstieg auf klimaneutralen Wasserstoff. Hier bekennen sich beide Regierungen zum Bau des “South Central Hydrogen Corridor” (SCHC), der die südlichen Teile Deutschlands und Italiens mit Nordafrika verbinden soll. Das Ziel des SCHC besteht darin, die grenzüberschreitende Gaspipeline-Infrastruktur auszubauen und den Import von zehn Millionen Tonnen Wasserstoff bis 2030 zu ermöglichen.
“Der Korridor bietet außerdem enorme Möglichkeiten für den Import von erneuerbaren Energien aus Nordafrika und verbindet die Nachfragezentren in Italien, Deutschland, Österreich und der Schweiz miteinander und trägt so zur Entstehung eines größeren europäischen Wasserstoffnetzes bei”, heißt es in der deutsch-italienischen Erklärung. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen Deutschland und Italien auch die Produktion von erneuerbaren Energien, Erdgas und Wasserstoff in Nordafrika fördern. Die Produktion müsse aber im Einklang mit sozioökonomischen und ökologischen Standards stehen. Scholz und Meloni hatten über das Projekt bereits im Juni bei dem Besuch des Kanzlers in Rom gesprochen.
Die geplante Pipelineverbindung “SoutH2 Corridor” – das “H2” im Namen steht für Wasserstoff – ist ein Gemeinschaftsprojekt der Netzbetreiber Snam aus Italien, Trans Austria Gasleitung (TAG), Gas Connect Austria (GCA) und Bayernets, einem Unternehmen der Stadtwerke von München und Augsburg. Das Projekt soll zu mehr als 70 Prozent aus wiederverwendeten Infrastrukturen wie Pipelines bestehen.
“Eine Wasserstoffpipeline über Italien nach Deutschland ist dringend nötig”, teilte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Reuters in einer E-Mail mit. Für die bayerische Industrie sei es wichtig, dass Deutschlands Wasserstoff-Kernnetz rasch an die Transportrouten aus dem Mittelmeerraum angebunden werde. Aiwanger erklärte, er selbst stehe in Kontakt mit Netzbetreibern in Italien und Österreich. “Es wird bereits an den zukünftigen Wasserstofflieferungen aus nordafrikanischer Produktion über Italien und Österreich gearbeitet.”
Ein Sprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums sagte am Mittwoch, Bayern habe bisher keine Entscheidung der EU, ob sie “SoutH2 Corridor” als “Project of Common Interest” einstufe. Dann könnte es grünes Licht aus Brüssel für eine finanzielle Förderung des Projekts durch den Bund und das Land Bayern geben. Bayern zähle darauf, dass der Bund im Falle einer positiven EU-Entscheidung die notwendigen Mittel bereitstelle. Die EU-Kommission plant nach Reuters-Informationen aber eine solche Einstufung. Bayernets bezeichnete die Verständigung Deutschlands und Italiens auf den “South Central Hydrogen Corridor” (SCHC) als wichtigen Schritt für das Pipeline-Vorhaben. (Bericht von Andreas Rinke, Jörn Poltz, Francesca Landini; redigiert von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter [email protected] (für Politik und Konjunktur) oder [email protected] (für Unternehmen und Märkte).)